Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange (SPD) hat ihr Amt niedergelegt. Dies gaben Lange und Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Freitagabend in Potsdam bekannt. Die Politikerin stand nach der Entlassung von Verfassungsschutz-Chef Jörg Müller deutlich in der Kritik.

Am Mittwoch vergangener Woche war bekannt geworden, dass der brandenburgische Verfassungsschutz den AfD-Landesverband bereits am 14. April als gesichert rechtsextrem eingestuft hatte. Die Leitung des brandenburgischen Innenministeriums war nach Ministeriumsangaben erst am 5. Mai über die veränderte Bewertung der AfD informiert worden.

Lange hatte Verfassungsschutz-Chef Müller deshalb am Tag darauf mit sofortiger Wirkung entlassen. Das notwendige Vertrauen für eine gemeinsame weitere Zusammenarbeit sei nicht mehr gegeben, hieß es. Doch es gibt auch die Deutung, dass Lange im Gegensatz zu Müller eine Hochstufung der AfD vor allem für ein politisches Geschenk an die Partei hielt und sie deswegen deren Hochstufung verhindern wollte.

E-Mail belegt: Müller informierte Lange

Recherchen von WELT und weiteren Medien zeigten, dass Lange bereits früher über diesen Schritt informiert war. Bei mehreren Treffen soll Müller Lange über die Hochstufung unterrichten haben, bei einem weiteren hatte er auch ausgedruckte Exemplare eines sogenannten Einstufungsvermerks dabei.

Eine Mail, die WELT einsehen konnte, zeigt, dass Müller Lange am 2. Mai in der Sache kontaktierte, also vier Tage vor seinem Rauswurf und drei Tage, bevor Ministerin Lange zum ersten Mal von der Entscheidung über die Hochstufung der AfD erfahren haben will.

In einer Erklärung blieb Lange am Freitag bei der Darstellung, nicht vorschriftsmäßig informiert worden zu sein. „Der ehemalige Verfassungsschutzchef hat mich über bedeutende Sachverhalte nicht ordnungsgemäß und viel zu spät unterrichtet“, erklärte Lange. „An dieser Tatsache ändern auch Geschäftsgangvermerke nichts, die den tatsächlichen Ablauf aus meiner Sicht irreführend wiedergeben. Ich jedenfalls fühle mich hintergangen.“

Lange: „Geheimniskrämerei möchte ich nicht verantworten“

Und Lange macht deutlich, dass sie die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ durch den Verfassungsschutz grundsätzlich für den falschen Umgang mit der Partei hält. Die Gründe für die Hochstufung habe die Öffentlichkeit nicht erfahren, bemängelt Lange. Eine Veröffentlichung des Einstufungsvermerks lehne der Verfassungsschutz ab. „Eine solche Geheimniskrämerei möchte ich nicht verantworten, denn nur eine informierte Öffentlichkeit kann das Handeln der Regierung kritisch hinterfragen.“

Sie sei schon länger der Auffassung, dass der bisherige Umgang mit der AfD erfolglos sei, so Lange weiter. „Politische Herausforderungen sollten in einer Demokratie in erster Linie politisch beantwortet werden.“ Viele AfD-Wähler in Brandenburg hätten früher SPD gewählt. „Bei 5 Prozent könnte man darüber hinwegsehen, aber bei 30 Prozent wird das langsam schwierig.“

Sie sei nicht bereit, ein Drittel der Wähler politisch abzuschreiben. „Es ist ein kurzer Weg nach Sachsen und Thüringen. Manchen meiner Parteifreunde wird das vielleicht später auch einmal dämmern – aber dann wird es vielleicht zu spät sein“, so Lange. „Ein solcher Weg wäre auch der Abschied von der freiheitlichen Tradition der ostdeutschen Sozialdemokratie im Gefolge der friedlichen Revolution von 1989. Für einen solchen Irrweg stehe ich nicht zur Verfügung. Ich lasse mich auch nicht verbiegen.“

Woidke muss eine neue Nachfolgerin suchen

Woidke würdigte Langes „Dienst am Land Brandenburg“. Der Regierungschef sagte, sichtlich bewegt, die Ministerin habe die Größe, ihre persönlichen Interessen hinten anzustellen und ihren Traum, das Innenministerium zu leiten, begraben. Er respektiere ihre Entscheidung, hätte es sich aber anders gewünscht.

Die AfD versucht die Einstufung als „gesichtert rechtsextrem“ wie auch im Bund juristisch zu unterbinden. Aus Kreisen von CDU und Grünen war zu den Vorgängen Akteneinsicht im Innenministerium beantragt worden. Unter anderem hatten der SPD-Jugendverband Jusos und die Grüne Jugend in Brandenburg die Entlassung von Lange gefordert. Auch aus der SPD selbst gab es Rücktrittsforderungen.

Lange trat das Amt der Innenministerin vor rund 5 Monaten nach der Landtagswahl 2024 an. Zuvor war sie Finanzministerin. Ihr wurden bisher große Chancen eingeräumt, Woidke zu beerben. Sie galt als seine Vertraute und ist seine Stellvertreterin an der Spitze der Landes-SPD.

Dabei ist die 53-Jährige für eine klare Kante und manch kernige Aussagen bekannt. Sie sprach sich für eine härtere Migrationspolitik aus und forderte eine konsequentere Rückführung von Menschen, die kein Bleiberecht haben. Im vergangenen Sommer machet Lange bereits schon einmal bundesweit von sich reden, weil sie ein Talkshow-Verbot für SPD-Chefin Saskia Esken forderte.

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