Um den Radsport geht es bei der traditionellen Spanien-Rundfahrt Vuelta nur noch am Rande. Das Rennen versinkt im Chaos. Pro-palästinensische Demonstrierende legen es lahm. Die Fahrer verstehen nicht, warum sie die Opfer sind - es herrscht großer Frust.

Jonas Vingegaard fürchtet um seinen Traum. Womöglich, spekulierte der Radsport-Superstar, wird es bei der diesjährigen Vuelta in Spanien gar keinen Etappensieger mehr geben. "Es ist unvorhersehbar, was in den nächsten Tagen passieren wird. Ich hoffe, wir können weiterfahren", sagte der Top-Favorit und Gesamtführende dem dänischen Fernsehsender TV2, nachdem massive pro-palästinensische Proteste das Finale der elften Etappe am Mittwoch lahmgelegt hatten. "Es ist eine große Schande", hatte Vingegaard gesagt.

Im Zielbereich in Bilbao hatten sich viele Menschen mit teils riesigen Palästina-Flaggen an den Barrieren versammelt, sie drängten auf die Strecke und zwangen die Organisatoren zu einer schweren Entscheidung: Einen offiziellen Tagessieger des Teilstücks mit Start und Ziel in der baskischen Metropole gab es nicht. Die Zeitabstände wurden drei Kilometer vor dem Ziel gewertet. Ein normales Finale war nicht mehr möglich, die Sicherheit der Fahrer schlichtweg nicht gewährleistet.

"Was wollen sie von uns Radfahrern?"

Der Tour-Zweite Vingegaard, der im Roten Trikot seinem ersten Gesamtsieg bei der Spanien-Rundfahrt entgegenfährt, reagierte mit großem Unverständnis. "Das ist der falsche Ort für ihre Proteste. Was wollen sie von uns Radfahrern?" Er könne, sagte der 28-Jährige mit Blick auf den Gaza-Krieg, nichts tun.

Der britische Mountainbike-Olympiasieger Tom Pidcock, der mit Vingegaard beim vorzeitigen Ende in Führung lag, pflichtete dem Dänen bei. "Uns Fahrer in Gefahr zu bringen, wird ihrer Sache nicht helfen. Es wird einfach nicht dazu beitragen, das zu erreichen, wofür sie protestieren." Er habe sich, ergänzte Vingegaard, auch dank der Arbeit der Polizei alles in allem aber "nicht wirklich unsicher gefühlt."

Im Team Israel-Premier Tech, gegen dessen Teilnahme sich die Proteste vor allem richten, dürfte die Gemütslage eine andere sein. Schon beim Mannschaftszeitfahren hatten sich Demonstranten den heranrasenden Fahrern entgegengestellt, in Bilbao war der Teambus von bewaffneten und mit Schutzschilden sowie Helmen ausgerüsteten Polizisten abgeschirmt.

Die Vuelta fortsetzen will das Team trotzdem. "Jedes andere Handeln würde einen gefährlichen Präzedenzfall im Radsport schaffen, nicht nur für Israel-Premier Tech, sondern für alle Teams", hieß es in einem Statement am Mittwochabend.

Folgende Bergankünfte bieten großes Protest-Potenzial

Der Weltverband UCI verurteilte die Vorkommnisse in einer Stellungnahme "mit Nachdruck" und betonte die "politische Neutralität, Unabhängigkeit und Autonomie des Sports gemäß den Gründungsprinzipien der Olympischen Bewegung."

Ein Bekenntnis, das bei den Demonstranten wenig Wirkung zeigen dürfte. Auf der zwölften Etappe am Donnerstag nach Los Corrales de Buelna begleitete das Feld die Sorge vor neuen Vorkommnissen, die folgenden Bergankünften in Angliru und La Farrapona bieten wieder großes Protest-Potenzial. Auch der Blick auf das Finale am 14. September in Madrid bereitet Sorgen.

Kiko García, der Technische Direktor der Vuelta, sieht angesichts der anhaltenden Widerstände nur eine Lösung - und legte Israel-Premier Tech den freiwilligen Rückzug nahe. "Wir müssen gemeinsam eine Lösung finden. Meiner Meinung nach gibt es derzeit nur eine: Das Team Israel selbst muss erkennen, dass seine Anwesenheit hier die Sicherheit aller anderer nicht erhöht", sagte der Verantwortliche bei Cadena SER.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke