Mit der Wein-Straßenbahn in Südafrikas Gourmet-Himmel
Wer sich als Genießer nicht entscheiden kann, setzt sich einfach in die Wein-Tram. In der Doppeldecker-Straßenbahn geht es durch sanfte Weinberge zu den Weingütern im Franschhoek-Tal. Wo es einem gefällt, steigt man aus. Zu Weinproben und Picknick, Mittagessen und Weinkeller-Führungen.
Diese Art der Fortbewegung ist über die Jahre immer beliebter geworden, sodass es inzwischen fünf verschiedene Wein-Linien in Franschhoek gibt. Wer will, besteigt schon in Kapstadt ein Shuttle. Am Ortseingang grüßt ein Schild mit den Worten: „Welcome to the Wine and Food Capital of the Cape“. Franschhoek, nur gut eine Fahrstunde östlich von Kapstadt gelegen, hat sich zu einem Pilgerort für Feinschmecker und Weinkenner gemausert.
Zwar wird in den führenden Küchen in Südafrikas Metropole Kapstadt schon seit Langem auf Spitzenniveau gekocht, etwa im „Fyn“ im Zentrum oder bei „La Colombe“ im Villenvorort Constantia. Doch das überschaubare Franschhoek, also das Franzosen-Eck, kann in Sachen Haute Cuisine mithalten.
Dass der Ort zu einem Hotspot der Spitzengastronomie avancieren konnte, hat eine geschichtliche Wurzel: die Flucht der Hugenotten, der französischen Protestanten, im späten 17. Jahrhundert. Anno 1598 hatte das Edikt von Nantes zwar für mehr religiöse Toleranz im Frankenreich gesorgt. Unter Ludwig XIV., dem sogenannten Sonnenkönig, fand die Religionsfreiheit jedoch am 18. Oktober 1685 ein jähes Ende. Er verbot den Protestantismus im Land.
Hugenotten brachten das Savoir-vivre
Die Hugenotten, ihres Glaubens und Lebens nicht mehr sicher, mussten entweder Katholiken werden oder ins Exil gehen. Eine Fluchtwelle setzte ein, in deren Verlauf mehrere Hunderttausend Franzosen ihrer Heimat den Rücken kehrten.
Einige Dutzend Familien zogen bis an die Südspitze Afrikas, wo niederländische Händler im Jahr 1652 bereits eine Siedlung gegründet hatten, das spätere Kapstadt. Um 1689 ließen sich die hugenottischen Flüchtlinge im Umland nieder, und zwar in einem Tal, das damals Olifantshoek genannt wurde, Elefanten-Eck, der Dickhäuter im Busch wegen.
Sie brachten französisches Savoir-vivre mit – und hatten Vitis vinifera im Gepäck, die Weinrebe. Diesen Siedlern ist es zu verdanken, dass am Südzipfel Afrikas – vor allem im heutigen Kap-Weinland rund um die Städte Stellenbosch, Paarl und Franschhoek – seit mehr als drei Jahrhunderten Wein angebaut und gekeltert wird.
Huguenot Street heißt denn auch die Hauptstraße von Franschhoek, in der im Laufe der Zeit Kirche, Post, Gericht, Banken und Läden ihren Platz fanden. Am östlichen Ende wurde den Hugenotten ein Denkmal gesetzt und ein kleines, sehenswertes Heimatmuseum eingerichtet. In jüngerer Zeit sind Galerien und Boutiquen hinzugekommen sowie ein Markt für Kunsthandwerk.
In erster Linie ist die Hugenottenstraße jedoch eine Art hübsche Fressgasse, in der sich ein Straßencafé, Bistro und Lokal an das andere reiht. Insgesamt zählt Franschhoek mehr als 50 Restaurants. Empfehlenswert sind etwa das „Épice“, „La Petite Colombe“ oder „Protégé“, die „Orangerie“ und das „French Connection“.
Und dann sind ringsum auch noch die gut 40 Weingüter, wo man einkehren kann – und sollte. Der Historie geschuldet, tragen viele von ihnen französisch inspirierte Namen. Zu den etablierten Winzern gehören „Haute Cabrière“, „La Motte“, „La Provence“ und „Mullineux & Leeu“.
Afrikanischer Champagner
Die Palette der im Fraschhoek-Tal kultivierten Trauben ist breit. Bei den Roten setzen die Winzer unter anderem auf Cabernet Sauvignon und Shiraz, bei den Weißen auf Chardonnay, Sauvignon Blanc und Chenin Blanc.
