Jetzt gilt’s im Westen: Auf diese Schlüsselstädte sollten Sie achten
Stürzt die SPD weiter ab? Wie stark wird die AfD im Westen? Ein wenig auffällig ist es schon, wie beharrlich im politischen Berlin betont wird, dass Kommunalwahlen ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten hätten; dass es vor allem um die Gesichter vor Ort gehe. Das ist zwar nicht von der Hand zu weisen, ebenso wenig jedoch, dass es bei der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen sehr wohl um mehr geht als die Rathäuser und Landratsämter.

NRW wählt Ein Blick auf ungewöhnliche Köpfe der Kommunalwahl
Am Sonntag sind rund 13,7 Millionen Menschen zwischen Rhein und Ruhr aufgerufen, etwa ihre Oberbürgermeister, Land-, Kreis- und Stadträte zu wählen. Es ist der letzte große Wahlgang in diesem Jahr und außerdem der erste seit Amtsantritt der schwarz-roten Bundesregierung. Der versprochene Stimmungswandel zeigt sich noch nicht.
Insofern hat die NRW-Kommunalwahl auch Testcharakter: Wie zufrieden ist das bevölkerungsreichste Bundesland – ein Querschnitt der deutschen Gesamtbevölkerung – mit der Arbeit von Union und SPD? Die Regierungsparteien im Bund müssen mit empfindlichen Verlusten rechnen, während Linke und AfD von der Unzufriedenheit profitieren könnten. Wenn es so kommt, schwächelt die Mitte erstmals auch im Westen beträchtlich.
Entsprechend gebannt blickt auch Berlin auf die ersten Ergebnisse, die nach Schließung der Wahllokale um 18 Uhr eintreffen werden. Einige Auszählungen dürften aufgrund der Vielzahl der Stimmen bis in den tiefen Abend dauern. Stichwahlen sind für den 28. September angesetzt, da einige OB- und Landratskandidaten im ersten Wahlgang nicht die erforderliche 50-Prozent-Schwelle nehmen dürften. Auf diese Städte sollten Sie besonders achten:
Machtkampf um Köln
Zehn Jahre lang hat die parteilose Henriette Reker als Oberbürgermeisterin die Geschicke in Köln gelenkt. Nach zwei Amtszeiten will sie aber nicht erneut kandidieren. Das sei von Anfang an ihr Plan gewesen, sagt die 68-Jährige. Allerdings haben zuletzt auch ihre Beliebtheitswerte stark gelitten.
Insbesondere SPD und Grüne hoffen nun, den prestigereichen OB-Posten spätestens in der Stichwahl erobern zu können, als Zeichen des Erfolgs und eines gewissen Aufwinds – und auch, um das Augenmerk von zu erwartenden Verlusten in anderen Landesteilen abzulenken.
Das Rennen ist völlig offen. Bei den Bundestagswahlen im Februar hatten die Grünen in Köln zwar einen Vorsprung bei den Erststimmen, die CDU hingegen bei den Zweitstimmen. Ein ähnlich unklares Bild zeichnet eine Erhebung im Auftrag des "Kölner Stadtanzeigers" zur Kommunalwahl in der Millionenmetropole. Demnach haben 24 Prozent eine Präferenz für die Grünen, 20 Prozent zur CDU, 18 Prozent tendieren zur SPD. Das große "Aber": Nur die Hälfte der Befragten ist demnach entschlossen, dann auch für den OB-Kandidaten ihrer bevorzugten Partei zu votieren.

