Vor einem halben Jahr ist Rebecca Knaak nur Insidern bekannt, jetzt ist sie Stammspielerin des DFB-Teams bei der Fußball-EM. Bundestrainer Christian Wück erkennt in ihr seine Wunschspielerin. Die anstehende Partie gegen Schweden weckt in der 29-Jährigen große Gefühle.

Vor einem Jahr hatte Rebecca Knaak "0,0 Kontakt" zum DFB-Team, wie sie ntv.de beim Mediaday vor der Fußball-Europameisterschaft sagte. Nun ist sie Stammspielerin in der Innenverteidigung. Die 29-Jährige hatte einen Traum, aber dass dieser sich erfüllt: "Damit hätte ich nicht gerechnet."

Dabei war sie vor zehn Jahren schon einmal ganz nah dran. Knaak war im September 2015 bereits einmal in den DFB-Kader berufen worden. Sie blieb aber auf der Bank. Rückblickend sagt sie: "Ich glaube, dass ich damals noch nicht ganz bereit dafür war, sowohl physisch als auch mental. Sodass ich damals meine Chance nicht genutzt habe."

Es vergingen mehr als neun Jahre, ehe der neue Bundestrainer Christian Wück sie nominierte. Im Februar dieses Jahres gab sie ihr Debüt. "Ich finde auf jeden Fall gut, dass sie einen richtig, richtig guten linken Fuß hat, das hat uns auch in der Innenverteidigung manchmal gefehlt", sagt Mitspielerin Elisa Senß und greift damit eines der wichtigsten Argumente Wücks auf. Dieser hatte sich einen Linksfuß für die Innenverteidigung gewünscht, Knaak ist eine der wenigen, die diese Anforderung erfüllt. Außerdem stellte Wück ihre Zweikampfstärke und ihr Kopfballspiel heraus. Nun bildet sie mit Abwehrchefin und Neu-Kapitänin Janina Minge die Stamm-Innenverteidigung. Dabei hat sie gerade erste sechs Spiele für die DFB-Auswahl absolviert.

Ihr siebter DFB-Einsatz wird Knaak ein "sehr besonderes" Spiel bescheren. Wenn um 21 Uhr der Anpfiff ertönt, dann schlägt das Herz wohl noch einmal etwas schneller. Sie spielt mit dem DFB-Team gegen ihre "zweite Heimat", so bezeichnet die Verteidigerin Schweden (live im ZDF und im ntv.de-Liveticker). Drei Jahre stand sie beim FC Rosengard in Malmö unter Vertrag, hat bis heute Freunde in Schweden. Erst kurz vor der EM war sie wieder mal dort, hat auch ihren alten Verein besucht. Seit Januar spielt sie bei Manchester City.

Der Wechsel kam zustande, weil die frühere Rosengard-Sportdirektorin Therese Sjogran zu den Skyblues gewechselt war und Knaak von einem Transfer überzeugte. "Ich verdanke ihr sehr, sehr viel", so Knaak über die Schwedin. Womöglich sogar, dass sie jetzt gegen deren Landsfrauen bei der EM spielt. Denn die englische Women's Super League ist deutlich stärker und steht zugleich viel mehr im Fokus der Öffentlichkeit als die schwedische Liga.

Defensive der Wackel-Teil des DFB

Doch die Freundschaft muss für 90 Minuten ruhen. Es geht gegen Schweden um den Gruppensieg und damit verbunden den mutmaßlich leichteren Turnierstrang auf dem Weg zum Finale. Schweden wird für die Innenverteidigerin der bislang schwerste Gegner im DFB-Trikot werden: Sie stellen die beste Offensive, mit Stina Blackstenius vom FC Arsenal etwa die Siegtorschützin des diesjährigen Champions-League-Finals. Allerdings kommt Knaak mit dem Wissen ins Duell, dass sie mit Manchester die Arsenal-Frauen in der abgelaufenen Saison sowohl im Women’s League Cup als auch im FA Women’s Cup geschlagen haben. In der Liga gab es ein Unentschieden (2:2) und eine Niederlage (3:4) – mit dem entscheidenden Treffer von Blackstenius.

