Der einstige Darts-Dominator Michael van Gerwen steckt in der Dauerkrise. Mittlerweile ist der dreifache Weltmeister sogar in seinem Lieblingswettbewerb völlig von der Rolle. In der Premier League muss "MvG" auf ein kleines Darts-Wunder hoffen.

Die Zeitenwende im Darts steht unmittelbar vor der Vollendung. Zum Leidwesen des langjährigen Überspielers und dreifachen Weltmeisters Michael van Gerwen. Der Niederländer steht nach einem schwachen Auftritt in der Premier League Darts unmittelbar vor dem Aus - am kommenden Donnerstag braucht "MvG" ein kleines Darts-Wunder, um den Sprung in die Playoffs doch noch zu schaffen.

Wie konnte es so weit kommen? Abgesehen von einem, rückblickend betrachtet, überraschenden Turniersieg in München ist der niederländische Darts-Superstar nur noch ein Schatten vergangener Tage. Dabei hatte das Jahr 2025 mit dem Einzug ins WM-Finale fast perfekt begonnen: Die vierte Weltmeister-Krönung im siebten WM-Finale blieb für van Gerwen am 3. Januar zwar aus im Spiel gegen Littler Littler, dennoch war die Botschaft: Mit dem zweiterfolgreichsten Spieler aller Zeiten (nach Phil Taylor) muss in diesem Jahr wieder zu rechnen sein. Van Gerwen gegen Littler, das Duell zwischen dem früheren und aktuellen Darts-Wunderkind hätte das Jahr prägen sollen, wenn es nach "MvG" und wohl auch nach der Profidarts-Organisation PDC gegangen wäre.

15 Niederlagen in 26 Spielen

Doch es sollte anders kommen. Van Gerwen war nur in einzelnen Spielen voll auf der Höhe, hat im Verlauf der Premier League mehr Spiele verloren als gewonnen. 26 Spiele, 15 Niederlagen, 7 davon gegen Weltmeister Littler und den Weltranglistenersten Luke Humphries. Michael van Gerwen kann an guten Tagen noch immer jeden Gegner bezwingen, aber muss sich längst eingestehen, dass er nicht mehr diktiert, wer die Titel und hohen Preisgelder im Dartsport einsammelt. Mit allen voran Littler, aber auch mit Luke Humphries sind zwei Spieler mittlerweile so klar besser und konstanter, dass es den Niederländer schmerzen muss. Stimmt das wirklich?

Aussagen am Rande von Turnieren lassen Zweifel am letzten Biss bei "MvG" aufkommen. Klar ist, der 36-Jährige führt seit einigen Jahren ein gänzlich anderes Leben als zu seiner sportlichen Hochphase. Da ist inzwischen ein Familienurlaub mit Frau und Kindern wichtiger als einzelne Players-Championship- oder European-Tour-Turniere. Das ist per se nicht zu kritisieren, im Gegenteil. Aber es ist ein Erklärungsansatz für den Verlust der jahrelang typischen "MvG"-Dominanz und Aura, die den Niederländer bei jedem seiner Auftritte umgeben hat.

Verletzungen, Missgeschick, fehlender Glaube

Ein anderer Erklärungsansatz für die sportliche Dauerkrise (nach Spitzenspieler-Maßstäben) ist die anhaltende Verletzungsmisere des Niederländers. Die vergangenen Jahre waren von Verletzungspausen und Operationen gekennzeichnet. Im letzten Sommer ließ sich van Gerwen beide Kiefer brechen, um seinen starken Unterbiss zu korrigieren. Seitdem trägt der Weltmeister von 2014, 2017 und 2019 eine Zahnspange. Anfang 2024 musste "MvG" schon einmal eine Operation im Mundbereich über sich ergehen lassen. Im Unterschied zu diesen Eingriffen hatte eine Operation im Sommer 2022 dagegen unmittelbaren Einfluss auf sein Dartspiel. Damals ließ sich van Gerwen am rechten Wurfarm wegen eines Karpaltunnelsyndroms operieren.

