Darum geht es beim Streit um das Rentenpaket
Junge Abgeordnete der Union drohen, dem sogenannten Rentenpaket die Zustimmung im Bundestag zu verweigern. Weil die Regierungsfraktionen von Union und SPD im Parlament nur eine denkbar knappe Mehrheit von 12 Stimmen haben, könnte die "Junge Gruppe" von CDU und CSU die Pläne in der Tat torpedieren.
Während der Kanzler und andere führende Unionsleute zuvor durchaus Verständnis für die Haltung der jungen Unionsabgeordneten äußerten, klingt Friedrich Merz nun anders: Er stellte sich am Wochenende unmissverständlich hinter den im Kabinett bereits beschlossenen Kabinettsentwurf – und ging damit auf Konfrontationskurs zur Jungen Gruppe.

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Allerdings ist damit nichts geklärt, die Widerständler zeigen sich wenig beeindruckt vom Kanzlermachtwort und eher noch mehr erzürnt. Wird das Rentenpaket scheitern? Wie schlimm wäre das? Und gibt es noch einen Ausweg? Antworten auf die drängendsten Fragen.
Worum geht es beim Rentenstreit?
Im Kern der Auseinandersetzung steht das sogenannte Rentenniveau. Dieses soll bis zum Jahr 2031 bei 48 Prozent festgeschrieben werden. Das Rentenniveau bezieht sich auf den Standardrentner, der 45 Jahre lang genau zum Durchschnittsverdienst aller Versicherten gearbeitet hat. Durch diese Festlegung des Rentenniveaus wird praktisch der Nachhaltigkeitsfaktor ausgehebelt, der eigentlich dazu dienen soll, dass die Kosten des demografischen Wandels zwischen Jung und Alt verteilt werden. Dieser führt dazu, dass eine Rentenerhöhung niedriger ausfällt, wenn weniger Arbeitnehmer auf mehr Rentner kommen.
Trotzdem stellen auch die jungen Unionsabgeordneten nicht infrage, dass das Rentenniveau auf diese Weise bis 2031 festgelegt wird. Denn so ist es im Koalitionsvertrag verabredet, die Sicherung des Rentenniveaus ist ein wichtiges Anliegen der SPD. Den Gegnern des Pakets geht es um die Folgekosten, die sich aus dieser Sicherung des Niveaus bis 2031 ergeben – diese sind in einem Satz in dem Entwurf aus dem Haus von SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas festgehalten: "Auch nach 2031 liegt das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht." Gemeint ist damit, dass ab diesem Jahr auf der Basis der für die vorherigen Jahre festgelegten 48 Prozent weitergerechnet wird und nicht von einem niedrigeren Niveau aus, das sich ohne diese Festlegung in den Jahren zuvor ergeben hätte. Die Mehrkosten bis 2040 werden mit 115 Milliarden Euro angegeben.
Wer hat recht?
In der Union war immer wieder zu hören, dass man durch einen "Trick" der SPD hinters Licht geführt worden sei. Arbeitsministerin Bärbel Bas streitet das ab: "Allen, die bei den Koalitionsverhandlungen am Tisch saßen, war klar, dass die Haltelinie bei 48 Prozent genau so auch im Gesetz stehen wird, wie wir es jetzt gemacht haben", sagt Bärbel Bas dem stern. "Ich habe niemandem etwas untergejubelt und niemanden in die Irre geführt."

Koalitionsstreit Bas spricht Renten-Machtwort: "Habe niemandem etwas untergejubelt"
In der Tat ist es zumindest der naheliegende Weg, nämlich der, wie es bei den Berechnungen der Rentenkasse gebräuchlich wäre. Auch Kanzler Merz schloss sich dieser Argumentation nun an. "Wenn man mit dem Auto irgendwo anhält, und später weiterfährt, dann fährt man an der Stelle weiter, wo man angehalten hat, und nicht an der Stelle, wo man wäre, wenn man nicht angehalten hätte", sagte er am Sonntag im "Bericht aus Berlin". Diese Mechanik sei früher so gewesen, fügte der Kanzler noch an, und sei sei auch heute so.
Wie konnte es zu der Eskalation der Lage kommen?
Folgt man der Argumentation des Kanzlers, handelte es sich also vor allem um eine technische Logik der Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag. Wie konnte es dann überhaupt dazu kommen, dass nun so erbittert gestritten wird? Das liegt auch daran, dass der Kanzler selbst immer wieder deutlich gemacht hatte, dass er die Position der jungen CDU-Abgeordneten gut nachvollziehen könne – genauso wie sein Kanzleramtschef oder der Fraktionschef.
Nach einer Präsidiumsklausur der CDU Ende Oktober sagte der Kanzler sogar: "Ich habe das selber immer wieder gesagt: Wir dürfen keine Politik machen auf dem Rücken der jüngeren Generation". Er werde sich auch ganz persönlich darum kümmern, dass es hier zu guten Lösungen komme. "Wir haben eine Verabredung mit der SPD getroffen, die lautet: 48 Prozent sogenannter Haltelinie bis zum Jahr 2031, aber eben auch nicht darüber hinaus." Dass der Streit nun eskaliert, ist daher auch auf ein Versagen der Unionsführung zurückzuführen. Dort hat man die Brisanz des Themas offenbar falsch eingeschätzt.

Unruhe in der Koalition Wie konnte der Streit so außer Kontrolle geraten?
Wie geht es jetzt weiter?
Kanzler Merz argumentiert nun, dass es nach 2031 ohnehin zu weitreichenden Änderungen bei der Rente kommen könnte. Er hat in Aussicht gestellt, dass sich Union und SPD in der Gesetzeserklärung oder einer Begleiterklärung zu dem Gesetz dazu bekennen, dass es ab 2032 zu einer grundlegenden Rentenreform kommt.
Eine Rentenkommission, die ohnehin noch eingesetzt werden soll, soll jetzt ihre Arbeit bereits vor der Sommerpause 2026 abschließen. Man werde "unmittelbar danach auch ins Gesetzgebungsverfahren gehen", so der Kanzler. In dieser Deutlichkeit ist das neu, bislang war eher fraglich, ob die Koalition tatsächlich grundlegende Reformen in der Rente anstrebt – oder sich bei dem Druck auf die Sozialversicherungssysteme nicht eher auf Gesundheit und Pflege konzentriert.
Allerdings ist fraglich, ob diese Zusicherung den Gegnern in der Unionsfraktion reicht. Der Gesetzentwurf liegt derzeit im Parlament, wo die beiden Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD, Jens Spahn und Matthias Miersch, versuchen könnten, doch noch eine Lösung zu finden – offen, ob das gelingt. Fest steht: Bleibt der Widerstand innerhalb der Unionsfraktion bestehen, könnte das Rentenpaket erst mal scheitern – und damit auch die geplante Aktivrente sowie die Ausweitung der Mütterrente, ein wichtiges CSU-Anliegen.
Folgt man der Argumentation von Rentenexperten, wäre das inhaltlich vielleicht nicht allzu schlimm: Die teure Mütterrente wird hier von vielen als nicht vernünftig angesehen und immer wieder darauf verwiesen, dass es stattdessen grundsätzliche Reformen brauche, etwa, indem man für mehr Kapitaldeckung sorgt oder die Entwicklung der Renten künftig an die Inflation statt an die Entwicklung der Löhne koppelt. Politisch allerdings wäre der Schaden enorm, wenn das Rentenpaket, auf das sich das Kabinett bereits verständigt hatte, abgeräumt werden müsste.
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