„Der AfD fehlt die DNA der pluralistischen Demokratie“, sagt Voßkuhle
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hat vor Regierungsbildungen mit Unterstützung der AfD gewarnt. „Jede demokratische Partei muss sich fragen: Wollen wir mit einer Partei kooperieren, die die Demokratie abschaffen will? Ich wäre hier sehr zurückhaltend. Jeder sollte sich genau überlegen, ob er mit dem Teufel ins Bett geht“, sagte Voßkuhle im Interview mit dem „Tagesspiegel“.
Mit Blick auf die Landtagswahlen 2026 in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt betonte er, die Wahl eines AfD-Politikers zum Regierungschef hätte „eine enorme Vorbildwirkung“ und könne illiberale Entwicklungen im ganzen Land verstärken: „Was in einem Land passiert, kann auch im Bund passieren“, so Voßkuhle.
Ein AfD-Ministerpräsident könne tief in staatliche Strukturen eingreifen, warnte der frühere Verfassungsrichter. Möglich sei etwa, dass im Schulunterricht nicht mehr über den Holocaust geredet werde, dass Parteigänger die Justiz dominierten oder Polizei und Staatsanwaltschaft gegen politische Gegner eingesetzt würden.
Die AfD wolle den „Parlamentarismus westlicher Prägung abschaffen“ und bedrohe die Meinungsfreiheit, warnte Voßkuhle. Sie sehe andere Parteien nicht als demokratische Wettbewerber, sondern als „korrupte Eliten und Volksverräter“. Intern gebe es keine offenen Debatten: „Der AfD fehlt die DNA der pluralistischen Demokratie.“
Dass viele AfD-Wähler auf eine Stärkung gemäßigter Kräfte hoffen, hält Voßkuhle für eine Illusion: Politische Bewegungen radikalisierten sich meist weiter. Wahlentscheidungen seien oft emotional geprägt – durch Hoffnung, Enttäuschung oder Wut – und darum schwer mit rationalen Argumenten erreichbar. Das bedächten Intellektuelle zu wenig, sagte der Jurist, der von 2008 bis 2020 Richter am Bundesverfassungsgericht und ab 2010 dessen Präsident war.
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