EU-Reform könnte Entschädigung bei Flug-Verspätung deutlich erschweren
Hat ein Flug mehr als drei Stunden Verspätung, haben die Passagiere in der Regel Anspruch auf eine Entschädigung. Eine EU-Reform könnte das nun ändern. Scharfe Kritik kommt von Verbraucherschützern, die längere Wartezeiten und weniger Zahlungen an Passagiere befürchten.
Was gilt bisher?
Ab einer Verspätung von drei Stunden können Passagiere eine pauschale Entschädigung beantragen, sofern die Fluggesellschaft die Wartezeit verschuldet hat. Für Flüge bis 1500 Kilometer gilt ein Anspruch in Höhe von 250 Euro, für Flüge bis 3500 Kilometer bekommen Passagiere 400 Euro und für Langstreckenflüge mit mehr als 3500 Kilometern 600 Euro. Bei "außergewöhnlichen Umständen" wie Naturkatastrophen gilt das nicht.
Was könnte sich ändern?
Die EU-Länder beraten über Vorschläge der EU-Kommission aus dem Jahr 2013, die Schwelle für eine Entschädigung deutlich anzuheben.
250 Euro gäbe es demnach erst ab fünf Stunden Verspätung und für Flüge bis 3500 Kilometer. Ab neun Stunden Verspätung gäbe es 400 Euro, wenn die Flugstrecke mehr als 3500 Kilometer innerhalb der EU oder mehr als 6000 Kilometer außerhalb der EU beträgt. Der höchste Betrag von 600 Euro würde nur für Flüge mit mehr als 6000 Kilometern und mehr als zwölf Stunden Verspätung fällig.

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Die Änderungen sind Teil einer Reform, die auch Verbesserungen für die Passagiere vorsieht. Die Kommission will den Fluggesellschaften etwa verbieten, für Handgepäckstücke mit maximalen Maßen von 40x30x15 Zentimetern eine zusätzliche Gebühr zu verlangen.
Was sagen Verbraucherschützer?
Organisationen wie BEUC und das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz gehen davon aus, dass mit einer solchen Reform rund drei Viertel der bisherigen Ansprüche hinfällig würden. "Das ist ein nicht hinnehmbarer Rückschritt", schreiben die Organisationen in einem gemeinsamen Brief an die Vertretungen der 27 EU-Länder in Brüssel.
Die Verbraucherschützer fordern zudem eine Einschränkung der "außergewöhnlichen Umstände", unter denen die Unternehmen keine Entschädigung zahlen müssen. "Streiks beim Personal der Fluggesellschaften sind zum Beispiel nicht außergewöhnlich", argumentieren die Organisationen mit Blick auf entsprechende Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).
Wie argumentieren die Fluggesellschaften?
Nach Ansicht des Branchenverbandes A4E (Air for Europe) würde ein höhere Schwelle dazu führen, dass weniger Flüge ausfallen. Die Logik: Sei die Verspätung so groß, dass eine Entschädigung fällig würde, strichen die Fluggesellschaften den Flug häufig ganz. Eine höhere Schwelle gebe den Unternehmen zudem mehr Zeit, Ersatzmaschinen bereitzustellen.
Wie steht die Bundesregierung dazu?
Als Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz ist in Berlin Stefanie Hubig (SPD) für das Gesetz zuständig. Sie versprach, sich für die Rechte der Flugreisen einzusetzen: "Verbraucherrechte sind kein Luxus, den man in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten einfach abschaffen kann", erklärte sie. "Deutschland kann in Brüssel keiner Regelung zustimmen, die einseitig an den Interessen der Airlines ausgerichtet ist."

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Die Bundesregierung hat nach übereinstimmenden Angaben mehrerer EU-Diplomaten deshalb einen Gegenvorschlag eingebracht. Demnach soll die Schwelle weiter bei drei Stunden liegen, die Entschädigung aber pauschal 300 Euro betragen und damit im Schnitt geringer ausfallen.
Für welchen Vorschlag gibt es eine Mehrheit?
Das ist noch unklar. Polen, das derzeit den Vorsitz im Rat der 27 Mitgliedstaaten innehat, treibt die Verhandlungen voran und hofft auf einen Kompromiss, der auch dazwischen liegen könnte. Bis zum Treffen der EU-Verkehrsminister am kommenden Donnerstag in Luxemburg soll weiter an einer Einigung verhandelt werden.
Wie geht es danach weiter?
Kommt eine Einigung zustande, muss der Rat im Anschluss mit dem Europaparlament verhandeln. Einige Abgeordnete sind allerdings verärgert, weil der Rat auf ein Sonderverfahren setzt, das dem Parlament weniger Zeit für eine Stellungnahme gibt. Der für die Verhandlungen zuständige Abgeordnete Andrey Novakov (Konservative) sprach von "Erpressung" seitens des Rats.
Das Parlament brauche Zeit, um eigene Vorschläge zu machen, sagte Novakov der Nachrichtenagentur AFP. "Das funktioniert unter Zeitdruck nicht", betonte der Abgeordnete. Trotz des beschleunigten Verfahrens dürften die Verhandlungen aber erst im Herbst weiter an Fahrt aufnehmen.
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