Handball-Superstar durchlebt herzzerreißenden Kampf
Zum dritten Mal Weltmeister: Rasmus Lauge verteidigt mit Dänemark im Januar den Handball-Thron. Nur wenige Tage später bricht seine Welt zusammen. Vier Monate zu früh muss seine Tochter per Notkaiserschnitt auf die Welt gebracht werden. Es folgen Monate voller Sorgen, von denen die Eltern jetzt berichten.
Rasmus Lauge ist dreimaliger Weltmeister, er ist Olympiasieger und Europameister, seine Liste an Erfolgen ist so lang, dass man sie gar nicht alle aufzählen kann. Der Handballer dominiert mit Dänemark seit Jahren die Weltspitze, seit 13 Jahren gehört er dem Nationalteam an. Auch bei den deutschen Top-Klubs THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt prägte er große Zeiten. Man muss konstatieren: Lauge ist das Kämpfen gewohnt. Doch nichts davon hat den 34-Jährigen auf den größten Kampf seines Lebens vorbereitet.
Denn den muss er plötzlich im Privaten führen. Nur wenige Tage nachdem Lauge mit Dänemark wieder einmal Weltmeister wird, macht seine Frau Sabrina Jepsen ihre dritte Schwangerschaft öffentlich. Die siebenjährige Freja und der sechsjährige Noah werden ein Geschwisterchen bekommen. Allerdings viel früher und ganz anders als gedacht. Nur neun Tage nach Jepsens freudiger Verkündung kommt Anna am 19. Februar auf die Welt. Per Notkaiserschnitt.
"Es war eine außerkörperliche Erfahrung. Es war, als ob wir plötzlich auf einen Zug aufgesprungen wären, der mit 300 km/h fährt und von dem man nicht weiß, wann er wieder anhält", erzählt Rasmus Lauge nun der dänischen Zeitung "Jyllands Posten". Seine Frau sagt: "Ich war so verängstigt. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, mit einer Totgeburt aufzuwachen und allein zu sein." Die Geburt vier Monate vor dem errechneten Geburtstermin dauert nur elf Minuten, Anna überlebt. 30 Zentimeter klein, 700 Gramm leicht.
"Sofort Panik bekommen"
Dass etwas nicht stimmt, wusste Sabrina Jepsen schon einen Tag zuvor. Plötzlich lief ihr Wasser die Beine herunter. Sie ist Hebamme, weiß um die Konsequenzen, die das haben kann. "Ich habe sofort Panik bekommen, weil ich weiß, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Baby die Geburt überlebt, in diesem Stadium nur etwa sieben Prozent beträgt", erinnert sie sich zurück. Sie kommt ins Krankenhaus. Ihr Mann kümmert sich zu Hause um die beiden Kinder und den Hund.
Bis zum panischen Anruf seiner Frau am nächsten Tag, der nur sieben Sekunden dauert: Notkaiserschnitt. Als Rasmus Lauge in der Klinik ankommt, gratuliert die Krankenschwester ihm zu seiner Tochter. Doch er muss sich entscheiden: "Ihre Frau wird von der Operation in den Aufwachraum gerollt. Wollen Sie zu ihr gehen? Oder rüber zu Ihrer Tochter auf der Intensivstation?"
Die kleine Anna muss beatmet werden, Schläuche winden sich um ihren winzigen Körper. Sie liegt im Inkubator, um sie herum piepsende Alarme und große Maschinen. "Die Freude mischte sich mit Sorgen und Ängsten. Werden wir sie jemals nach Hause bringen? Und wenn wir es schaffen, gibt es dann Gehirnaktivität?", so Sabrina Jepsen. Den Eltern wird gesagt, dass ihre Tochter monatelang im Krankenhaus wird bleiben müssen. Anna muss regelmäßig Herzuntersuchungen und Bluttests bestehen, sie braucht ständige Überwachung und Unterstützung der Körperfunktionen sowie Medikamente.
Rasmus Lauge erinnert sich: "Ich habe viele Dinge gedacht, die ich fast nicht laut aussprechen möchte. Verzweifelte Gedanken. Wäre es besser gewesen, wenn wir gar kein drittes Kind bekommen hätten? Ich wollte weglaufen, der Gedanke, dass wir so lange dort sein würden, während wir zu Hause ein Leben mit zwei Kindern und einem Hund hatten, hat mich unter Druck gesetzt."
