Bei der Basketball-EM präsentiert sich der amtierende Weltmeister wie aus einem Guss und zieht mit blütenweißer Weste in die K.-o.-Runde ein. Fünf Siege aus fünf Spielen und Offensiv-Rekorde am laufenden Band untermauern Deutschlands uneingeschränkten Favoritenstatus.

Lassi Tuovi war bedient. "Mal wieder ein beeindruckendes Spiel von ihnen, wie immer in den letzten Jahren", gratulierte Finnlands Coach der deutschen Mannschaft bei der Basketball-Europameisterschaft zum fünften Sieg im fünften Spiel, dem letzten in Tampere. "Um es kurz zu machen: ihre Physis, wie sie ins Spiel gekommen sind, unseren Angriff gestört und selbst attackiert haben. Mehr kann ich nicht sagen." Auch gegen die zuvor ungeschlagenen Hausherren in der mit 12.900 Fans ausverkauften Tampere Deck Arena zeigte das Team von Alan Ibrahimagic eine dominante Leistung in einer ungefährdeten Start-Ziel-Demonstration, bevor es als Gruppenerster die Reise nach Lettland antrat.

Trotz schleppendem Start und immensem Druck der frenetisch angefeuerten Gastgeber stabilisierte Dennis Schröder sein Team (sieben Punkte im Auftaktviertel), ehe Franz Wagner im zweiten Spielabschnitt (13 Punkte) die Kontrolle übernahm. "Das hat richtig Spaß gemacht heute", sagte der Star von Orlando Magic. "Obwohl wir zu viele Offensiv-Rebounds abgaben und zu viele Turnovers hatten, und die Phasen im ersten und dritten Viertel nicht so gut waren ... Es war gar nicht so schlecht für uns, dass es nicht immer läuft. Das hilft uns, ready zu sein fürs Achtelfinale."

Deutschland netzte zum vierten Mal in Folge 50 Punkte oder mehr in Halbzeit eins - ein neuer Rekord für den Basketball-Bund. Noch nie hatte eine deutsche Mannschaft bei einer Europameisterschaft verloren, wenn sie zur Pause mit mindestens zehn Punkten führte. Das war auch gegen Finnland nicht anders. Obwohl die Adler im ersten Viertel nur 21 Punkte erzielten und später, im dritten Spielabschnitt, zum ersten und bisher einzigen Mal im Turnier sogar unter 20 blieben, zog die Defensive merklich an und brachte den fünften deutlichen Sieg locker über die Ziellinie. Die eigentlich offensivstarken Finnen trafen nur 30 Prozent ihrer Würfe aus dem Feld und verloren 22-mal den Ball. "Unsere Defense war außergewöhnlich. Das Wissen, dass wir an beiden Enden gut arbeiten können, ist beruhigend", resümierte ein zufriedener Interimscoach.

Spielerische Dominanz wirkt erstickend

Als Nummer eins und großer Favorit verlässt der amtierende Weltmeister seine Gruppe und blickt laut Ibrahimagic mit "einem guten Gefühl, dass wir guten Basketball spielen und immer verschiedene Spieler einspringen können", auf die nächsten Aufgaben. Nicht nur, weil Deutschland zum ersten Mal in 26 Teilnahmen bei einer Europameisterschaft eine Vorrundenphase ohne Niederlage beendete. Sondern, weil die spielerische Dominanz bisweilen erstickend wirkt.

Auch wenn der DBB um ein Haar an einem neuen ewigen EuroBasket-Rekord vorbeischrammte, als erstes Team überhaupt in fünf Partien in Folge mindestens 100 Punkte aufzulegen, präsentiert sich vor allem die Offensive - nach dem Edikt von Alex Mumbru und Ibrahimagic, noch schneller zu spielen - in Top-Form. Deutschland beendete die Gruppenphase mit einer durchschnittlichen Punktedifferenz von 32,8 pro Partie - der höchste Wert aller Teams seit Jugoslawien im Jahr 1969 (33,0 pro Partie). Keinem anderen Team im 21. Jahrhundert gelang eine Punktedifferenz von 30 Punkten oder mehr. Mit im Schnitt 105,8 erzielten Punkten pro Partie rangiert Deutschland auf Rang zwei in der ewigen EM-Historie, nur die Sowjetunion im Jahr 1985 war noch explosiver (107,4 PPG). Deutschland stellt nicht nur als einziges Team gleich zwei Scorer in der Top-Ten (Wagner, Rang 5 mit 21,6 PPG; Schröder, Rang 7 mit 21,0 PPG), sondern führt alle Teams beim Offensivrating, Net-Rating, der Zweierquote und den getroffenen Dreiern pro Spiel an.

