Na toll, Herr Merz: Das Wahlergebnis in Polen geht auch auf Ihre Kappe
An Warnungen hat es nicht gefehlt. Noch im TV-Duell mit Friedrich Merz fragte Olaf Scholz vor der Bundestagswahl seinen Herausforderer Friedrich Merz, wie man "so doof" sein könne, die europäische Einigung zur Migrationspolitik durch einseitige Verschärfungen der Grenzkontrollen zu gefährden. Und als Merz Kanzler geworden war, bedeutete ihm Polens Ministerpräsident Donald Tusk deutlich, was er vom Plan der neuen Regierung halte, Asylbewerber zurückzuweisen: nichts.
Aber der Kanzler blieb stur. In einem Anfall von Möchtegern-Trumpismus hatte er versprochen, vom ersten Tag an die Grenzen abzudichten. Das sollte den Bruch mit der verhassten Flüchtlings-Politik Angela Merkels und den Politikwechsel nach der gescheiterten Ampel-Koalition dokumentieren. So geschah es, gegen alle Widersprüche und ungeachtet rechtlicher Zweifel. Seither preist Merz die neue Härte in der Migrationspolitik, und Innenminister Alexander Dobrindt bläst bei jeder Gelegenheit die angeblichen Erfolgszahlen auf.

Die neue Kanzlerpartei Was gestern galt, ist heute alt: Friedrich merkt's!
Am Wochenende kam die erste politische Rechnung. In Polen hat der nationalkonservative Kandidat Karol Nawrocki die Präsidentschaftswahlen gewonnen. Das bedeutet nichts Gutes für Premierminister Donald Tusk, der damit weiterhin ein mit Vetorecht ausgestattetes Staatsoberhaupt gegen sich hat. Das bedeutet aber auch nichts Gutes für Europa, das so große Hoffnung auf ein liberales Polen gesetzt hat. Einer, bei dem sich Tusk und der Rest Europas für diese Bürde bedanken können, heißt Friedrich Merz.
Friedrich Merz, Dobrindt und ihre Steilvorlage
Dass der Wahlausgang knapp sein würde, war lange klar. Da kam den Kontrahenten jedes Thema recht – und die Regierung Merz/Dobrindt servierte den polnischen Nationalisten mit der verschärften Grenzpolitik einen mobilisierenden Aufreger quasi mundgerecht. "Die Zurückweisung von Migranten", so kommentierte selbst die einer verschärften Migrationspolitik gewiss nicht abgeneigte Frankfurter Allgemeine, "ist für das nationalistische Lager eine Steilvorlage, um gegen Polens Ministerpräsidenten Donald Tusk und dessen Kandidaten für das Präsidentenamt, Rafal Trzaskowski, zu agitieren."
Bei einem Ausgang der Stichwahl von 51:49 liegt es verdammt nahe, dass Merz und Dobrindt mitgeholfen haben, dem Nationalisten Nawrocki die entscheidenden Stimmen zu verschaffen. Groß war der Ärger der polnischen Regierung, die mit einer rigiden Kontrolle ihrer europäischen Außengrenze den Zustrom von Migranten in Richtung Deutschland schon deutlich reduziert hat. Und groß war der Ärger im Grenzgebiet, weil polnische Pendler in den deutschen Kontrollen hängen blieben. So war es kein Zufall, dass Agitatoren im Wahlkampf gerade Görlitz als Ort des Protests wählten: "Zeigen wir den Deutschen, dass wir uns nicht auf der Nase herumtanzen lassen", lautete die Losung.

Karol Nawrocki In Polen gewinnt ein Rechtskonservativer – was bedeutet das für Deutschland?
Das deutsch-polnische Verhältnis geht schwierigen Zeiten entgegen. Aber immerhin hat die Bundespolizei mit großem Aufwand an der polnischen Grenze ein paar afghanische Asylbewerber zurückgewiesen. War es das wert? Donald Tusk hat inzwischen gewarnt, er sei notfalls bereit, europäisches Recht auszusetzen und die Grenze zu schließen, wenn die Deutschen ihm weiter querkommen. Er will sich auf denselben Artikel 72 der EU-Verträge berufen wie Merz. Glückwunsch, Kanzler, tolles Vorbild! Man sieht daran, dass es nicht sehr weit ist von der Beschwörung Europas zu seiner Zerstörung.
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