Der Auftritt war mit Spannung erwartet worden. Als Xabi Alonso am Freitag um 14 Uhr den Presseraum in der BayArena betrat, um über das Bundesligaspiel gegen Borussia Dortmund (Sonntag, 15.30 Uhr/live DAZN) zu sprechen, hatte es wenige Stunden zuvor eine aufsehenerregende Veröffentlichung gegeben. Real Madrid und der Trainer von Bayer Leverkusen haben sich geeinigt, schrieb die spanische Sport-Zeitung „Marca“. Der 43-jährige Baske werde beim Champions League-Gewinner einen Vertrag bis 2028 unterschreiben.

Es sei sicher, so das gemeinhin gut unterrichtete Blatt, dass Alonso auf Carlo Ancelotti folgen wird, der die brasilianische Nationalmannschaft übernehmen wird. Zwischen dem Italiener und dem Verband des fünfmaligen Weltmeisters seien lediglich noch Details zu klären. Deshalb könne Real den Trainerwechsel auch noch nicht bestätigen.

Das tat dann aber Alonso – zumindest in Bezug auf seinen bevorstehenden Abgang. „Es ist besser, wenn ich ins Englische wechsele“, sagte er, obwohl er mittlerweile passabel Deutsch spricht.

„Ich denke, dass der Zeitpunkt gekommen ist, um zu erklären, dass die letzten beiden Spiele dieser Saison meine letzten beiden Spiele als Trainer von Bayer Leverkusen sein werden“, erklärte er – und war dabei sichtlich bewegt. „Es ist ein Moment der gemischten Gefühle“, so Alonso.

Wenn die Königlichen anrufen...

Er betonte seine Dankbarkeit gegenüber den Verantwortlichen des Klubs, die an ihn geglaubt hatten, als sie ihn am 5. Oktober 2022 geholt hatten – ohne dass er damals nennenswerte Erfahrung als Profitrainer gehabt hatte. Vor allen Dingen aber hoffe er darauf, „einen guten Abschied zu haben und diesen Moment gemeinsam mit den Fans zu genießen“. Das wird ihm sicher zuteilwerden – die Partie am Sonntag dürfte ganz unter dem Eindruck seines Abschieds stehen.

Damit ist die Hängepartie, die zuletzt auch für Alonso immer unangenehmer wurde, endlich beendet – wenn auch nach wie vor noch nicht klar ist, wann es eine offizielle Verkündung geben wird, dass er der kommende Real-Trainer werden wird. Vielleicht wird es schon am Sonntagabend, möglicherweise auch erst in drei Wochen der Fall sein. Am Sonntag steht um 16.30 Uhr der Klassiker zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid an. Am 25. Mai ist der letzte Spieltag der Primera Division. Dann, hatte Ancelotti erklärt, werde er selbst über seine Zukunft sprechen. Und dies scheint Reals Präsident Florentino Perez zu respektieren.

In jedem Fall haben die Verantwortlichen von Bayer 04 Klarheit. Rechnen mussten Vorstandschef Fernando Carro und Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes ohnehin damit, dass die Zeit mit Alonso enden wird. Im Zuge der Vertragsverlängerung im vergangenen Frühjahr war es zu einem Gentleman Agreement gekommen, dass der Trainer, wenn er will, vorzeitig gehen kann. Und doch hofften sie lange, dass er bleibt. Dies allerdings zerschlug sich – als Real im Viertelfinale aus der Champions League ausschied. Alonso, der im vergangenen Sommer bereits Offerten von Bayern München und dem FC Liverpool – zwei Klubs, für die er gespielt hatte – abgelehnt hatte, wusste: Wenn die Königlichen jetzt anrufen, musst du zusagen. Denn die melden sich sonst, wenn sie einmal einen Korb gekriegt haben, nie wieder.

