Erinnern Sie sich noch? Als Niko Kovač im Februar bei Borussia Dortmund als neuer Cheftrainer vorgestellt wurde, gab es im Prinzip zwei Meinungen. Die einen hielten ihn für den falschen Mann am falschen Ort, weil seine Art Fußball nicht zum BVB passe. Er sei nicht modern und innovativ genug, lasse zu defensiv spielen. Die anderen glaubten, es sei ohnehin zu spät, um die Mission noch erfüllen zu können, mit der er beauftragt worden war: die Dortmunder noch irgendwie in die Champions League zu führen.

Es könnte für die Kritiker bald an der Zeit sein, Kovač Abbitte zu leisten. Nach 13 Bundesligaspielen unter der Regie des ehemaligen Bayern- und Wolfsburg-Trainers hatte es der BVB, den Kovač auf Tabellenplatz elf übernahm, in der eigenen Hand: Ein Sieg über Kiel am letzten Spieltag mit zwei Toren Unterschied – und die Mannschaft, auf die bereits mehrfach Abgesänge verfasst worden waren, hätte es doch noch in die Königsklasse geschafft. Das würde, so wie die Saison über weiteste Strecken verlaufen ist, einem Wunder gleichen.

Dabei wäre es vielmehr ein Beleg dafür, wie vorschnell Urteile im Fußball gefällt werden. Über die Qualität einer Mannschaft und – ja, tatsächlich auch – über die Mentalität von Spielern. Es stimmt schon: Die Dortmunder haben viel zu oft in dieser Spielzeit die einfachsten Dinge vernachlässigt, sonst hätten sie die beeindruckende Aufholjagd der vergangenen Wochen ja gar nicht erst hinlegen müssen. Doch sie haben sich aufgerafft.

Dazu brauchte es aber auch einen Trainer, der die Spieler dazu bringt, an ihre Grenzen zu gehen – und der eine klare Spielphilosophie hat, die die Mannschaft nicht überfordert. Es brauchte einen erfahrenen Pragmatiker wie Kovač.

So schaffte der BVB die Trendwende

Der BVB ist wieder in der Spur, weil er die Probleme auf zwei Ebenen attackiert hat. Kovač hat, nachdem auch die ersten Spiele unter ihm verloren gegangen waren, die Grundordnung verändert. Er ließ mit drei Innenverteidigern spielen. Das sorgte für Stabilität. Und das kam – und da wären wir bereits beim Übergang zu zweiten Ebene – auch aus der Mannschaft. Kovač fragte bei erfahrenen Spielern wie Nico Schlotterbeck oder Pascal Groß nach, was sie für notwendig erachten.

Seine größte Leistung ist eine, die nur Wenige dem Coach zugetraut hatte: die psychologische und kommunikative. Kovač kreierte eine Wagenburg-Mentalität. Er nahm die Spieler, die (zurecht) viel einstecken mussten, in Schutz. Er verteidigte sie in der Öffentlichkeit bis aufs Blut und bis an die Grenze seiner eigenen Glaubwürdigkeit. Als er Julian Brandt tatsächlich mit Jamal Musiala und Florian Wirtz verglich, haben sich viele am Kopf gekratzt.

Doch Kovač wusste, was er tat. So redete er Sorgenkinder wie Brandt und auch Karim Adeyemi stark, baute ihr Selbstvertrauen auf. Die Spieler sehen im Trainer einen Verbündeten – von dem sie im Gegenzug dann auch interne Kritik annehmen. Brandt und Adeyemi wurden zu entscheidenden Faktoren in den vergangenen Wochen.

Der BVB muss allerdings den letzten, vermeintlich leichtesten Schritt noch gehen. Daran sind die Dortmunder schon einmal gescheitert. Vor zwei Jahren wähnten sie sich bereits als Deutscher Meister – und erlebten dann am letzten Spieltag einen nervlichen Zusammenbruch, als sie über ein 2:2 gegen Mainz nicht hinauskamen. Doch das ist zwei Trainer her.

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