Mavericks entgehen mit Jahrhundertraub dem Horror-Deal um Doncic
Es ist der zweite unglaubliche Moment in der Saison der Dallas Mavericks und er passiert erneut nicht auf dem Basketball-Feld. Dem von Inkompetenz und Verletzungspech gebeutelten Ex-Team von Dirk Nowitzki gelingt in der Draft-Lotterie ein Jahrhundertraub.
Rigged. Das Wort ist überall. Also eher: "RIGGED!" Wenige Momente nach der Draft-Lotterie der NBA werden die sozialen Medien, die allerspätestens seit Elon Musks X-Übernahme keine sichere Quelle mehr für überhaupt irgendetwas sind, geflutet mit Manipulationsvorwürfen. Nach einer ohnehin schon unerklärlichen Saison fallen die Dallas Mavericks die Treppe hinauf. Es ist die nächste erstaunliche Wendung in einem bewegten Jahr.
Rückblick: Heute vor einem Jahr ist die Stimmung in Dallas blendend. Der Klub aus Texas schlägt in der zweiten Runde der Playoffs 2024 die Oklahoma City Thunder, danach werden im Halbfinale die Minnesota Timberwolves aus dem Weg geräumt, nur die Boston Celtics sind im Finale eine Nummer zu groß. Es sind die ersten Finals für Dallas seit dem legendären Titelgewinn 2011, der Dirk Nowitzki in Texas endgültig unsterblich machte.
Eine Bierdose wird zum Symbol
In dieser erfolgreichsten Phase seit Jahrzehnten gibt es bereits Anzeichen für die Katastrophe, die dem Team droht. Ein erstes Signal ist ein unscheinbares TikTok-Video. Luka Dončić ist darauf zu sehen, der Mega-Star der Mavericks, der die Offensive des Teams nahezu allein trägt. Neben ihm steht sein Vater, sie unterhalten sich gut gelaunt, die Aufnahmen entstanden nach dem Finaleinzug der Mavs. Michael Finley, ein ehemaliger Mitspieler Nowitzkis und heutiger Vize-General-Manager in Dallas, tritt ins Bild. Er nimmt Luka Dončić eine Bierdose aus der Hand und begrüßt dessen Vater. Der Point Guard bleibt in diesem Moment etwas ratlos zurück. Betont unschuldig schmunzelt das Internet über die Szene. Vermeintlich einfach eine witzige Anekdote.
Der zweite Moment des Frühjahrs 2024, der Monate später noch einmal auf Wiedervorlage kommen sollte, ist eine Analyse des US-Journalisten Brian Windhorst. Der sagt nach Spiel drei der Finals über Dončić: "Seine Defensivarbeit ist inakzeptabel, er ist ein Loch auf dem Feld. Die Celtics attackieren ihn. Sie führen in der Serie, weil sie Luka Dončić attackieren." Der Slowene kassiert in den nationalen Medien eine schallende Ohrfeige. Und aus Dallas kommt: nichts. Man stelle sich Uli Hoeneß vor, wenn ein Experte in Deutschland so über einen Spieler des FC Bayern sprechen würde. Das Schweigen aus Texas kann nur eines bedeuten: Die Offiziellen der Mavericks glauben nicht, dass Windhorst Unrecht hat.
Wirklich scheren tut das damals allerdings niemanden. Die Euphorie ist nach dem Finals-Run groß, in der kommenden Saison soll endlich der Titel her. Dann geht es dahin. Etliche Verletzungen plagen das Team ab dem Saisonstart. Die Mavericks deuten immer wieder an, was möglich wäre. "Wenn alle wieder fit sind", wird rundum das American Airlines Center erst zum geflügelten Wort, dann zum Running Gag. Am 25. Dezember gibt es dann die ganz große Bescherung: Luka Dončić geht ohne Fremdeinwirkung erst zu Boden und dann vom Feld. Schnell wird klar: Der Europäer fällt lange aus.