Die Geschwister wissen nicht, wie ernst es ist
Die älteren Kinder pendeln zwischen Schule, Hobbys, Großeltern und Krankenhaus hin und her. Die Familie schafft es, mithilfe von Freunden, inmitten des Kampfes eine Art Alltag zu erschaffen. "Es war voller Kontraste. Freja und Noah rannten durch die Krankenhausflure und rutschten an den Geländern herunter. Sie liebten die Wochenenden im Familienhaus Trygfonden, weil es dort ein Trampolin, einen Spielplatz und interaktive Räume gab. Sie wussten nicht, wie ernst es war, dass ihre kleine Schwester auf der anderen Straßenseite um ihr Leben kämpfte", erinnert sich Rasmus Lauge.
Er setzt klare Prioritäten, Handball gehört nicht dazu. Sein Verein Bjerringbro-Silkeborg reagiert verständnisvoll: "Handball war für mich zweitrangig. Ich habe dem Verein auch schnell mitgeteilt, dass ich wahrscheinlich für den Rest der Saison nicht mehr zurückkommen werde. Es wurde nicht eine einzige kritische Frage gestellt. Im Gegenteil, sie haben mich ermutigt, mich um meine Familie zu kümmern. Das war fantastisch."
Anfang März gibt der Klub bekannt, dass Lauge "aus familiären Gründen" ausfällt, "was wahrscheinlich bedeutet, dass er sein letztes Saisonspiel bestritten hat". Es klingt schlimm, wie dramatisch die Zeit für die Familie wirklich ist, wird aber verschwiegen. Im Mai melden sich Rasmus Lauge und Sabrina Jepsen dann selbst mit ihrer Geschichte. Da hat sich der neue Alltag schon irgendwie eingependelt.
Seit Ende Juni postet Sabrina Jepsen regelmäßig Fotos und Berichte aus ihrem Leben. Da sind Bilder von Freja und Noah, die durch den Inkubator Händchen halten mit ihrer kleinen Schwester. Der erste Spaziergang im Kinderwagen wird gefeiert, schließlich der Abschied von der Klinik. Sabrina Jepsen sagt: "Wir waren lange Zeit unsicher, wie viel wir teilen sollten, weil es so verletzlich und schwer zu erklären ist. Auf der anderen Seite sind wir aber auch sehr stolz auf Anna. Und stolz darauf, dass wir das alles durchgestanden haben."
Ende Juli darf die Familie nach Hause
Die Offenheit löst eine Welle der Zuneigung aus. "Man hat oft den Eindruck, dass es viel Schlechtes auf der Welt gibt. Der Ton im Internet kann rau sein und die Leute denken an sich selbst, aber dann passiert etwas, das das Leben verändert und dann ...", sagt Rasmus Lauge. "Wir wurden mit Liebe überhäuft. Blumen, Geschenkkörbe, Grüße. Wir haben sogar einen Gruß von einem Fanklub des gegnerischen Teams erhalten. Es war so überwältigend."
Es geht schrittchenweise aufwärts, bis die Familie Anna Ende Juli nach Hause bringen darf. Nach 13 Wochen am Beatmungsgerät, neun Bluttransfusionen, drei Gehirnuntersuchungen und einer Operation. Das jüngste der drei Kinder ist inzwischen sechs Monate alt, braucht noch immer Hilfe beim Atmen, hat einen Schlauch in ihrer Nase. "Wir sind noch nicht ganz auf der sicheren Seite, aber es geht ihr gut und alles sieht gut aus. Die Zeit wird zeigen, ob sie etwas Ernstes hat", sagt Sabrina Jepsen.
Der neue, alte Alltag kehrt ein. Für Rasmus Lauge bedeutet dieser auch die Rückkehr aufs Handballfeld. Zum Auftakt der dänischen Liga gibt er sein Comeback. Beim 38:28-Heimsieg gegen Fredericia Handbold erzielt er sechs Treffer. "Es ist wirklich toll, wieder zurück zu sein", sagt er TV2 Sport. "Es ist befreiend und superschön, dass der normale Alltag wieder einkehrt. Darauf habe ich mich schon lange gefreut."
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