Lars Klingbeil will zeitnah Einzelgespräche mit den Ministerinnen und Ministern über den Haushalt 2025 führen. Es soll auch gespart werden. Ziehen die Kollegen mit?

An der Größe seiner Aufgabe sind schon Politiker gescheitert, die besser im Stoff standen als er selbst. Vielleicht hat Lars Klingbeil deshalb rhetorisch vorgebaut, sicher ist sicher. Zwar will der neue Finanzminister sein Haus als "Investitionsministerium" verstanden wissen. Gedankenlos verprassen will der frisch gekürte schwarz-rote Kassenwart die neuen Finanzmittel der Koalition aber auch nicht. 

Nun beginnt die entscheidende Phase für die Aufstellung des Haushalts. Der Finanzminister will zeitnah Einzelgespräche mit jeder Ministerin und jedem Minister führen. Dieser Tage sollten die Kollegen ihre finanziellen Vorstellungen präsentieren. 

Als Finanzminister werde er darauf drängen, kündigte Klingbeil im Vorfeld an, dass jedes Ministerium Einsparungen vorbringt. Und damit es auch jeder versteht: "Sich zurückzulehnen, weil wir das 500-Milliarden-Sondervermögen für Infrastruktur haben und die Verteidigungsausgaben jetzt von der Schuldenbremse ausgenommen sind, das geht nicht."

Klingbeils Dilemma Der Finanzminister schwimmt in Geld – und muss trotzdem sparen

Die Botschaft ist klar und doch paradox: Obwohl Schwarz-Rot viele Milliarden mehr ausgeben kann, um etwa marode Brücken und die zuverlässig unzuverlässige Bahn zu sanieren, soll und muss im Staatshaushalt gespart werden. Schließlich sind die vielen Vorhaben, die auch das Wirtschaftswachstum aus dem Knick holen sollen, nicht umsonst zu haben. 

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Fragt sich, ob die Fachministerinnen und Fachminister sich der Losung widerstandslos anschließen. Oder macht Schwarz-Rot da weiter, wo die Ampel aufgehört hat?

Lindner monierte "exorbitante Wunschzettel"

Im schwarz-roten Vertragswerk heißt es schnörkellos: Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrags stünden unter Finanzierungsvorbehalt. Auch Klingbeil betont das immer wieder. Das macht die Gespräche nicht einfacher. 

Je mehr Geld die Minister für ihre Einzeletats herausholen, desto mehr Wirkmacht und Gestaltungskraft kommt ihnen zu. Darauf dürften die wenigsten, viele neu im Amt und noch ohne Profil, freiwillig verzichten. 

Wie tückisch diese Ressortabstimmungen sein können, konnte Klingbeil bei seinem Amtsvorgänger beobachten. Auch Christian Lindner, der FDP-Finanzminister der Ampel-Koalition, wollte die Ministerien zum Sparen verpflichten – und hatte 2023 plötzlich Bundeskanzler Olaf Scholz mit am Tisch sitzen. 

Einige Ressorts hatten sich quergestellt, der Kanzler kam zu Hilfe. Ein ungewöhnlicher Vorgang. Im vergangenen Jahr platzte Lindner dann bei der Finanzplanung der Kragen. Eine Handvoll Ministerien habe "exorbitante Wunschzettel eingereicht", schimpfte Lindner, diese würden für "Weihnachten, Ostern und Geburtstag zusammen" reichen. Gleich mehrere Ministerien hatten Lindners Vorgaben für den Haushalt 2025 gerissen. 

Lars Klingbeil und die "herausfordernden Haushaltsgespräche"

Zustande kam dieser Haushalt nie. Stattdessen zerbrach die Koalition darüber. Nun ist es also an Klingbeil, Lindners Nachfolger, im Eiltempo den Haushalt für das laufende Jahr ins Ziel zu bringen. Solange nämlich befindet sich Deutschland in der sogenannten vorläufigen Haushaltsführung. Der Staat gibt in dieser Phase nur das Nötigste aus, um seinen Verpflichtungen (etwa Sozialausgaben) nachzukommen.

Die CDU findet das gar nicht so schlecht, wollte sie doch sparen. Klingbeil muss die Zeit schnell hinter sich lassen, wenn er zum "Investitionsminister" wachsen will. 

Daher macht der Finanzminister nun Tempo. Noch vor der parlamentarischen Sommerpause will will er den Haushaltsentwurf 2025 im Kabinett beschließen lassen. Im September soll der Etat im Bundestag verabschiedet werden. Parallel gleist Klingbeil bereits den Haushalt für 2026 auf, der gegen Ende des Jahres stehen soll. Sich in endlosen Debatten zu verlieren – wie zu Ampel-Tagen – ist bei diesem Zeitplan kaum drin.

"Wir stehen vor herausfordernden Haushaltsgesprächen, die von der angespannten finanziellen Lage des Bundes und von den Chancen der Sondervermögen geprägt sind", sagte SPD-Fraktionsvizin Wiebke Esdar dem stern. Die SPD-Fraktion setze sich dafür ein, dass "zusätzliche Investitionen" etwa in die Bildung, Verkehrsinfrastruktur und den sozialen Zusammenhalt auch unter "schwierigen Bedingungen" möglich seien. 

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Das Wirtschaftswachstum stagniert, die Steuereinnahmen fallen geringer aus als erwartet – ein Selbstläufer wird die Aufstellung der Etats nicht. Allein für den Bundeshaushalt 2025 soll eine Finanzierungslücke von rund 30 Milliarden Euro klaffen, berichtete das "Handelsblatt" im März. 

Die Ampel-Koalition hat es auch deswegen zerlegt, weil sie sich in eine haushaltspolitische Sackgasse manövriert hatte. Wie die Lücke schließen, zu welchem Preis? Die neue Regierung hat finanzielle Spielräume, von denen manch Ampel-Politiker nur träumen konnte. Bis Ende des Jahres ist zudem eine Reform der Schuldenbremse verabredet.

Für Klingbeil selbst wird die Haushaltsaufstellung auch zum Test seiner Autorität als Finanzminister und Vizekanzler. Geht alles glatt, oder kommt es zu Raufereien? Auch wird sich zeigen, ob die Einsparungen nur kosmetischer oder auch substanzieller Natur sind. Dass Klingbeil auch als Kassenwart gesehen werden will, der die Staatsgelder gewissenhaft verantwortet, ist offensichtlich. Auch die ehemaligen grünen Koalitionspartner werden dem Neuen auf die Finger schauen. Sie warnen schon vor Tricksereien mit dem Sondervermögen.

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