Der Bundestag hat mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit einen zweiten Wahlgang für die Wahl des Bundeskanzlers noch heute Nachmittag angesetzt. Die Fraktionen von Union, SPD, Grünen und Linken hatten dies nach dem gescheiterten ersten Wahlgang gemeinsam beantragt.

CDU-Chef Friedrich Merz war bei der Kanzlerwahl im ersten Wahlgang durchgefallen. Er erhielt in geheimer Abstimmung 310 von 621 abgegebenen Stimmen und damit 6 weniger als die nötige Mehrheit von 316. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD haben zusammen 328 Sitze im Parlament.

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„Wir werden heute im Einvernehmen mit den Fraktionen Union, SPD, Grüne und Linkspartei einen zweiten Wahlgang um 15.15 Uhr vornehmen können“, hatte Spahn im Vorfeld gesagt. „Ich möchte allen herzlich danken, die das mit möglich gemacht haben.“

Nach der Wiedereröffnung des Plenums durch Julia Klöckner betonte der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Steffen Bilger, die Notwendigkeit eines zweiten Wahlgangs. AfD-Fraktionschef Bernd Baumann sagte zwar, dass Merz „gescheitert sei“, die Partei sich aber nicht einem zweiten Wahlgang zu verschließen

Eigentlich wäre eine erneute Wahl frühestens am Freitag möglich. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit kann der Bundestag diese Frist aber verkürzen. Linkspartei und AfD verfügen im Bundestag über mehr als ein Drittel der Sitze und damit eine Sperrminorität. Die Union ist also auf mindestens eine der Parteien angewiesen, mit denen sie eine Zusammenarbeit ausgeschlossen hat.

Der Antrag wird nun mit Unterstützung der Linken in den Bundestag gebracht. Mit Blick auf die Linkspartei gibt es bei der CDU eigentlich einen Parteitagsbeschluss, der „Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit“ generell ablehnt.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatte zuvor gesagt: „Wir gehen jetzt in den zweiten Wahlgang und hoffentlich vielleicht sogar doch noch heute. Ich finde spätestens morgen, aber Freitag wäre mir schon zu lang.“

Ist Deutschland jetzt führungslos?

Bis Merz möglicherweise gewählt ist, wäre Deutschland nicht ohne Regierungschef. Der geschäftsführende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) würde weiterregieren. Denn Artikel 69 Grundgesetz bestimmt, dass der Kanzler die Amtsgeschäfte „bis zur Ernennung seines Nachfolgers“ weiter führt. Dazu ist er verpflichtet. Auch die Ministerinnen und Minister des Bundeskabinetts bleiben vorerst geschäftsführend im Amt.

Wie sind die Regeln für die Kanzlerwahl?

Auch das regelt das Grundgesetz. In Artikel 63, der die Regeln für die Kanzlerwahl enthält, ist festgehalten: „Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundestag binnen 14 Tagen nach dem Wahlgang mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen.“ Innerhalb der zweiwöchigen Frist kann es beliebig viele Wahlgänge mit verschiedenen Kandidatinnen und Kandidaten geben. Aber auch sie brauchen die absolute Mehrheit von mindestens 316 Stimmen, um gewählt zu sein.

Später einfache statt absolute Mehrheit

Schafft das niemand, dann werden im nächsten Schritt die Anforderungen gesenkt. Nun reicht für die Wahl die einfache Mehrheit. Im Grundgesetz heißt es: „Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält.“

Wenn der oder die Gewählte die Kanzlermehrheit erhält, muss der Bundespräsident ihn oder sie innerhalb von sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Bei einer Wahl nur mit einfacher Mehrheit kann der Bundespräsident alternativ auch binnen sieben Tagen den Bundestag auflösen und eine Neuwahl ansetzen.

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