Der Konflikt in der schwarz-roten Koalition spitzt sich zu: Der linke Flügel der SPD-Fraktion beharrt auf das Verbrenner-Verbot ab 2035 – und geht die Union scharf an. 

Der linke Flügel der SPD-Bundestagsfraktion beharrt vor dem Koalitionsausschuss am Mittwoch auf das Verbrenner-Verbot ab 2035 und geht damit auf Konfrontationskurs zu Bundeskanzler Friedrich Merz und dem Koalitionspartner von der Union. 

"Am Neuzulassungsverbot von fossil betriebenen Verbrennungsmotoren ab 2035 darf nicht gerüttelt werden", heißt es in einem Positionspapier, das die Parlamentarische Linke (PL) am Mittwochmittag beschlossen hat und dem stern vorliegt. "Alles andere wäre klimapolitisch falsch, wirtschaftlich kurzsichtig und sozial ungerecht." 

Kanzler Merz beklagt "falsches Verbot" 

Kanzler Merz hatte vor dem Koalitionsausschuss am Mittwoch und dem Autogipfel im Kanzleramt am Donnerstag mehrmals auf eine Abschaffung des Verbots neuer Verbrenner in der EU ab 2035 gedrängt. "Meine klare Vorstellung ist, dass wir dieses sogenannte Verbrennerverbot in der Form nicht aufrechterhalten", sagte Merz in der ntv-Sendung "Pinar Atalay" am Montagabend. Er möchte nicht, sagte der CDU-Vorsitzende, "dass Deutschland zu den Ländern gehört, die an diesem falschen Verbot festhalten". 

Merz will "falsches" Verbrenner-Verbot kippen

Merz verwies darauf, dass die EU-Kommission noch in diesem Jahr eine Entscheidung zu der Frage treffen wolle. Ab dem Jahr 2035 sollen in der EU keine neuen Autos mit Benzin- oder Dieselmotor mehr zugelassen werden. Ziel der 2022 beschlossenen Vorgabe ist es, die CO₂-Emissionen im Verkehrssektor zu senken. Die Union will sie aus Rücksicht auf die für Deutschland wichtige Autoindustrie kippen. 

SPD-Linke werfen Union "Rückwärtskurs" vor

Aus Sicht der SPD-Linken wäre ein Abrücken vom Neuzulassungsverbot "kein harmloser Kurswechsel", sondern ein riskanter "Rückfall in alte Denkmuster", heißt es in dem Positionspapier. Demnach würde ein politisches Wackeln Investitionen bremsen, Werke verunsichern und Regionen schwächen, die gerade Hoffnung schöpften.  

"Die Union will das Aus für fossile Verbrenner wieder aufweichen und riskiert damit Jobs, Investitionen und Planungssicherheit", sagte Carmen Wegge, Co-Sprecherin der Parlamentarischen Linken, dem stern. Wer jetzt Zweifel säe, verunsichere Beschäftigte und Unternehmen und schwäche die deutsche Wettbewerbsfähigkeit, monierte Wegge, die auch rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion ist. 

Auch Jakob Blankenburg, Mitglied im PL-Leitungskreis und klimapolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, wird deutlich. "Wer jetzt am 2035-Aus für fossile Verbrenner rüttelt, schwächt Deutschlands Glaubwürdigkeit beim Klimaschutz und sendet fatale Signale an die Industrie", sagte Blankenburg dem stern. Jahrelang habe der Verkehrssektor seine Klimaziele verfehlt, weiteren Stillstand könne man sich nicht leisten. "Nur mit klaren Regeln bleiben Investitionen, Jobs und Wertschöpfung in Deutschland. Die Union riskiert mit ihrem Rückwärtskurs genau das", sagte Blankenburg.

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Die SPD-Linke pocht auf ein "starkes, gerechtes und klimaneutrales Autoland Deutschland" und formuliert dafür mehrere Forderungen. So soll staatliche Förderung beim Kauf von Elektroautos wieder Schwung in den stockenden Markt bringen, Normalverdienern den Umstieg ermöglichen und Herstellern Planungssicherheit geben. Gleichzeitig solle eine flächendeckende Ladeinfrastruktur "in der Stadt, auf dem Land und entlang der Autobahnen" aufgebaut werden. Steuern und Abgaben auf öffentliches Laden müssten sinken. Die CO2-Flottengrenzwerte werden als "unverzichtbar" bezeichnet, um Innovationen zu fördern und Investitionen abzusichern.

Den schwelenden Konflikt in der Koalition um das Verbrenner-Verbot dürfte der Vorstoß nicht befrieden, platzt dieser mitten in den Koalitionsausschuss am Mittwoch. Am Donnerstag empfängt Merz im Kanzleramt Vertreter der Automobilindustrie. 

Die klare Positionierung der SPD-Linken kann daher auch als Signal an die eigenen Koalitionsspitzen verstanden werden, in der Sache nicht klein beizugeben. Zwar hatten auch Bundesumweltminister Carsten Schneider und SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf betont, das beschlossene Verbrenner-Aus ab 2035 nicht infrage stellen zu wollen. Zuletzt hatten sich allerdings auch mehrere Sozialdemokraten offen für Lockerungen des Verbots gezeigt. 

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