Und plötzlich will halb Europa ein Stück vom deutschen Kuchen
MMA boomt in Deutschland. Veranstalter Oktagon verkauft die größten Arenen aus, selbst Stadien sind mittlerweile möglich. Doch nun bahnt sich Konkurrenz aus dem Ausland an.
Es ist natürlich nur eine Anekdote. Aber sie lässt vermuten, dass Mixed Martial Arts (MMA) in Deutschland an Popularität gewinnen. Sie spielt in einem 200-Einwohner-Dorf in der Eifel, in einem dieser Orte, in denen die Leute am Wochenende zum Fußball gehen, vielleicht auch mal zum Handball. In diesem Dorf aber erzählt ein Nachbar dem anderen, dass er seit Kurzem viermal die Woche 45 Kilometer hin und 45 Kilometer zurückfährt, damit der 16-jährige Sohn seiner neuen Leidenschaft nachgehen kann: dem MMA-Training.
Dass die mittlerweile sehr populäre Mischform vieler Kampfsportarten gerade in Deutschland Fuß fasst, war vor einigen Jahren so nicht unbedingt abzusehen. Doch viele Trends, die sich in den USA großer Beliebtheit erfreuen, schwappen irgendwann über den großen Teich. In der Bundesrepublik ist aber nicht ein reiner US-Abklatsch der Ultimate Fighting Championship erfolgreich, sondern eine Mischform aus Sport und einer gehörigen Portion Entertainment.
Federführend in Deutschland ist seit drei Jahren Oktagon MMA, ein tschechischer Veranstalter, der den Sport und seine Charaktere zu präsentieren weiß. Eine Organisation, die weiß, wie man die schillernden und faszinierenden Geschichten der Sportler erzählt, um Sympathien beim Publikum zu wecken, ohne dass man gleich ganz tief in den sehr komplexen Sport abtauchen muss.
Das hat dazu geführt, dass Oktagon die größten Arenen in Deutschland bereits mehrfach ausverkauft hat: Lanxess Arena in Köln, Westfalenhalle in Dortmund, Hanns-Martin-Schleyer-Halle in Stuttgart. Tausende Menschen besuchen die Veranstaltungen, die wegen der Inszenierung der Kämpfe, von der Ankündigung über Pressekonferenzen, dem Einmarsch der Athleten in die Arena und dem ohnehin schon spektakulären Sport einen hohen Unterhaltungswert bieten. Der Sturmlauf der Tschechen gipfelte im Oktober 2024 in einem historischen Event im Frankfurter Waldstadion. 58.000 Zuschauer bejubelten die MMA-Athleten, angeführt von Publikumsliebling Christian Eckerlin, dessen Vita als Ex-Fußballer, Hells-Angels-Mitglied und im Frankfurter Rotlicht tätig, bei Kritikern auch einen faden Beigeschmack hinterlässt.
Seit dem Stadionspektakel ist mit RTL auch ein großer Privatsender an Bord. In den nächsten drei Jahren werden die Oktagon-Events in der DACH-Region exklusiv über den hauseigenen Streamingdienst zu sehen sein. Für den Sport bedeutete der Deal einen großen Schritt, für Veranstalter signalisierte der Boom: In Deutschland ist etwas zu holen.
Oktagon bekommt Konkurrenz
Und so versuchen mittlerweile viele, etwas vom MMA-Kuchen abzubekommen. Kleinere Veranstalter sprießen nur so aus dem Boden, halten auch schon mal Kampfsportevents in Turnhallen ab. Dazu hat halb Europa den deutschen Markt im Blick. Nach ntv-Informationen will der polnische Veranstalter KSW (Konfrontacja Sztuk Walki) im Jahr 2026 nach Berlin kommen, der kroatische Veranstalter FNC (Fight Nation Championship) hat München im Blick und der französische Vertreter Ares FC will ebenfalls in Deutschland Fuß fassen.
Der Name einer großen Organisation allein wird in Deutschland aber nicht reichen - außer der amerikanische Branchenprimus UFC begnügt, nach mehr als zehn Jahren noch einmal zurückzukommen. Die anderen genannten Vertreter haben noch entscheidende Nachteile. Die größten Stars Deutschlands sind bei Oktagon unter Vertrag, dazu ist das Marketing der Polen und der Franzosen, um es höflich zu formulieren: ausbaufähig. Die besten Chancen hätte wohl FNC, die ohnehin ein ähnliches Programm wie Oktagon fahren, nur die Sprachbarriere durchbrechen müssten. Ganz ohne Argumente gehen die neuen Konkurrenten aber auch nicht ins Rennen. Was die Gagen angeht, könnten KSW, Ares und Co. den Marktprimus in Deutschland ausstechen.
Gute Zeiten für einen in Deutschland noch jungen Sport und seine Athleten, die was Gagen angeht, noch nicht davon leben können. Dass der Sport nun auch in ländlichen Regionen ankommt, zeigt das Wachstum hierzulande. Internationale Veranstalter, die mitmischen wollen, zeigen, welches wirtschaftliche Potenzial der Sport in Deutschland hat. Und Konkurrenz belebt schließlich das Geschäft. Der Kuchen wird am Ende dadurch nur größer.
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