Sampdoria Genua stürzt in größte Katastrophe der Klubgeschichte
Mit Gianluca Vialli und Roberto Mancini sorgte Sampdoria Genua einst in Europa für reichlich Furore, nun geht es für den abgestürzten italienischen Klub in die Serie C. Wie es dort weitergeht, ist indes unklar.
Die "Gazzetta dello Sport" litt ausdrucksstark mit. Eine "SCHOCKSAISON" rief sie aus, nachdem Sampdoria Genua am späten Dienstagabend abermals abgestiegen war. Der einst große Klub, der in den 1980er-Jahren und Anfang der 90er reüssiert hatte, verschwindet in der Bedeutungslosigkeit. Zum ersten Mal in der 79 Jahre andauernden Geschichte spielt die "Samp" in der kommenden Saison in der Serie C, in der Drittklassigkeit. Auch die Frauen gehen eine Liga runter. Es ist, schreibt die "Gazzetta dello Sport", eine historische Katastrophe.
Der Verein hatte alles versucht, den Absturz zu verhindern. In Übersprungshandlungen wurde eine rettende Maßnahme nach der anderen ausprobiert, um am Ende festzustellen: Vielleicht liegt es doch nicht immer am Trainer? Vier wurden in dieser Saison verschlissen. Unter anderem direkt zu Beginn Andrea Pirlo, die Fußball-Legende. Er hatte das Team in der Saison zuvor in die Aufstiegsplayoffs geführt, war aber früh gescheitert. Der Start in die neue Spielzeit ging schief und nach drei Spielen war's dann vorbei. Für Pirlo.
Und nun auch für Genua. Für Sampdoria. Denn der große Fußball, die Serie A, bleibt in der Stadt. Der verhasste Rivale CFC, dessen große Zeiten im ausgehenden 19. und den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts lagen, hat den Klassenerhalt in der ersten Liga souverän geschafft. Seine Fans machten aus ihrer Schadenfreude über den katastrophalen Absturz des Konkurrenten keinen Hehl. Mit Pyrotechnik feierten sie in den Straßen eine große Party.
Mysteriöse Eigentümer-Geschichte
Sampdoria dagegen liegt in Schutt und Asche. Und das ohne jede Perspektive. Die Eigentümer des Klubs, dabei soll es sich um drei Geschäftsmänner aus Singapur handeln, die enge Verbindungen zum in Italien verbotenen Sportwettenanbieter FUN88 haben, sind dubios. Über diese mysteriöse Verbindung, über Geschäftsgeflechte unter anderem in Luxemburg, berichtete im Januar das Portal "josimarfootball" und warf die Frage auf: Warum sollten die Geschäftsmänner investieren, wenn sie doch kaum davon profitieren könnten?
Der Absturz des Klubs hätte am 38. und letzten Spieltag kaum dramatischer verlaufen können. Bei Juve Stabia gab es ein 0:0, Stürmer M'Baye Niang ließ dabei eine herausragende Gelegenheit zur Führung und zum möglichen Sieg aus. Der Winter-Zugang, er kam mit neun weiteren Spielern, vergab. Alle Konkurrenten der "Blucerchiati" gewannen ihre Partien, sodass 41 Punkte und Platz 18 nicht für den Klassenerhalt reichten. Ein Punkt fehlte Sampdoria auf die Relegationsplätze, zwei auf den direkten Klassenerhalt.
Mancini kann keine Wunder bewirken
Im Abstiegskampf hatte sogar der ehemalige italienische Nationaltrainer Roberto Mancini Sampdorias Trainerduo Attilio Lombardo und Alberico Evani moralisch unterstützt - vergeblich. Mancini wird von den Fans auch fast 30 Jahre nach seinem Abschied von den Liguriern als Profi immer noch verehrt. Er ist noch immer Rekordtorschütze und führte die Samp 1991 zur bislang einzigen Meisterschaft. Gecoacht hat er den Traditionsklub bisher nicht.
Vereinspräsident Matteo Manfredi versprach sich von Mancini Wunderdinge. Allein durch seine Präsenz sollte er das neue Trainerduo mittragen und die Spieler mental stärken. "Roberto ist an unserer Seite und wird uns sicherlich dabei helfen, wieder in die Spur zu kommen. Seine Rolle ist nicht nur formal: Freunde müssen nicht immer da sein, aber seine Anwesenheit wird dauerhaft sein und gefühlt werden", erläuterte Manfredi die Talisman-Absprache. Entscheidende Befugnisse hatte Mancini nicht. Sampdoria gewann seither zwei Spiele, verlor einmal und spielte dreimal Remis. Das letzte Remis war eins zu viel. Der Sargnagel für "Doria".
