Die gescheiterte Wahl dreier neuer Richter für das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe sorgt weiter für Diskussionen. Dabei steht auch am Montag die von der SPD unterstützte Juristin Frauke Brosius-Gersdorf im Mittelpunkt.

Sie sorgt vor allem wegen ihrer liberalen Haltung zur Abtreibungsregelung in Teilen der Union und bei Kirchenvertretern für Kritik. Aus Sicht der Juristin gibt es gute Gründe dafür, dass die volle Garantie der Menschenwürde erst ab der Geburt gilt.

Nach den Worten von SPD-Fraktionschef Matthias Miersch wurde Brosius-Gersdorf „Opfer einer Schmutzkampagne, wie wir sie selten erlebt haben“. Dabei seien ihre Stellungnahmen, etwa zu Schwangerschaftsabbrüchen, völlig verkürzt dargestellt worden, so Miersch in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“. „Auch die maßgeblichen Entscheidungsträger von CDU und CSU haben zunächst ja keinerlei Kritik geäußert – das fing erst an, als über das Netz aufs Übelste polarisiert wurde.“

Erzbischof Gössl spricht von einem „innenpolitischen Skandal“

Bundeskanzler Friedrich Merz räumte am Sonntagabend im ARD-Sommerinterview ein, die Vorbehalte in der Unionsfraktion gegenüber Brosius-Gersdorf unterschätzt zu haben. „Wir hätten natürlich früher erkennen können, dass da großer Unmut entsteht“, so der CDU-Politiker. Unruhe habe es aber auch in der SPD-Fraktion gegeben. So habe die frühere SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt die Kirchen mobilisiert.

Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl nannte die Haltung von Brosius-Gersdorf zum Lebensrecht ungeborener Kinder am Sonntag einen „innenpolitischen Skandal“. Er wolle sich nicht vorstellen, „in welchen Abgrund der Intoleranz und Menschenverachtung wir gleiten, wenn die Verantwortung vor Gott immer mehr aus dem Bewusstsein der Menschen verschwindet“, sagte Gössl. „Dann haben die Schwächeren keine Stimme mehr: nicht die Ungeborenen und nicht die pflegebedürftigen Alten; nicht die psychisch Kranken und auch nicht die sozial Schwachen, nicht die Menschen, die sich aufgrund von Krieg und Verfolgung auf die Flucht begeben und auch nicht die Natur, die gewissenlos ausgebeutet und zerstört wird.“

SPD-Fraktionschef Miersch wies Gössls Einschätzung von einem innenpolitischen Skandal scharf zurück. Dies sei eine unglaubliche Aussage gegenüber einer anerkannten Juristin, so Miersch. „Überhaupt bin ich sehr empört, wie sich prominente Bischöfe und Kardinäle in diese Sache eingeschaltet haben. Kirche kann durchaus politisch sein. Sich aber an dieser Hetze zu beteiligen, ist unchristlich.“

Am Freitag war die Wahl dreier neuer Verfassungsrichter für Karlsruhe im Bundestag gescheitert. Sie soll nun nach der Sommerpause nachgeholt werden. Aus der Union gibt es Forderungen an ihren Koalitionspartner, eine andere Person ins Rennen zu schicken. Doch die SPD will offenbar an Brosius-Gersdorf festhalten.

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