„Unsachlich, intransparent“, attackiert Brosius-Gersdorf ihre Kritiker – SPD erleichtert, AfD empört
Nach der gescheiterten Wahl von drei Verfassungsrichtern im Bundestag hat die von der SPD vorgeschlagene Staatsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf Darstellungen zurückgewiesen, sie sei „ultralinks“ oder „linksradikal“.
In einem Brief an die Medien, der WELT vorliegt, betont sie, dass die Darstellung ihrer Person in einigen Publikationen „unzutreffend und unvollständig, unsachlich und intransparent“ gewesen sei. „Sie war nicht sachorientiert, sondern von dem Ziel geleitet, die Wahl zu verhindern“, heißt es weiter.
Solche Einstufungen seien diffamierend und realitätsfern, heißt es in der Erklärung der Professorin. So sei etwa die Behauptung verunglimpfend, sie habe sich für eine Legalisierung und eine Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs bis zur Geburt ausgesprochen.
Auch ihre Positionen zu einem Kopftuchverbot und zu Paritätsmodellen für die Wahl des Bundestags seien häufig falsch dargestellt worden, betont Brosius-Gersdorf in dem Schreiben.
Eine eingehende Befassung mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit zeige vielmehr, dass ihre Positionen im Ganzen betrachtet der demokratischen Mitte zuzuordnen seien.
In dem Schreiben kritisiert Brosius-Gersdorf die Äußerungen „einzelner staatlicher Funktionsträger“: „In Zeiten, in denen Politikerinnen und Politiker für sich zu Recht stärkeren Schutz vor verbalen Angriffen fordern und ein ,digitales Vermummungsverbot‘ diskutieren, befremden anonyme Äußerungen aus den Reihen politisch verantwortlicher Funktionsträger des Staates“, heißt es. Beides stehe im Widerspruch zueinander.
Lesen Sie hier die Erklärung von Frauke Brosius-Gersdorf im Wortlaut
Für die SPD begrüßte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sonja Eichwede die Stellungnahme der Kandidatin. „Frau Professor Brosius-Gersdorf bestätigt mit ihrer Erklärung genau das, was wir seit Tagen sagen: Die ihr vorgeworfenen Äußerungen waren falsch, verkürzt dargestellt oder unzutreffend. Mittlerweile haben sich auch viele namhafte Juristen hinter sie gestellt, die mit Entsetzen sehen, wie versucht wurde, eine renommierte Kollegin und herausragende Staatsrechtslehrerin öffentlich zu diskreditieren“, so die SPD-Politikerin zu WELT.
Sie sei, so Eichwede weiter, „froh, dass sich Frau Brosius-Gersdorf nun selbst zu Wort gemeldet hat, um die Gerüchte auszuräumen. Ein Grund mehr für die Unionsfraktion, jetzt das Gespräch mit ihr zu suchen“.
„Brosius-Gersdorf steht politisch das Wasser bis zum Hals“, stichelt die AfD
Auch Die Linke im Bundestag stellte sich in einer Stellungnahme ausdrücklich hinter die Erklärung von Brosius-Gersdorf. „Der Brief geht sachlich auf alle Punkte ein, die in den vergangenen Tagen dafür genutzt wurden, eine beispiellose Hetzkampagne gegen Brosius-Gersdorf zu fahren“, sagte die Linke-Innenpolitikerin Clara Bünger WELT.
Hätte man sich mit ihren Aussagen etwas mehr beschäftigt, als „Verdrehungen und Verzerrungen von rechts“ zu übernehmen, „hätten wir heute wahrscheinlich eine wissenschaftlich sehr starke und unabhängige neue Richterin am Bundesverfassungsgericht gehabt“.
Die Alternative für Deutschland (AfD) hingegen übt scharfe Kritik an der Staatsrechtlerin: „Den beiden umstrittenen Kandidatinnen Kaufhold und Brosius-Gersdorf steht politisch das Wasser bis zum Hals. Dass Letztere jetzt versucht, die Kritiker zu diffamieren, erinnert an einen Ertrinkenden, der wild um sich schlägt“, sagte der AfD-Rechtspolitiker Stephan Brandner WELT. „Ihre Aussagen sind eindeutig links‑ideologisch bis verfassungsfeindlich und lassen sich nicht weginterpretieren, wie sie es probiert.“
Dass insbesondere Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) keine Probleme mit ihrer „lebensfeindlichen Ideologie“ zu haben scheine, habe der Regierungschef in der Befragung der Bundesregierung „eindrucksvoll bewiesen“. „Wir gehen davon aus, dass die Kandidatin jetzt über die Sommerpause ‚salonfähig‘ gemacht werden soll, um sie seitens der Regierenden im Herbst durchzuwinken.“
„Niemand (...) hat der Kandidatin unterstellt, linksradikal zu sein“, verteidigt sich die CSU
Für die Union äußerte sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann. Er warb in seiner Erklärung für mehr Respekt und weniger gegenseitige Vorwürfe im Ringen der Koalition um die Wahl von Verfassungsrichtern. Nur so könne ein gemeinsames, mehrheitsfähiges Kandidaten-Paket gelingen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Nötig seien „Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht, Respekt vor den Kandidaten und der Respekt vor der Entscheidung der Abgeordneten“.
Hoffmann reagierte auch auf die erste Stellungnahme der umstrittenen SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf nach der geplatzten Richterwahl im Bundestag.
Brosius-Gersdorf hatte darin die Bezeichnungen „ultralinks“ und „linksradikal“ als diffamierend und realitätsfern zurückgewiesen. Hoffmann betonte: „Niemand aus der Union und aus den Kirchen hat der Kandidatin unterstellt, linksradikal zu sein.“
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