"Der Krieg ist vorbei, Bruder"
Erst am vorletzten Spieltag der regulären Saison steht Dončić in Dallas wieder auf dem Parkett. Allerdings inzwischen im Trikot der Los Angeles Lakers, für die legt er 45 Punkte auf. Die Halle feiert den Ex-Maverick so frenetisch laut, wie sie gleichzeitig den Rauswurf des General Managers Nico Harrison fordert. Er hat Luka Dončić abgegeben, in einem Trade, der in weiten Teilen der Basketball-Welt als schlechtestes Geschäft überhaupt gilt. Gründe für die Entscheidung sind laut Harrison der mangelnde Defensiveinsatz sowie die Arbeitseinstellung des Fan-Lieblings.
Als der Wechsel Anfang Februar 2025 verkündet wird, tragen Fans einen Sarg vor die Halle. Es gibt Morddrohungen gegen Harrison, Dauerkarten werden zurückgegeben, die Followerzahlen des Teams brechen ein. Der ahnungslose Dončić weint, als er am Telefon vom Trade erfährt. Er erklärt, dass er sein Leben lang in Dallas hatte spielen wollen. Selbst Dirk Nowitzki wendet sich vom Team ab, er besucht seit dem Trade nur ein Spiel der Mavericks: die Rückkehr von Dončić. Es ist ein Desaster - sportlich, finanziell, imagetechnisch.
Als die Dallas-Offiziellen versuchen, den Trade zu rechtfertigen, veranlasst das den ehemaligen Spieler Charles Barkley zu einem jetzt schon ikonischen TV-Moment, als er sich direkt an Harrison wendet. "Nico, ich sehe dich als meinen Freund. Ich wünsche dir nur das Beste. Du hast letztes Jahr einen guten Job gemacht, dieses Jahr hat es offensichtlich nicht funktioniert. Gib bitte keine Pressekonferenzen mehr. Ich weiß nicht, was du da tust. Wirklich nicht. […] Der Krieg ist vorbei, Bruder. Du hast ihn verloren."
Die wichtigste Niederlage der Vereinsgeschichte
Während sich die Spitzenteams der NBA auf die Playoffs vorbereiten, ist Dallas im Frühjahr bedenklich nah dran, Spiele wegen zu wenig einsatzfähiger Profis absagen zu müssen. Der neue Fixpunkt des Teams, Anthony Davis, der im Tausch mit Luka Dončić aus Los Angeles kam, konnte in seinem Debüt nicht einmal drei Viertel absolvieren, bevor er verletzt ausgewechselt werden musste. Kurze Zeit später reißt sich Kyrie Irving, der zweite Star in Dallas, das Kreuzband. Saison-Aus, im doppelten Sinne.
Am 19. April entscheidet sich das Schicksal des Teams, zur Abwechslung mal auf dem Feld. Die Mavericks haben gegen die Memphis Grizzlies eine letzte Chance, doch noch in die Playoffs einzuziehen. Sie verlieren. Es wird womöglich die wichtigste Niederlage in der Geschichte des Vereins. Denn mit dem Verpassen der Playoffs behalten die Dallas Mavericks ihren Pick im diesjährigen Draft.
1,8 Prozent - oder alles eine Verschwörung?
Im Draft darf jedes NBA-Team, das einen Pick hat, neue Talente auswählen, die vom College oder aus dem Ausland in die NBA wollen. Dabei dürfen schlechtere Teams im Schnitt früher wählen als die erfolgreichen Mannschaften. So soll die Liga ausgewogen bleiben. Um das Tanking, also das "Um die Wette verlieren", in besonders starken Talent-Jahrgängen einzudämmen, gibt es eine Lotterie. Die Teams mit der schlechtesten Bilanz haben eine Chance von 14 Prozent auf den ersten Pick. Dallas darf nur an der Lotterie teilnehmen, weil sie die Playoffs verpasst haben. Statistisch müssten auf den Plätzen 9 bis 11 landen. Ihre Chance auf den ersten Pick liegt bei 1,8 Prozent.
