Bis in die Nacht hinein haben die Spitzen von Union und SPD getagt. Nun präsentieren Bundeskanzler Merz und seine Minister die tiefgreifenden Ergebnisse.

Die Spitzen der Koalition haben sich nach Angaben von Kanzler Friedrich Merz in der Nacht zu Donnerstag nach stundenlangen Verhandlungen auf Reformen für den Automobilsektor, den Straßenbau und im Sozialbereich geeinigt. Dazu gehöre auch die Aktivrente, die zum 1. Januar 2026 kommen soll, sagte der CDU-Kanzler in Berlin. 

Auch auf eine Reform des Bürgergelds – mit deutlich schärferen Regeln – habe man sich geeinigt. Die neue Grundsicherung soll das bisherige Bürgergeld ablösen. "Es wird die neue Grundsicherung geben, so wie im Koalitionsvertrag verabredet", sagte Merz. "Wir werden die Mitwirkungspflichten deutlich verstärken, wir werden auch die Sanktionsmöglichkeiten deutlich erhöhen."

Die rund 5,5 Millionen Bürgergeld-Beziehenden müssen sich bei einer Umsetzung der Pläne daher auf strengere Auflagen einstellen. Dem Durchbruch im Koalitionsausschuss waren intensive Gespräche von Merz und Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) vorausgegangen.

Mit den Änderungen sollen Teile der Anfang 2023 in Kraft getretenen Bürgergeld-Reform rückabgewickelt werden, die Leistung soll künftig einfach nur noch Grundsicherung für Arbeitssuchende heißen. 

Im Zentrum stehen Verschärfungen, die die Pflichten der Bezieherinnen und Beziehern von Leistungen stärker hervorheben. Fördern und Fordern sollen besser in Balance gebracht, Missbrauch soll stärker unter Kontrolle gebracht werden.

Reformen Bullshit-Bingo: Retten Merz und Bas so den Sozialstaat?

Reform beim Bürgergeld: Das ist neu

Konkret soll mit härteren Sanktionen belegt werden, wer gegen die Regeln der Jobcenter verstößt und etwa einen Termin nicht wahrnimmt oder eine Arbeitsaufnahme verweigert. 

Wer als Empfänger von Grundsicherung einen Termin im Jobcenter schwänzt, dem soll die monatliche Überweisung sofort um 30 Prozent gekürzt werden. Erscheint er beim zweiten Termin wieder nicht, soll sie noch einmal um 30 Prozent gekürzt werden. Bleibt auch ein dritter Termin ungenutzt, sollen die Geldleistungen komplett eingestellt werden. 

Alle Leistungen inklusive der Unterstützung zur Unterkunft sollen gestrichen werden, wer auch im Monat darauf nicht erscheint. "Wer nicht mitmacht, wird es schwer haben", sagte Bas. "Wir verschärfen die Sanktionen bis an die Grenze dessen, was verfassungsrechtlich zulässig ist." Härtefälle werden berücksichtigt. 

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Die Verschärfungen würden nicht automatisch für Menschen mit gesundheitlichen oder psychischen Beeinträchtigungen gelten, so Bas. "Wir wollen nicht die Falschen treffen."

Auch das Vermögen der Betroffenen soll weniger geschont werden. Karenzzeiten sollen wegfallen. Das Schonvermögen soll stattdessen an die Lebensleistung geknüpft werden.

Merz-Regierung hat bis tief in die Nacht getagt

CSU-Chef Markus Söder betonte, dass alle baureifen Verkehrsprojekte künftig gebaut werden können – dies gelte sowohl für die Straße als auch für die Schiene. Der bayerische Ministerpräsident fügt hinzu, dass das strikte Aus für den Verbrennermotor nach 2035 falsch sei. Darüber werde man bei dem Treffen mit der Autoindustrie reden.

Der Verkehrsbereich profitiert laut SPD-Co-Chef und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil von Umschichtungen im Sondervermögen zur Modernisierung der Infrastruktur. Die zusätzlichen Milliarden für den Verkehr seien Umschichtungen zulasten der Mikroelektronik. "Es gibt keine Gründe mehr, nicht zu bauen." Die Verhandlungen im Koalitionsausschuss bezeichnet Klingbeil als intensiv.

Aktivrente und Frühstartrente kommen

Auch mit der Rente haben sich Union und SPD bei ihrem Spitzentreffen beschäftigt. Die Aktivrente mit steuerfreiem Zuverdienst bis zu 2000 Euro im Monat soll nach einer Koalitionseinigung auf die letzten Details nun Gesetz werden. Geplanter Startpunkt ist 1. Januar 2026. Darauf verständigten sich Union und SPD bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt, wie die Regierungspartner in Berlin mitteilten. 

Insgesamt wollen Union und SPD ein größeres Rentenpaket gemeinsam mit bisher schon auf den Weg gebrachten Projekten schnüren. Darin enthalten sein soll auch die Haltelinie beim Rentenniveau. 

Auch die Frühstartrente soll kommen: Eckpunkte sollen in diesem Jahr beschlossen werden. Kinder ab dem sechsten Lebensjahr sollen ab dem 1. Januar 2026 pro Monat zehn Euro vom Staat bekommen. Dieses Geld soll in ein individuelles Altersvorsorgedepot fließen.

Die Koalitionsspitzen hatten bis 2 Uhr in der Nacht zu Donnerstag getagt. Nach rund achtstündigen Beratungen über mehrere strittige Themen waren die Spitzen von Union und SPD im Kanzleramt auseinandergegangen.

Besonders aus Sicht der Union soll mit Gesetzesbeschlüssen im Herbst noch die Handlungsfähigkeit der Regierung bewiesen werden. Schlechte Umfragewerte setzen beide Regierungspartner unter Druck.

Hinweis: Dieser Artikel wurde aktualisiert und um weitere Informationen ergänzt.

AFP · DPA · Reuters rw
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