Kriminalität von Syrern und Afghanen? „Man muss darauf reagieren“
„Stimmt es, dass Sie als Bayer gar kein Weißbier trinken?“, fragt WELT-Chefredakteur Jan Philipp Burgard Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). Der weist das zurück. „Wie kommen Sie darauf?“ Dobrindt war am Donnerstagabend Gast beim „Politikergrillen“ auf dem Dach des Axel-Springer-Neubaus in Berlin.
„Selbstverständlich“ trinke er auch mal etwas, antwortet Dobrindt. Aber jetzt am Grill wünscht er sich doch lieber ein Mineralwasser. „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich bei Ihnen gerade bei der Arbeit bin.“
Tatsächlich spricht Burgard Dobrindt gleich zum Einstieg auf die Kriminalitätsbelastung syrischer Jugendlicher an. Sie seien fünfmal häufiger tatverdächtig als deutsche Jugendliche, ähnlich sehe es bei Afghanen und Irakern aus. Er zitiert Ahmad Mansour, Psychologe und WELT-Kolumnist, in Deutschland lebender arabischer Palästinenser aus Israel, der von einer massiven Belastung an den Schulen sprach und warnte, Deutschland sei unsicherer geworden. „Hat Herr Mansour recht?“
Dobrindt holt Luft. Der Grill ist noch nicht heiß. Seine Stimme klingt stabil, seine Worte sind eher tastend. „Wir wissen auf jeden Fall, dass die Statistik diese Hinweise gibt.“ Die Afghanen und Syrer stünden an der Spitze, so Dobrindt: „Dieses Problem ist ja nicht erst seit gestern der Fall, und deswegen muss man darauf reagieren.“ Da müsse „aufgearbeitet“ werden, „was sich angestaut hat in den letzten Jahren“.
Burgard zu Dobrindt: „Es wurden in den ersten sieben Wochen laut Bundespolizei nur 285 Asylbewerber überhaupt zurückgewiesen. Warum nur so wenige?“ Dobrindt kontert: „Es wurden vor allem über 7000 Menschen zurückgewiesen, die illegal in unser Land einreisen wollten.“
„Jetzt sagte aber der Bundeskanzler im Bundestag diese Woche ausgerechnet, dass Deutschland – ich zitiere wörtlich – nicht auf Dauer in diesem Modus der Zurückweisungen arbeiten wolle“, entgegnet Burgard. Dobrindt atmet durch. „Wir haben ja das gemeinsame Ziel, dass wir in Europa den Außengrenzschutz stärken“, antwortet er. „Und wenn der funktioniert und das Migrationsgeschehen an den Außengrenzen aufgefangen wird, dann kann man auch wieder auf die Binnengrenzkontrollen verzichten.“
Merz spreche aber von großen europäischen Lösungen, erwidert Burgard: „Das dauert doch Jahre.“ Dobrindt erinnert daran, er treffe in der kommenden Woche die Innenminister anderer europäischer Länder mit dem Ziel, das „europäische Asylsystem noch einmal nachzuschärfen“. Es sei definitiv neu, dass Deutschland seit Jahren „zum ersten Mal nicht im Bremserhäuschen sitzt, wenn es um Migration geht“.
„Lasten, die uns andere Regierung vor die Füße gekippt hat“
Die beiden werfen den Grill an. Gasgrill, wegen der Brandvorschriften des Neubaus. Einen Gasgrill habe er auch zu Hause, sagt Dobrindt. Da trage er auch manchmal ein T-Shirt, außer im Winter. „Ich finde, wenn man gern grillt, dann ist das nicht nur etwas für die Sommersaison, sondern dann kann man es das ganze Jahr über machen.“ Auf den Rost kommen Würste – Bratwürste und „Pizzawürste“. „Da haben wir versucht, etwas Besonderes zu finden“, sagt Burgard. Nackensteaks gibt es auch.
Und während die garen, geht es weiter: Das Berliner Verwaltungsgericht habe gerade einer afghanischen Familie Visa zugesprochen, sagt Burgard. „Das sind jetzt Lasten, die die andere Regierung uns vor die Füße gekippt hat“, antwortet Dobrindt. Das gelte in mehrfacher Hinsicht und ganz besonders im Fall von Afghanistan. Gerichte würden beispielsweise keine Abschiebehaft für Afghanen akzeptieren, weil ungewiss sei, wann die Abschiebung stattfinden könne. Das wiederum liege auch daran, dass Deutschland nicht mit den Taliban rede, und das findet Dobrindt falsch.
„Dass wir jetzt dieses Land nicht diplomatisch voll anerkennen müssen, das ist okay“, sagt er. Wie das sonst gehen solle, wenn doch das Außenministerium – ebenfalls von der Union geführt – direkten Kontakt mit den Taliban ablehne, bohrt Burgard nach. „Wie lösen Sie das jetzt?“
Da wird Dobrindt dann doch konkret. „Unterhalb dieser diplomatischen Anerkennung kann man Vereinbarungen finden. Auf technischer Ebene hat keiner ein Problem.“ Burgard widerspricht: Die Taliban würden als Gegenleistung sehr wohl Anerkennung verlangen, nämlich in Form einer konsularischen Vertretung in Deutschland.
Dobrindt antwortet, die Eröffnung eines Konsulats sei noch keine diplomatische Anerkennung: „Wenn die Taliban Vertreter herschicken, die in Berlin möglicherweise ihren Dienst tun, dann kann das unterhalb einer diplomatischen Anerkennung funktionieren. Und ich hätte kein Problem, wenn wir einen Ansprechpartner hier vor Ort haben für Probleme, die wir lösen wollen.“ Diese Aussage schafft es am Freitag nur wenig später als Nachricht auch in die Agenturen, Portale und Radionachrichten überall in Deutschland. Gegen Ende des Gesprächs lobt Dobrindt: „Die Pizzawurst ist übrigens gut.“
Vom Kruzifix-Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts lässt Dobrindt sich nicht sonderlich beeindrucken: „Allen denjenigen, die sagen, man solle die Kreuze abhängen, sagen wir: Wir wollen diese Kreuze aufhängen.“ Er rät zu einem pragmatischen Umgang. Dann hänge das Kreuz eben über einem anderen Eingang.
Christoph Lemmer berichtet für WELT als freier Mitarbeiter vor allem über die Politik in Bayern.
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