Und genau den bekommt Dallas. Um 1.40 Uhr deutscher Zeit brennt das Internet. Die NBA wird mit der Wrestling-Show-Liga WWE verglichen. Eine passende Erzählung ist schnell beisammen: Es war im Interesse der Liga, dass Dončić in ihrem größten Team, den L.A. Lakers spielt. Sein Trikot ist seit dem Trade das meistverkaufte, bis zum Wechsel des fünffachen All-Stars sah die Zukunft in L.A. mit den alternden LeBron James und Anthony Davis alles andere als rosig aus. Als Entschädigung für den aus Dallas-Sicht schrecklichen Deal wurde den Mavs bereits im Februar der erste Pick im Draft versprochen. Das ist natürlich alles Kokolores. Der Trade ist nicht das Resultat einer ligaweiten Verschwörung, sondern viel wahrscheinlicher das Ende eines Prozesses, in dem Nico Harrison sämtliche Mavericks-Angestellte, mit denen er persönlich ein Problem hatte, zum Teufel jagte. So legt es zumindest ein Bericht des ESPN-Autoren Tim MacMahon nahe.
Das größte US-Talent seit sehr langer Zeit
Auch fernab von Dallas ist der Draft eine Sensation. Auch die San Antonio Spurs rutschen weit nach vorn. Yeehaw, die Glücksfee ist Texanerin. Die Spurs, die sowohl 2023 als auch 2024 den Rookie des Jahres gestellt haben, werden also erneut ein Top-Talent begrüßen dürfen - oder den Turbo in Richtung Meisterschaftsambitionen zünden, wenn sie den Pick in einen Trade verpacken, um einen Superstar zu verpflichten.
Auch prominente Fans sind sprachlos. LeBron James postet unzählige vor Lachen weinende Emojis, Star-Quarterback und Dallas-Fan Patrick Mahomes findet mit "OMGGGGG!! Let's goo!!!!!", immerhin überhaupt Worte. Denn die Draft-Klasse 2025 ist nicht irgendeine. Der 18-jährige Cooper Flagg gilt als größtes US-Basketballtalent seit Ewigkeiten. Ein kommender Superstar, defensiv so wertvoll wie offensiv. Auch aus Marketing-Sicht ist Flagg ein unfassbares Prestige-Objekt. Denn die großen Stars des Sports kommen längst nicht mehr aus den USA.
So ist es kein Wurf kurz vor Ende der Spieluhr, kein spektakulärer Dunk oder ein beinahe unmöglicher Block, der diesen Autounfall einer Saison in Dallas rettet. Es ist ein Briefumschlag bei der Draft-Lotterie. Schon der nahtlose Übergang von Nowitzki zu Dončić war ein unglaublicher Glücksfall. Andere Vereine warten Jahrzehnte auf Spieler dieser Qualität. Nun gibt das Team seinen größten Star völlig unnötigerweise ab - und bekommt direkt den nächsten. So ein Missmanagement darf eigentlich nicht belohnt werden.
Doch das wurde es. Die glorreiche Zukunft, die mit der Nummer 77 die Mavericks verließ, strahlt plötzlich wieder ganz hell. Cooper Flagg wird im kommenden Jahr für Dallas die Basketballschuhe schnüren. Oder? Zumindest direkt ein Haus kaufen sollte Flagg vielleicht nicht. Denn wenn die Mavericks tatsächlich im viel zitierten "Win-Now-Modus" sind, also versuchen, mit den alternden Kyrie Irving und Anthony Davis noch einen Titel zu holen, könnten sie Flagg auch gegen einen weiteren Star eintauschen, statt langfristig um den US-Amerikaner ein Team aufzubauen. Wäre das clever? Wahrscheinlich nicht. Aber denkbar ist in Dallas seit dieser Saison alles.
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