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Bangen um Bonn
Für die Grünen lief es zuletzt ganz und gar nicht. Robert Habeck und Annalena Baerbock, die einstigen Partei-Superstars, haben sich aus der Bundespolitik zurückgezogen. Die Doppelspitze des Parteinachwuchses (Grüne Jugend) schmeißt hin. Und im Berliner Betrieb ringt die Elf-Prozent-Partei um Sichtbarkeit und Profil in der Opposition. Kurzum: Die Grünen könnten dringend eine Erfolgsmeldung gebrauchen. Vielleicht ja aus Bonn?
Dort will Katja Dörner erneut Oberbürgermeisterin werden. Seit 2020 regiert die frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete die einstige Bundeshauptstadt und bewirbt sich um eine zweite Amtszeit. Bei der letzten Kommunalwahl 2020 holte die Bündnispartei in der alten Bundeshauptstadt ein beeindruckendes Ergebnis, war mit 27,9 Prozent stärkste Kraft im Stadtrat – um Haaresbreite vor der CDU (25,7 Prozent) und deutlich vor der SPD (15,6 Prozent). Das war auf dem Höhepunkt der grünen Erfolgswelle im Bund, also schon länger her. Diesmal könnte es sehr eng werden.
Laut Umfrage des Bonner "General-Anzeigers" hat OB-Kandidatin Katja Dörner mit 33 Prozent im Kopf-an-Kopf-Rennen mit CDU-Mann Guido Déus (35 Prozent) aktuell das Nachsehen. Bei der Stadtratswahl liegen die Grünen demnach mit 26 Prozent leicht vor den Christdemokraten, zu denen 24 Prozent der Befragten tendierten.
Rückendeckung aus Duisburg?
Termin um Termin hat Bärbel Bas in Nordrhein-Westfalen abgerissen, um ihre Genossinnen und Genossen im Kommunalwahlkampf zu unterstützen. Soll niemand denken, die neue SPD-Chefin würde sich nicht reinhängen. Schließlich kommt Bas selbst aus NRW. Ihr Wahlkreis liegt in Duisburg, worauf die Bundesarbeitsministerin gern verweist, wenn sie ihre Bodenhaftung unterstreichen will. "Bei mir in Duisburg…", sagt sie dann, oder: "Das Ruhrgebiet ist mein Seismograf."
Insofern lässt sich der Wahlausgang zwischen Ruhr und Rhein auch als persönliche Angelegenheit bezeichnen, wenngleich die Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis "Duisburg I" nicht selbst zur Wahl steht, sondern Sören Link, der seit 2012 amtierende SPD-Oberbürgermeister. Er hat mit großen sozialen Problemen zu kämpfen, gilt aber als ein Mann, der unangenehme Entscheidungen nicht scheut. Kann er das Amt verteidigen? Im September 2017 setzte sich Link zwar bereits im ersten Wahlgang gegen den CDU-Kandidaten durch. Allerdings dürften diese Kommunalwahlen kein Selbstläufer für die Sozialdemokraten werden.

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Bei der Problemlösung vor Ort schreiben die Befragten einer WDR-Umfrage der CDU (22 Prozent) zumindest einen leichten Vorsprung gegenüber der SPD (18 Prozent) zu. Und bei der letzten Kommunalwahl war die SPD Wahlgewinnerin und -verliererin zugleich. Mit 30,8 Prozent stellten die Sozialdemokraten zwar erneut die stärkste Fraktion im Stadtrat, büßten aber im Vergleich zu 2014 mehr als zehn Prozent der Stimmen ein.
Noch eine andere Partei setzt große Hoffnung auf Duisburg: das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Rund 300 Interessierte kamen dort kürzlich zu einer Wahlkampfveranstaltung mit der Parteigründerin – für die Partei, die den Einzug in den Bundestag im Februar knapp verpasste, ist das viel.
Dass es für ein Oberbürgermeisteramt reicht, glaubt man beim BSW zwar selbst nicht. Dort hofft man vielmehr darauf, in "beträchtlicher Stärke", sprich: in Fraktionsgröße, in das eine oder andere Kommunalparlament wie in Duisburg einzuziehen. Denn nur, wenn das Bündnis bei der NRW-Wahl und den Landtagswahlen im kommenden Jahr einen nennenswerten Erfolg verzeichnen kann, dürfte es noch eine Überlebenschance haben.
Allerdings sitzt Wagenknecht ihre frühere Partei im Nacken: Die Linke, die im Westen zu Wagenknecht-Zeiten nie richtig Fuß fassen konnte, schneidet nach ihrem überraschenden Comeback zur Bundestagswahl auch in NRW in vielen Umfragen gut ab.
Zittern in Gelsenkirchen
Es wäre ein schwerer Schlag ins Kontor für die Sozialdemokraten, entsprechend aufmerksam und angespannt blicken auch die Spitzengenossen in Berlin nach Gelsenkirchen. Dort will die AfD den neuen Oberbürgermeister stellen, das rote Revier zu einem blauen machen. Verliert ausgerechnet die selbsterklärte Arbeiterpartei SPD die typische Arbeiterstadt? Das ist die Fallhöhe.

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Grund für die SPD-Sorge ist eine unheilvolle Mischung. Zunächst: Die bisherige Oberbürgermeisterin Karin Welge tritt nicht erneut an, stattdessen kandidiert Andrea Henze für das Amt – und muss folglich auf den Amtsbonus verzichten. Ebenfalls erschwerend für die SPD: Die Arbeitslosenquote in Gelsenkirchen ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, liegt laut Arbeitsagentur bei 15,3 Prozent (Juli 2025). Das könnte Protestwähler in die Arme der AfD und ihres Kandidaten Norbert Emmerich treiben, zumal die Rechtspopulisten bei der Bundestagswahl im Februar einen Erfolg in Gelsenkirchen eingefahren haben. Seinerzeit war die AfD bei den Zweitstimmen mit 24,7 Prozent stärkste Kraft – knapp vor dem bisherigen Platzhirsch, der SPD (24,1 Prozent).
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