Das Duell wird eine Herausforderung für Knaak werden, die im Sprint deutliche Defizite hat. Wenn dann auch noch, wie beim Treffer der Däninnen, ihre Vorderleute patzen, wird es richtig gefährlich. Beim 1:0 durch Amalie Vansgaard war sie nicht schnell genug da und grätschte ins Leere.

Sie selbst verwies vor dem Turnier gegenüber ntv.de darauf, "dass die Defensive schon vorne anfängt". Die vor und auch jetzt während des Turniers geäußerte Kritik an der deutschen Defensive ist für sie zu einfach. "Natürlich werden Kritikpunkte in der Defensive auch gesucht, weil sie da sehr offensichtlich sind: Es fällt ein Gegentor, natürlich ist die Defensive schuld." Aber Bälle, so Knaak, dürften nicht erst in der Abwehrkette abgefangen, sie müssten vorher gewonnen werden. Allerdings sagt sie auch: "Ich sehe mich da schon in der Verantwortung. Wenn wir ein Gegentor bekommen, dann ist mir egal, wie das gefallen ist. Dann sage ich 'Mist, das waren wir.'"

Psychologin neben dem Fußball

Ob Knaak nun im Spiel ihre Erfahrung aus der schwedischen Liga weiterhilft, ist fraglich. Schließlich spielen nur vier Spielerinnen des schwedischen Kaders in der Heimat, die meisten sind bei den Topklubs in Europa oder den USA angestellt. Doch die Station in Rosengard hat ihren Horizont erweitert, ihr gezeigt, dass viele Dinge doch als typisch deutsch auch wirklich nur in Deutschland so gelehrt werden."

Reflektiert ist Knaak auf und neben dem Platz. Ihr Studium der Psychologie spiegelt sich deutlich wider. Einblicke in ihr Wissen gibt sie im Podcast "Seitenwechsel" von den Ex-Profis Dr. Turid Knaak - nicht verwandt oder verschwägert - und Fabian Klos. Und auch ihre Mitspielerinnen fragen sie schonmal nach Buchtipps oder Ähnlichem. "Das mache ich auch total gerne, weil ich mich dafür sehr interessiere. Und sonst versuche ich einfach so mit meinem Mindset so voranzugehen", erklärte sie ntv.de.

Senß sagt, ihre Hinterfrau würde viel mit ihnen sprechen. Das passt zu Knaaks eigenem Anspruch, Verantwortung übernehmen zu wollen, ihre Erfahrung einzubringen. Zudem stellt Senß heraus: "Sie hat eine unglaubliche Präsenz und Power. Ich merke auf dem Spielfeld, dass ich immer eine Sicherheit habe, weil sie hinter mir spielt und ich mich immer auf sie verlassen kann." Allerdings muss Knaak aufpassen, dass weiterhin auf sie Verlass sein kann. Als einzige Deutsche ist sie Gelb-verwarnt, eine weitere Karte würde eine Spielsperre für sie bedeuten.

In der Bundesliga nicht mehr als "solide"

Mit 28 Jahren für Deutschland zu debütieren, ist ungewöhnlich. Auch da hat ihr Mindset geholfen, glaubt Knaak selbst. Nach ihrer ersten Nominierung, damals 2015, habe sie "viele Jahre solide in der Bundesliga gespielt, aber auch nicht so gut, dass ich gesagt habe 'So, jetzt bin ich nah dran' und durch den Wechsel nach Schweden bin ich vielleicht ein bisschen aus dem Blickfeld geraten." Vor ihrem Wechsel nach Rosengard hatte Knaak in der Bundesliga für den SC 07 Bad Neuenahr, Bayer Leverkusen und den SC Freiburg gespielt.

Erst eine Verletzung habe den entscheidenden Kick gebracht. "Dann habe ich gesagt, ich habe nicht mehr so viele Jahre im Fußball, ich setze jetzt noch mal alles dran, ich versuche alles rauszuholen, was geht. Wenn es am Ende reicht, dann ist es toll. Und wenn nicht, dann bin ich auch okay damit. Aber ich glaube, diese Verletzungszeit hat bei mir etwas ausgelöst, was ich vorher vielleicht gar nicht so nicht gespürt habe. Und dadurch habe ich noch mal ein paar Prozent rauskitzeln können."

Vielleicht die entscheidenden, um gegen Schweden zu bestehen.

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