Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft scheitert bei der WM auf dramatische Art und Weise. Erstmals seit der WM 2018 steht das Team nicht im Viertelfinale. Zur Unzeit verliert das Team seinen Torinstinkt. NHL-Star Tim Stützle nimmt die Schuld auf sich.

Er kam aus dem Flieger, stand auf dem Eis und wurde zum Helden von Dänemark. In der 50. Minute flitzte NHL-Star Nikolaj Ehlers im Friss-oder-stirb-Spiel ins deutsche Drittel, nahm einen Chippass direkt und drosch den Puck vorbei an Philipp Grubauer, ebenfalls ein Mann aus der NHL. Ehlers hatte das 1:1 erzielt, er hatte Dänemark die Hoffnung zurückgebracht und Deutschland erschüttert. Die Mannschaft von Bundestrainer Harold Kreis war bis zu diesem Moment auf einem guten Weg gewesen, sich doch noch für das WM-Viertelfinale zu qualifizieren.

Ehlers drehte erleichtert ab, riss die Arme hoch. Sein Blitz-Trip aus den USA hatte sich direkt gelohnt. Aber noch waren die Dinge nicht erledigt. Dieses Spiel brauchte einen Sieger. Und der würde ins Viertelfinale gehen. Zehn Minuten waren noch auf der Uhr. Nichts passierte. Dann die Overtime, drei gegen drei. Deutschland lässt mit Dominik Kahun eine Topchance liegen, auf der anderen Seite verhindert Grubauer den K.-o.-Treffer. Schließlich Penaltyschießen. Mehr Zuspitzung geht nicht, mehr Drama auch nicht. Vier deutsche Spieler laufen an, keiner trifft. Als Letzter scheitert Kahun. Dänemark dagegen macht es zweimal gut, einmal mit einem zauberhaften Versuch von Nick Olesen und einmal mit einem mächtigen Knaller unter die Latte von Joachim Blichfeld.

"Wenn ich es nicht auf die Kette kriege ..."

Erstmals seit der Weltmeisterschaft 2018 steht Deutschland nicht in der K.-o.-Runde. Auch damals war der Ort des Schicksals das dänische Herning. Ein Rückschlag nach vielen mitreißenden Jahren und der Tiefpunkt unter Bundestrainer Harold Kreis, der 2023 sensationell mit Silber in seine Amtszeit gestartet war. 14 Cracks aus dem Überraschungsteam standen noch auf dem Eis. Aber sie waren dieses Mal ratlos, funktionierten als Team nicht so, wie sie hätten sollen. Sie waren überfordert gegen die ganz Großen und nervös gegen die Dänen.

Es passte nicht viel zusammen nach den drei Siegen zum Auftakt gegen Kasachstan, Ungarn und Norwegen. Es reihte sich eine Abreibung an die nächste: Schweiz (1:5), USA (3:6), Tschechien (0:5). Deutschland hatte seine Momente, aber keine konstante Form. Auch die NHL-Stars Moritz Seider und Tim Stützle nicht. Kreis versuchte alles, fand aber ebenfalls nicht den richtigen Plan. Immer wieder rotierte er seine Reihen durch. Vielleicht ein bisschen zu viel? Vielleicht fehlte dadurch Rhythmus? "Es gibt viele, viele Dinge, die man analysieren muss", sagte DEB-Sportdirektor Christian Künast bei ProSieben.

Vor allem Stützle ging hart mit sich ins Gericht. "Es ist sehr frustrierend. Wenn ich es nicht auf die Kette kriege, irgendwann ein Tor zu schießen, kann man kein Spiel gewinnen", sagte er bei MagentaSport. Der Top-Spieler der Ottawa Senators war erst im Turnierverlauf zum Team gestoßen, nachdem seine Mannschaft aus den NHL-Playoffs geflogen war. Große Hoffnungen waren in ihn gesetzt worden. Momente wie Ehlers den Dänen nun geschenkt hatte, hatten sie sich vom 23-Jährigen erhofft. Sie kamen nicht. Er steuerte beim 5:2 gegen Norwegen, einem ersten Spiel, zwar gleich zwei Vorlagen bei, ging danach aber leer aus. Auch im Penaltyschießen traf er nicht. "Am Ende müssen wir einfach die Dinger reinmachen", sagte Stützle, der in der Saison in Nordamerika mit 24 Toren und 55 Assists maßgeblich für den Playoff-Einzug der Kanadier gesorgt hatte.

