„Kaltherzig“, „Abschottung“ – Opposition läuft Sturm gegen Dobrindts Migrationspläne
Die schwarz-rote Bundesregierung will weitere Verschärfungen in der Migrationspolitik umsetzen. Dazu wird das Kabinett am Mittwochvormittag voraussichtlich zwei Gesetzentwürfe von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) auf den Weg bringen. Mit einem Gesetz soll der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten zunächst für zwei Jahre ausgesetzt werden. Mit einem weiteren Gesetz soll die sogenannte Turbo-Einbürgerung bereits nach drei Jahren für besonders integrierte Zuwanderer wieder abgeschafft werden. Beide Gesetze müssten auch noch durch den Bundestag.
Auf beide Punkte hatten sich Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt. Die besonders schnelle Einbürgerung war erst vor einem Jahr von der damaligen Ampel-Regierung unter SPD-Führung eingeführt worden. Die Pläne der neuen Regierung sorgen für deutliche Kritik aus der Opposition sowie von Menschenrechtsorganisationen und den Kirchen.
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, geht nicht davon aus, dass die geplante Rücknahme der „Turbo-Einbürgerung“ im Staatsbürgerschaftsrecht gravierende Konsequenzen nach sich ziehen wird. „Diese Korrektur wird keine großen Auswirkungen haben“, sagte er dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. „Denn sie betrifft nicht sehr viele Menschen. Und diejenigen, die sie betrifft, warten einfach noch zwei Jahre.“
Trotzdem sei es schade, dass die Reform zurückgenommen werden solle, fügte Sofuoglu hinzu. Denn die schnellere Einbürgerung sei eine zusätzliche Motivation, sich ehrenamtlich zu engagieren, etwa beim Roten Kreuz oder bei der Freiwilligen Feuerwehr. Er betonte zugleich: „Wichtig wäre, dass in den zuständigen Behörden mehr Menschen eingestellt würden, die Einbürgerungsanträge auch bearbeiten können. Denn die Wartezeiten sind zu lang.“ Zudem beklagte Sofuoglu, dass sich Dobrindt in der Migrationspolitik „zu sehr von der AfD treiben“ lasse.
Der Grünen-Politiker Marcel Emmerich warf CDU und CSU wegen der geplanten Aussetzung des Familiennachzugs für bestimmte Flüchtlinge fehlende „Nächstenliebe“ vor. „Von einer Partei, die sich christlich nennt, darf man mehr Nächstenliebe und Unterstützung für Familien erwarten“, sagte Emmerich der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“. Familien zu trennen, sei „nicht nur kaltherzig, sondern integrationspolitisch verantwortungslos“.
Gerade für Flüchtlinge sei Familie der letzte Rückhalt, um nach Krieg, Flucht und Verfolgung Stabilität zu finden, sagte Emmerich weiter. „Eine Politik, die Familien auseinanderreißt, treibt Menschen in Isolation, verschärft psychischen Druck und erschwert Integration massiv.“
Das Recht auf Familienleben gelte für alle Menschen, kritisiert die Linke
Die Linksfraktion verurteilte die geplante Aussetzung des Familiennachzugs als „inhuman und ausgrenzend“. Der Familiennachzug zu dieser Gruppe dauere wegen bürokratischer Hürden schon jetzt mehrere Jahre, kritisierte die fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger. „Diese Wartezeit noch einmal pauschal um zwei Jahre zu verlängern, verstößt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass die neue Regierung sehenden Auges Recht bricht, um Signale der Abschottung zu setzen.“
Niemandem sei geholfen, wenn engste Familienangehörige über Jahre hinweg voneinander getrennt würden, sagte Bünger der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Für die Betroffenen ist das unerträglich.“ Das Recht auf Familienleben gelte für alle Menschen.
Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR wies ebenfalls auf Belastungen für Betroffene hin. „Menschen integrieren sich schneller und besser in eine Gesellschaft, wenn die Familie zusammen ist. Und man sich nicht Sorgen um die Kinder oder die Eltern machen muss, die noch im Kriegsgebiet sind“, sagte die UNHCR-Vertreterin in Deutschland, Katharina Thote, der dpa. „Wir empfehlen, die Regelung nur auf Fälle anzuwenden, die erst nach Inkrafttreten des Gesetzes subsidiären Schutz bekommen. Zudem sind nicht nur aus humanitären Gründen auch klare Ausnahmen für Härtefälle sinnvoll.“
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