Passend zur Pleiten-Pech-Pannen-Premier-League verletzte sich "MvG" nur Stunden vor dem Premier-League-Spieltag in Berlin im April am Nacken, als er ein Sponsoren-Shirt anprobierte. Auch die umgehende Behandlung durch einen Physiotherapeuten konnte das Deutschland-Gastspiel des Niederländers nicht retten. Stattdessen musste van Gerwen sein Spiel gegen Gerwyn Price kampflos verloren geben.

Während "MvG" selbst regelmäßig versucht, Selbstvertrauen und eigene Stärke zu suggerieren, redet sein bester Freund Vincent van der Voort Klartext. "Wenn ich sehe, wie die Dinge laufen, dann ist der Glaube einfach nicht da. Ihm fehlt es an Präsenz, es gibt keine Aggressivität oder Leidenschaft in seinem Spiel", so die Kritik von van der Voort, der bis letztes Jahr auch als Profi im Darts-Zirkus unterwegs war. "Er wirft einfach nur Richtung Brett und hofft auf das Beste."

Kapitaler Fehler im Schlüsselspiel

In das so eminent wichtige Premier-League-Spiel gegen Nathan Aspinall am Donnerstagabend konnte van Gerwen trotz der sportlichen Krise mit der besseren Ausgangslage gehen. In der Tabelle lag "MvG" einen Punkt vor seinem englischen Kontrahenten. Doch dann schlitterte der dreifache Weltmeister und Rekord-Premier-League-Champion (sieben Titel) ins Desaster: Schnell zog Aspinall auf 3:0 davon. Beim Stand von 3:5 aus Sicht des Niederländers unterlief "MvG" ein kapitaler Fehler. Bei 90 Punkten Rest erspielte sich der einstige keinen Dart auf Doppel. Statt zweier Sicherheitswürfe in die Single 20 für eine Chance auf Bull, ging Michael van Gerwen den deutlich riskanteren Weg über die 18, traf aber keines der acht Millimeter schmalen Triplefelder.

Aspinall nutzte die Schwäche seines Gegners gnadenlos aus, gewann das Schlüsselspiel im Kampf um die Playoff-Teilnahme mit 6:3 und zog in der Premier-League-Tabelle an van Gerwen vorbei. Noch schlimmer für den Niederländer: Im weiteren Verlauf des Abends gewann Aspinall auch das Halbfinale gegen Stephen Bunting sowie das Endspiel des 15. Spieltags in Aberdeen gegen Chris Dobey jeweils mit 6:1. Dadurch kamen drei weitere Punkte auf das Konto von Aspinall. In der Tabelle liegt der Engländer jetzt satte vier Zähler vor Michael van Gerwen, der nur noch Fünfter ist.

Nur die ersten vier Spieler in der Tabelle qualifizieren sich für die großen Playoffs am 29. Mai in London. Hier sahnt der Premier-League-Sieger umgerechnet satte 325.000 Euro ab. Nur für den Weltmeister-Titel gibt es traditionell mehr Geld als für den Gewinn der Darts-Eliteliga.

Letzte Chance in Sheffield

Für Michael van Gerwen gibt es nur noch eine einzige Resthoffnung, um die Playoffs doch noch zu buchen: Am kommenden Donnerstag muss "MvG" am letzten Spieltag der Premier-League-Ligaphase unbedingt den Tagessieg einfahren. Nötig sind dafür drei Siege, zunächst im Viertelfinale gegen Nathan Aspinall. Sein Konkurrent im Playoff-Rennen ist allerdings zum absoluten Angstgegner geworden. Vier der fünf direkten Duelle gingen an den Engländer.

In einem möglichen Halbfinale in Sheffield wird es nicht einfacher, dann könnte etwa Überspieler Luke Littler und schließlich im Finale Luke Humphries oder Gerwyn Price auf Michael van Gerwen warten. Dieses Trio ist längst sicher für die Playoffs qualifiziert. Erschwerend kommt hinzu, dass van Gerwen neben Rob Cross der einzige der acht Premier-League-Teilnehmer in dieser Saison ist, der noch keinen einzigen der 15 Spieltage gewinnen konnte.

Bleibt der Niederländer ohne Tagessieg, wäre die Zeitenwende im Darts wohl endgültig vollendet und "MvG" seinen Nimbus als absoluter Spitzenspieler los. Den Titel macht dann mal wieder die Konkurrenz unter sich aus.

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