Für Tadej Pogacar könnte es kaum schlechter laufen
Die ersten Tour-Tage laufen ganz prima für Tadej Pogacar. Auf seinen größten Konkurrenten im Kampf um die Gesamtwertung, auf den Dänen Jonas Vingegaard, fährt der Slowene einen guten Vorsprung raus. Doch dann folgen bittere Tage, die noch folgenlos sind.
Doch, es hätte noch schlimmer kommen können für Tadej Pogacar. Der große Favorit auf den Gesamtsieg bei der Tour de France hätte am späten Mittwochnachmittag auch aus der Frankreich-Rundfahrt ausscheiden können. Er war gestürzt, weil Tobias Johannessen seine Fahrlinie verlassen hatte, Pogacar hing sich an dessen Hinterrad auf. In seiner slowenischen Heimat war die Sorge groß: "Schwer gestürzt! Pogacar schlug mit der Schulter gegen den Bordstein. Er rappelte sich schnell auf, aber der Sturz sah schrecklich aus", schrieb die Zeitung "Dole".
Johannessen sprach von einem "Fehler" seinerseits. "Es fühlt sich scheiße an", offenbarte der 25-Jährige vom Team Uno-X Mobility. Gleichzeitig beklagte der Radsport-Profi Hass-Nachrichten, die ihn erreicht hätten. "Ich wünsche niemandem diese Anzahl an Drohungen, die ich erhalten habe. Es tut mir sehr leid, aber ich bin auch erschüttert von all dem Hass. Das ist sehr beängstigend", offenbarte er.
Wie schlimm es um den Slowenen steht, aktuell Gesamtzweiter, wie sehr ihn der Sturz beeinflusst, wird sich bereits auf der 12. Etappe an diesem Donnerstag zeigen. Vor allem am finalen Anstieg hoch nach Hautacam. Die durchschnittliche Steigung an diesem enorm schweren Berg beträgt 7,8 Prozent. 2022 gewann hier zuletzt Jonas Vingegaard. Der hatte am Mittwoch, wie alle anderen Topfahrer, darauf verzichtet, Kapital aus dem Sturz von Pogacar zu schlagen. Nach dessen Unglück hatten sie gewartet. Offenbar auf Initiative des Olympiasiegers Remco Evenepoel, der mehrfach "Stopp" gerufen haben sollen. Und so waren sie gemeinsam mit ihm ins Ziel gefahren. "Respekt an das Hauptfeld, Respekt an jeden. Danke", sagte Pogacar später.
Pogacar bleibt unter Beobachtung
Doch viel mehr Nachsicht wird der Superstar nicht erwarten können. Im Kampf um das Gelbe Trikot stehen nun die entscheidenden Etappen an. Und Pogacar steht dabei mehr unter Druck als ihm lieb sein könnte. Nicht nur wegen der Sturzfolgen, die ihn aber laut Teammitteilung nicht groß beeinträchtigen sollten. Er habe Prellungen und Schürfwunden am linken Unterarm und an der Hüfte. "Aber ansonsten geht es ihm gut. Wir werden ihn weiter beobachten, aber zum jetzigen Zeitpunkt ist er medizinisch in der Lage, weiter Rennen zu fahren." Der Slowene sagte: "Mir geht es ganz ok, ein bisschen angeschlagen, aber wir haben schon schlimmere Tage erlebt. Ich hatte Angst, als ich den Bürgersteig auf mich zukommen sah, dass ich mit dem Kopf dagegen pralle. Aber glücklicherweise ist meine Haut rau und hat mich vor dem Randstein gestoppt."
Das hatten sie bei UAE zuvor schon bei Joao Almeida gedacht. Der Edelhelfer des Slowenen war auf der siebten Etappe schwer gestürzt. Das Team ließ ihn vorerst weiterfahren. Trotz eines "unkomplizierten Rippenbruchs" und "schweren Schürfwunden". Der Portugiese aber musste sich den Verletzungen dann doch beugen. Eine bittere Nachricht für ihn selbst, aber vor allem für seinen Kapitän. Der hatte voll auf die physische und psychische Hilfe von Almeida, Gesamt-Vierter im vergangenen Jahr, im Hochgebirge gehofft. "Er war ein wichtiges Puzzleteil, besonders in den Anstiegen. Wir haben bisher nicht viele Berge gesehen - da wäre es schon hilfreich gewesen, ihn dabei zu haben. Jetzt geht es aber erst richtig los. Er wird uns fehlen", sagte Teamkollege Adam Yates.
Der Druck vor allem auf Yates steigt
Dort ist nun vor allem er, Yates, gefragt, der bislang aber eine äußerst unscheinbare Tour fährt. Schont er noch seine Kräfte? Oder ist er nicht mehr in der Form der vergangenen Jahre? 2023 war er Dritter geworden, 2024 fuhr er auf Platz sechs ein. Aktuell liegt er nur auf Rang 38. Dabei kam ihm das Terrain bislang noch nicht entgegen, wie er verriet: "Für mich war es ehrlich gesagt ziemlich schwierig, auf der Ebene viel zu machen, wenn wir mit 50 km/h unterwegs sind." Noch stärker gefordert sind nun auch Marc Soler und Jhonatan Narváez.
Das Blatt nach einem bärenstarken Start in die Tour hat sich für Pogacar und UAE gewendet. Im Zeitfahren war er Vingegaard, seinem einzig echten Herausforderer, davongeflogen und zeigte sich auch sonst an den knackigen Rampen in der Bretagne und Normandie sehr stark und explosiv. Nun aber geht es mit dem doppelten Schock in die Berge. Und plötzlich scheint es so, als läge der Vorteil bei Vingegaards Team Jumbo Lease a Bike. Dieses war schon vor der Tour extrem stark eingeschätzt worden und zeigte in den vergangenen Tagen, wie gut es drauf ist. Simon Yates, Bruder von UAE-Mann Adam, etwa gewann das knüppelharte 10. Teilstück. Matteo Jorgenson macht einen herausragenden Eindruck und Sepp Kuss, eine kaum zu bremsende Bergziege, lauert auch noch.
Das Team macht 80 Prozent des Erfolgs aus
Wie wichtig das Team für den Erfolg des Kapitäns ist, hatte Ex-Profi Rick Zabel vor dem Start der Tour im Interview mit ntv.de erklärt: "Ich würde sagen, dass ein Typ wie Pogacar die letzten 20 Prozent alleine ausmacht, dass er aber eben auch zu 80 Prozent von der Arbeit seiner Teamkollegen profitiert. Wäre er alleine, wäre er auch nicht so stark. Das ist klar. Eine Bergankunft würde er sicher überleben, aber nicht eine ganze Tour."
In der Gesamtwertung liegt Pogacar hinter Ben Healy derzeit auf Rang zwei, aber der Ire wird im Hochgebirge kaum eine Chance haben, das Gelbe Trikot lange zu verteidigen. Wichtiger für den Slowenen ist der Vorsprung auf Vingegaard, der beträgt weiter 1:17 Minuten.
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