Hinzu kommt eine ebenso angsteinflößende Abwehr, die bei sowohl bei den Steals als auch bei den Blocks an Nummer eins in diesem Turnier rangiert. "Defense ist ein Hauptbestandteil in unserem Game. Wir haben Länge, Spannweite und eine Menge Athleten, die viel Raum abdecken können", sagt Ibrahimagic, dessen Mannen NBA-Star Lauri Markkanen am Mittwoch zu 11 Fehlwürfen bei 15 Versuchen zwangen und nur elf Punkte erlaubten. Gegen Finnland stellte Deutschland mit zehn Blocks nicht nur eine neue persönliche Bestmarke auf, sondern egalisierte auch den FIBA-EM-Rekord in diesem Jahrhundert. Neun der elf eingesetzten deutschen Akteure verbuchten mindestens einen Steal oder Block. Soviel Power und Dynamik an beiden Enden ist beeindruckend. "Die jetzige Basketball-Generation ist die beste, die wir je hatten", urteilte der 123-fache Nationalspieler und Silbermedaillengewinner von 2005, Dennis Wucherer exklusiv bei RTL/ntv und sport.de.

"Jetzt keine Schwächen zeigen"

Kontinuität, Balance und Qualität scheinen selbst nach der Hochwassermarke 2023 ein neues Level erreicht zu haben. All das scheint für den stets besonnenen Coach keine große Rolle zu spielen. "Heute haben wir schlecht geworfen und trotzdem einen Sieg gefeiert. Die Mannschaft tritt sehr entschlossen auf, die Jungs haben sehr viel Erfahrung, haben zusammen Medaillen gewonnen. Sie wissen aber auch, dass alles bisher nichts zählt. Sie wissen, dass es in Riga von vorne losgeht und jetzt ein völlig neues, brutales Turnier bevorsteht."

In der Tat birgt jede K.-o.-Phase ihre eigene Gefahr, bringt ihre eigene Dynamik mit sich. Die Tagesform wird ebenso entscheidend wie das jeweilige Matchup, die Kompatibilität des eigenen Gameplans muss sich den Stärken und Schwächen des Gegners stellen, die viel akribischer planen und taktieren können. Jeder Fehler muss minimiert, jede Fähigkeit nachhaltig geschärft werden. "Ab jetzt herrscht eine völlig andere Stimmung, jetzt geht es völlig anders weiter", weiß auch der verletzte Moritz Wagner, der die EM diesmal als Experte begleitet. "Ein schlechter Tag, und es ist vorbei."

Zum Glück kann Deutschland auf mehr harte und softe Skills zurückgreifen als jeder Gegner in diesem Wettbewerb. "Wir sind besser geworden", sagt Ibrahimagic. "Defense wird für uns entscheidend sein in der nächsten Phase. Denn vorne haben wir genug Talent, um immer zu scoren."

Dank Schröder. Dank Wagner. Dank des Restes dieser Mannschaft. "Wir hatten wundervolle Tage hier in Tampere, haben super gespielt. Aber am Ende des Tages haben wir noch nichts erreicht. Ich denke, wir sollten alle bodenständig bleiben, denn es wird ein völlig neues Turnier in Riga, und darauf müssen wir uns fokussieren", fordert Kapitän Schröder von seinen Teamkollegen, mit denen er wie vor zwei Jahren in Manila eine weitere Goldmedaille gewinnen will. "Wir müssen einfach nur auf uns gucken, unseren Basketball spielen. Wenn wir das tun, das habe ich immer betont, haben wir immer eine gute Chance auf den Sieg. Und genau das wollen wir natürlich auch am Samstag tun." Deutschland trifft dann auf Portugal, Live bei RTL ab 14:15 Uhr.

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