"Ich würde jetzt auch nicht alles schlechtreden"

Aber er war nicht der Einzige, der zur Unzeit seinen Instinkt vor dem gegnerischen Tor verloren hatte. Auch Leo Pföderl von Eisbären Berlin, Spieler des Jahres in der DEL und neuer Playoff-Rekordtorjäger, sowie der Kölner Justin Schütz, der in den vergangenen beiden Saisons 57 Tore erzielt hatte, verzweifelten im Abschluss. Insgesamt magere 20 Treffer erzielte Deutschland im Turnierverlauf - das ist das schlechteste Ergebnis seit der WM 2018.

"Wir stehen hinter der Bande und sehen: Der Tank ist leer", sagte der offenbar Milde gestimmte Bundestrainer Kreis. "Wir haben in einigen Spielen Fehler gemacht, die haben uns in den Hintern gebissen. Heute haben wir viel stabiler und sorgfältiger mit der Schiebe gespielt. Uns hat das eine Tor noch gefehlt." Kapitän Mo Seider blickte deutlich enttäuschter auf das Ende. Der NHL-Star fühlte sich nach dem Aus "sehr, sehr leer. Es ist echt frustrierend, wenn du mit drei Siegen ins Turnier gehst und dann die Mannschaft bist, die nicht weiterkommt. Wir haben das Ziel Viertelfinale nicht erreicht, aber ich würde jetzt auch nicht alles schlechtreden."

Ein nervöser, schlimmer Start

Im Do-or-die-Spiel war das DEB-Team mächtig beeindruckt vom Wirbel der Gastgeber und bekam offensiv nichts zustande. Goalie Grubauer musste mehrfach spektakulär einen Rückstand verhindern. Sein Gegenüber Frederik Dichow konnte sich die Dinge auf dem Eis dagegen in großer Ruhe anschauen. Deutschland lieferte im ersten Drittel eine der schwächsten Turnierleistungen ab. Schon vor dem Spiel hatte Nachrücker Marcel Noebels die Teamkollegen ermahnt, als Kollektiv fleißiger zu sein. Um mehr Druck zu entfachen. Die Worte verhallten. Immerhin: Die sich auf fatale Weise zuletzt einschleichenden "dummen" Fehler wiederholten sich nicht.

Der überraschend frühe Knockout soll ein Betriebsunfall sein, der bereits im Februar auf der größten Bühne der Welt, bei den Olympischen Spielen mit allen großen NHL-Stars in Italien, repariert werden soll. Nicht aber, ohne die schief gelaufenen Dinge von Herning nochmal klar anzusprechen. "Wir müssen gegen die großen Nationen 60 Minuten gut spielen, es reichen nicht 30", ermahnte Grubauer. Vor allem gegen die Top-Nationen gab es zu viele Phasen, die einem Ausfall gleichkamen. "Das war zu wenig. Da haben wir nur ein Drittel performt, zwei Drittel nicht. Auf diesem Niveau reicht das natürlich nicht", beklagte Kahun.

Im zweiten Drittel gegen Dänemark wurde es besser. Aber nicht, weil das Team nun tolles Eishockey spielte, sondern weil einzelne Spieler ihre Momente kreierten. Wie Stützle, der aber eben nicht traf. Besser machte es Eisbär Korbinian Geibel mit einem klugen Schlenzer. Yasin Ehliz hatte Dänen-Goalie Dichow die Sicht versperrt. Deutschland griff nach dem Viertelfinale. Aber dann kam Ehlers. Dann das Penalty-Drama.

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