Dauerdiskussion um den Trainer beschäftigte das Team

Dennoch zerrte die Ungewissheit lange an den Nerven. Aber was sollten die Leverkusener machen? Xabi Alonso ist nicht irgendwer. Er ist der Mann, dem der Verein die beste Zeit seiner Geschichte verdankt, als die Mannschaft in der vergangene Saison auf imponierende Weise das Double gewinnen konnte. Bayer 04 wird zum Ende der Alonso-Zeit in Deutschland und Europa ganz anders wahrgenommen. Leverkusen ist mittlerweile sexy – dank Xabi. Und der Werksklub wird auch von seinem Vermächtnis profitieren. Besonders, da nun endlich Klarheit herrscht.

„Ich glaube, für jede Mannschaft, für jeden Spieler ist es einfacher, wenn man weiß, wer nächstes Jahr an der Außenlinie steht“, hatte Granit Xhaka am vergangenen Sonntag gesagt, als das Team durch das 2:2 in Freiburg auch die letzte theoretische Chance auf eine Titelverteidigung verspielt hatte. Es gehe darum, Planungssicherheit zu bekommen – zu wissen, wohin die Reise in der kommenden Spielzeit gehen wird.

Das war ein Dilemma. Es gab Spieler, die zu wissen glaubten, dass sie, sollte Xabi tatsächlich doch noch bleiben, keine Perspektiven mehr haben werden. Und wiederum andere, die darüber nachdachten (und nachdenken), sich auch zu verändern, wenn ihr Mentor gehen sollte.

Jonas Hofmann beklagte sich öffentlich, zu wenig Einsatzzeiten zu bekommen. Er müsse „ein bisschen aufpassen“, was er sage, hatte er erklärt. „Ich finde es einfach schwierig, wenn man in der Vorsaison ein solcher Bestandteil der Mannschaft war und wenn man dann so außen vor gelassen wird“, so Hofmann. Der 32-Jährige dürfte noch einmal neu überlegen, nachdem Alsonso für Klarheit gesorgt hat.

Das könnte auch für Robert Andrich gelten. Der Nationalspieler, der in der Rückrunde seinen Stammplatz verloren hat, brach sogar ein Tabu. Die Dauerdiskussion um den Trainer beschäftige das Team sehr wohl, sagte der. Das hatten sowohl Alonso als auch die Leverkusener Verantwortlichen stets bestritten. „Ich finde, dass es nicht zu viel Impact hatte. Die Stimmung ist gut. Wir kämpfen und wir spielen für uns. Es ist für uns kein großes Thema“, hatte der Coach immer wieder beteuert. Das war, wenn überhaupt, Wunschdenken.

Alonso und Co. haben beeindruckende Werte geschaffen

Zumal einige Spieler offenbar auch darauf hoffen, von ihrem Trainer mitgenommen zu werden. Von Jonathan Tah wird behauptet, dass der Abwehrchef, dessen Vertrag ausläuft, darauf spekulieren könnte. Alejandro Grimaldo liebäugelt ohnehin mit einem Wechsel zurück in seine Heimat, bot sich zu zuletzt in einem Radio-Interview mit einem spanischen Sender fast schon an.

Der Abgang von Alonso ist eine Zäsur. Doch er und seine Co-Trainer Sebastian Parrilla und Alberto Encinas, die ihm nach Madrid folgen sollen, hinterlassen ein bestelltes Feld. Sie haben beeindruckende Werte geschaffen. Der Kader wird mittlerweile von „transfermarkt.de“ auf einen Wert von 644,05 Millionen Euro geschätzt. Damit wäre er zwölftwertvollste in Europa. Das ist eine gigantische Vervielfachung gegenüber der Zeit, als Alonso Bayer übernommen hatte: als Tabellensiebzehnter der Bundesliga. Einer der derzeit begehrtesten und besten Profis weltweit ist mit Florian Wirtz (noch) ein Leverkusener.

Bayer 04 ist für die Zeit nach Alonso, bei allem Abschiedsschmerz, gerüstet. Sogar ein Nachfolger scheint in Sicht. Der ausssichtsreichste Kandidat soll derzeit Cesc Fàbregas sein. Der frühere Nationalspieler ist derzeit beim italienischen Zweitligisten Como 1907 unter Vertrag. Gut möglich, dass Spanisch die zweite Amtssprache unter dem Bayer-Kreuz bleibt.

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