Inhalt des Artikels:

  • Vertrauen in Landesregierung höher als in Bundesregierung
  • Hohe Fremdenfeindlichkeit in Thüringen
  • CDU: Ergebnisse sind alarmierend
  • 1.800 Thüringerinnen und Thüringer befragt

Fast neun von zehn Menschen in Thüringen halten die Demokratie für die beste aller Staatsformen. Aber nur 43 Prozent sind zufrieden damit, wie sie in Deutschland umgesetzt wird. Das geht aus dem neuen Thüringen-Monitor hervor, den Forscher der Universität Jena am Dienstag der Thüringer Landesregierung vorgestellt haben. Damit ist ein neuer Tiefstwert in einem Abwärtstrend erreicht, der seit 2020 beobachtet wird.

Vertrauen in Landesregierung höher als in Bundesregierung

Unterschiedlich wird die Arbeit von Bundes- und Landesregierung bewertet. Während nicht einmal jeder fünfte Befragte Vertrauen in die Bundesregierung hat, ist das Vertrauen in die Landesregierung innerhalb eines Jahres um acht Punkte auf 38 Prozent gestiegen.

Eine hohe Unzufriedenheit mit der Praxis der Demokratie und ein geringes Vertrauen in die Bundes- und Landesregierung zeigen insbesondere Personen, die sowohl ihre eigene wirtschaftliche Lage als auch die wirtschaftliche Situation Thüringens negativ bewerten.

Monika Reiser, wissenschaftliche Leiterin des Thüringen-Monitors, sagte, das geringe Vertrauen erkläre sich unter anderem aus der Wahrnehmung, dass die Politik die Interessen der Bevölkerung nicht ausreichend berücksichtige.

Viele verharmlosen Nazi-Verbrechen

Die Verbreitung rechtsextremer Einstellungen in Thüringen ist im Vergleich zum Vorjahr konstant geblieben und wird von 20 Prozent der Befragten geteilt. Eine deutliche Zunahme sehen die Forscher bei Antisemitismus. Demnach gab es einen sehr deutlichen Anstieg von 39 auf 48 Prozent bei der Zustimmung zum sogenannten sekundären Antisemitismus, also der Verharmlosung der Nazi-Verbrechen.

Weit verbreitet sind populistische Einstellungen. Sie werden von 60 Prozent, also fast zwei Drittel der Thüringer geteilt. "Populistische Einstellungen zeichnen sich dadurch aus, dass das Volk in einem Widerspruch zu einer korrupten Elite gesehen wird und es ein Schwarz-Weiß-Denken zwischen der Bevölkerung und der korrupten Elite gibt", sagte Marion Reiser MDR THÜRINGEN.

Für die Studie haben die Forscherinnen und Forscher Thüringerinnen und Thüringer telefonisch und online Fragen zu ihrer politischen Einstellung gestellt. Ein Beispiel: 64 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass die "Herrschenden und Mächtigen in unserer Gesellschaft […] gegen die Interessen der einfachen Bevölkerung" handeln würden.

91 Prozent denken, dass "die Politik […] den wahren Willen des Volkes erkennen und ihn so direkt wie möglich in politische Entscheidungen umsetzen" muss.

Hohe Fremdenfeindlichkeit in Thüringen

Insbesondere fremdenfeindliche Aussagen erfahren in diesem Jahr erhöhte Zustimmungswerte. So stimmen 63 Prozent der Aussage "Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maße überfremdet" zu. 54 Prozent glauben, dass "die Ausländer nur hierherkommen, um unseren Sozialstaat auszunutzen".

Marion Reiser sagt dazu: "Wenn wir die Werte für Thüringen mit deutschlandweiten Untersuchungen vergleichen, können wir schon feststellen, dass die Werte der Thüringerinnen und Thüringer, die wir hier messen, etwas oberhalb des gesamtdeutschen Durchschnittes liegen."

Auch Aussagen zu einem starken Nationalgefühl ("Was unser Land heute braucht, ist ein hartes und energisches Durchsetzen deutscher Interessen gegenüber dem Ausland") erfahren weiterhin hohe Zustimmung in der Thüringer Bevölkerung.

Studienleiterin Marion Reiser und der Chef der Staatskanzlei, Stefan Gruhner (CDU), haben die Ergebnisse des Thüringen-Monitors 2024 am Dienstag in Erfurt vorgestellt.Bildrechte: MDR/Carmen Fiedler

Stefan Gruhner (CDU), der Chef der Staatskanzlei, sagte bei der Vorstellung der Studie, der Thüringen-Monitor sei ein wichtiger Seismograf und ein Handlungsauftrag für die Landesregierung. Er leite daraus unter anderem ab, dass Demokratie, Politik und der Staat leistungsfähig und gerecht sein müssten.

"Wichtig ist, das Wir-Gefühl, das gesellschaftliche Miteinander zu stärken. Wir müssen Politik gut erklären, damit politisches Handeln von den Bürgerinnen nachvollzogen werden kann." Demokratie müsse erfahrbar sein. Die Landesregierung wird laut Gruhner die Studie weiter finanziell unterstützen. "Wir schätzen dieses Werk und deswegen wollen wir es fortsetzen", sagte er.

CDU: Ergebnisse sind alarmierend

Die Thüringer CDU nannte die Ergebnisse alarmierend. Es brauche eine Präventionsoffensive, um Vorurteile abzubauen und das jüdische Leben in Thüringen zu schützen, hieß es.

Sozialministerin Katharina Schenk (SPD) sagte, man müsse mit Nachdruck gegen rechtsextreme und antisemitische Denkmuster handeln. Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus der Fraktion Die Linke, fordert konkretes Handeln von der Landesregierung in allen Lebensbereichen wie Schule, Polizei und Justiz.

1.800 Thüringerinnen und Thüringer befragt

Für die aktuelle Umfrage des Thüringen-Monitors wurden im Herbst vergangenen Jahres mehr als 1.800 Frauen und Männer in Thüringen befragt.

Durch die Kombination der Befragungen telefonisch über den Festnetzanschluss und online habe man alle Bevölkerungsgruppen erreicht, so Reiser. "Wir sind direkt am Tag nach der Landtagswahl ins Feld gegangen und haben die Befragung abgeschlossen, bevor sich die neue Thüringer Regierung gebildet hat."

Die Langzeitstudie erhebt seit 25 Jahren jährlich die Entwicklung des politischen Meinungsklimas und der gesellschaftspolitischen Einstellungen.

MDR (kk/mm/caf)

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