Die Zeit der großen Stars
Sampdoria Genua, das ist noch immer ein Name, der die Herzen der Menschen erwärmt. Jener Menschen, die in den 80ern und 90ern den Fußball liebten oder lieben lernten. Als die Serie A die beste Liga der Welt war und Verlockung für alle Stars. Mancini ist nur einer von ihnen. Wer sich durch die Geschichte wühlt, der findet große und größte Namen. Hans-Peter Briegel war einst da und Jürgen Klinsmann. Im Tor stand mal Walter Zenga, im Sturm ging Samuel Eto'o auf Torejagd. Aber eine Mannschaft wird besonders verehrt, jene der ausgehenden 80er und beginnenden 90er. Jene, die vom bis heute verehrten Vujadin Boskov geleitet wurde. Die Topspieler damals waren unter anderem Torhüter Gianluca Pagliuca, Verteidiger Pietro Vierchowod, Mittelfeldspieler Attilio Lombardo und die Stürmer Gianluca Vialli und eben Mancini. Erinnerungen an große Zeiten.
Daran anknüpfen konnte der Verein nur noch selten. 1994 gab es noch einen Pokalerfolg, danach eine wilde Achterbahnfahrt zwischen den Ligen. Beginnend mit dem Abstieg 1999. Am Ende der Saison 2010 erreichte das Team um Antonio Cassano den vierten Platz und durfte zu Beginn der darauffolgenden Spielzeit in den Playoffs um die Champions-League-Teilnahme spielen. Dort setzte sich dann aber Werder Bremen auf dramatische Weise durch. Die Saison endete im nächsten Drama: mit dem erneuten Abstieg. Der Liebe der Fans tat das emotionale Auf und Ab keinen Abbruch. In der Zuschauertabelle der Serie B führt Genua mit einem Schnitt von über 23.000 deutlich. Aber was nutzt das alles, wenn die Mannschaft von Beginn an überfordert war?
"Eure Hände sind mit Blut befleckt"
Die Fan-Vereinigung machte ihrem Ärger nach dem Abstieg mächtig Luft. "Eigentümer, Vereinsführung, Spieler, wir werden niemals vergessen, was ihr unserem geliebten Verein angetan habt. Versprechen, Hoffnungen und Pläne zählen nicht mehr. [...] Die Realität ist, dass eure Hände, die von euch allen, mit Blut befleckt sind, und jeder Sampdoria-Anhänger wird euch diese Schuld bei jeder Gelegenheit in Erinnerung rufen. [...] Sampdoria erreicht den tiefsten Punkt ihrer 79-jährigen Geschichte, und das geschieht auf dem Spielfeld, verdientermaßen, weil ihr es nie geschafft habt, im Laufe einer ganzen Saison die Richtung zu ändern."
Einer, der in der jüngeren Klubgeschichte eine große und fatale Rolle spielte, war Ex-Präsident Massimo Ferrero, ein extrovertierter Filmproduzent. Er nahm 2023 nach dem Abstieg aus der Serie A seinen Hut, er hatte es sich mit der Justiz verscherzt. Unter anderem wegen des Verdachts auf Betrug und Geldwäsche. Er soll dem Verein einen massiven Schuldenberg aufgehäuft haben. Von 175 Millionen Euro ist die Rede. Der Klub wurde verkauft, die Liquidität gesichert. Und ist nun eben über Umwege in der Hand des undurchsichtigen Trios aus Singapur geraten, deren weitere Pläne für den Klub völlig unbekannt sind.
Einer, dem das Schicksal des Klubs besonders nahe geht, ist Giuseppe Dossena, Mitglied der Meistermannschaft. Er wütet in italienischen Medien: "Es wurde eine katastrophale Reihe von Fehlern gemacht. Vielleicht aus Gleichgültigkeit, Unfähigkeit und mangelndem Bewusstsein für die Gefahr. Die Geschichte des Klubs erzählt von Trophäen, von einer Mannschaft, die Finals gespielt und große Siege errungen hat. So überrascht zu werden und nicht bereit zu sein, einen Klub wie diesen zu führen, ist schädlich und nicht hinnehmbar." Aber was nun? Bei Sampdoria weiß das offenbar niemand. Nicht mal in Singapur.
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