Außerdem spielt natürlich Bubblies eine große Rolle: Schaumwein, in Südafrika umgangssprachlich M.C.C. genannt. Das Kürzel steht für „Méthode Cap Classique“ und verweist auf die „Méthode Champenoise“, die in der französischen Region Champagne angewandte Produktionsweise mit Flaschengärung und önologischer Finesse. Afrikanischer Champagner gewissermaßen.
„In Franschhoek gibt es eben alles, was gut ist“, sagt Bo Raattamaa, Anfang 70, ein aus Schweden stammender Pensionär und Feinschmecker, der jüngst mit seiner südafrikanischen Frau hierhergezogen ist. Das Paar kam der opulenten Natur und guten Versorgungslage wegen, aber auch wegen der Nähe zum Kulturleben in Kapstadt.
Was es hier nicht gibt, ist Fast Food. Okay, es gibt ein Café der amerikanischen Kette Starbucks. Doch Restaurants von McDonald’s, Kentucky Fried Chicken oder Pizza Hut sucht man vergebens. „Vor vier Jahren, wollte ein KFC im Ort öffnen“, erinnert sich Jacq-Louie Manuel, der im Gemeinderat mitwirkt und im Weinguthotel „La Residence“ an der Rezeption arbeitet. „Aber das wurde abgelehnt.“
So wirkt Franschhoek wie ein Schlemmerdorf, selbst im Lebensmittelgeschäft. Der kulinarische Ehrgeiz zeigt sich bereits an der Käse-Ecke im Checkers-Supermarkt im Ortskern. Hier gibt es reichlich südafrikanische Molkereispezialitäten in der Kühltheke, etwa der Blauschimmelkäse Karoo Blue, der für sein nussiges Aroma gerühmte Huguenot von Dalewood Fromage oder Brie und Camembert vom Kap der Guten Hoffnung.
Daneben können Kunden hier auf den Punkt gereifte Spezialitäten aus Frankreich erstehen, aus Italien und der Schweiz, aus Deutschland, den Niederlanden und zig anderen Ecken der Erde. Insgesamt führt man in dem Lebensmittelladen 400 verschiedene Käsesorten – und wirbt auf einem Plakat vor der Eingangstür selbstbewusst dafür.
Die Preise für den Genuss sind aus deutscher Sicht übrigens günstig. Eine gute Flasche Afrika-Champagner, zum Beispiel aus der Kellerei Graham Beck, kostet im Laden etwa zwölf Euro, ein Sechs-Gänge-Menü in einem Gourmetlokal mit passenden Weinen typischerweise um 120 Euro.
Beachten müssen hungrige Besucher allerdings, dass Franschhoek trotz aller kulinarischen Raffinesse ein Provinznest geblieben ist. Am Abend werden die Bürgersteige hochgeklappt, selbst zur Hochsaison im Sommer schon gegen halb neun oder neun Uhr.
Viele Straßencafés machen sogar schon am Nachmittag dicht. Wer schlemmen will, sollte also zeitig kommen und am besten eine Reservierung getätigt haben. Denn auch wer hier zu spät kommt, den bestraft das Leben.
Tipps und Informationen:
Wie kommt man hin? Franschhoek liegt eine Autostunde östlich von Kapstadt im Landesinneren. Die Anfahrt mit Uber kostet ab 25 Euro pro Strecke. Alternativ: Mietwagen (ab 20 Euro/Tag). Bustransfers zur Wine Tram in Franschhoek unter winetram.co.za. Über viator.de sind Tagesausflüge mit der Wine Tram und Transfer ab/bis Kapstadt buchbar (ab 80 Euro).
Wo wohnt man gut? Zum Beispiel in Weinguthotels. Das „La Residence“ ist ein Zwölf-Hektar-Anwesen mit Suiten und Bungalows, umgeben von Weinbergen. Es ist das Lieblingshotel des britischen Popmusikers Elton John (der stets in Suite Nummer 11 wohnt). Doppelzimmer mit Transfer ab 790 Euro (theroyalportfolio.com). Das „Mont Rochelle“ mit 26 Zimmern und Suiten gehört dem britischen Unternehmer Richard Branson. Doppelzimmer ab 330 Euro (virginlimitededition.com/mont-rochelle). In Franschhoek gibt es zahlreiche Airbnb-Unterkünfte (ab 50 Euro).
Weitere Infos: franschhoek.org.za
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