Der künftige Umgang mit der Linkspartei führt zu harten Konflikten innerhalb der CDU – und zu scharfer Kritik, die selbst vor der Regierungsmannschaft nicht Halt macht. So wirft die brandenburgische CDU-Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig der neuen Bundesbildungsministerin Karin Prien „Geschichtsvergessenheit“ vor.

CDU-Vizechefin Prien hatte in der Debatte um eine künftige Zusammenarbeit mit der Linkspartei gewarnt: Die Union müsse „pragmatisch abwägen“ und „die Stabilität der demokratischen Institutionen“ im Blick haben, sagte sie dem „Stern“. Linke und AfD stünden zwar im fundamentalen Gegensatz zur Union, aber sie unterschieden sich genauso fundamental. „Die AfD ist die Partei des Rechtsextremismus, sie ist eine Gefahr für unsere liberale Demokratie“, die Linke sei das jedoch nicht, sagte die Bildungsministerin, die aus einer jüdischen Familie stammt und deren Urgroßmütter im Holocaust ermordet wurden.

Dem widerspricht nun deutlich die CDU-Abgeordnete Ludwig, welche sich bereits Anfang des Jahres für eine mögliche Koalition zwischen CDU und AfD auch auf Bundesebene ausgesprochen hatte. „Frau Prien stellt mit ihren Äußerungen einen zentralen Grundsatz unserer Partei infrage: die klare Abgrenzung zu politischen Extremen“, erklärte sie. „Wer an diesem Fundament rüttelt, riskiert die Glaubwürdigkeit der CDU als Partei der bürgerlichen Mitte und darf sich nicht wundern, wenn die Bürger in Ostdeutschland das Vertrauen verlieren – nicht nur in Parteien, sondern auch in die demokratische Debatte insgesamt.“

„Frau Prien offenbart mit ihren Worten eine Form von Geschichtsvergessenheit, die viele unserer Wähler mit völligem Unverständnis aufnehmen“, so Ludwig. „Die SED-Nachfolgepartei Die Linke steht für all das, was wir 1989 überwunden haben. Wer heute von einer Zusammenarbeit mit dieser Partei spricht, ignoriert die Lebenswirklichkeit und das historische Gedächtnis vieler Menschen in Ostdeutschland.“

Die Linkspartei sei immer noch die SED mit totalitärem Anspruch, wie erst jüngst wieder durch Aussagen ihres Führungspersonals deutlich geworden sei. „Sie lehnt unsere Verfassung ab, indem sie den Kapitalismus und damit die soziale Marktwirtschaft überwinden will. Der Marxismus ist wieder Grundlage ihres Wertegerüstes, und durch Klassenkampf soll es wieder Menschen geben, die dazugehören, und jene, die bekämpft werden sollen.“ Die CDU müsse ein klares Bollwerk gegen den Linksextremismus und seine schleichende Verharmlosung sein.

Linnemann widerspricht Prien

Die Union schließt mit ihrem sogenannten Unvereinbarkeitsbeschluss von 2018 eine parlamentarische Zusammenarbeit mit der Linken wie mit der AfD gleichermaßen aus. Vergangene Woche ging die Union jedoch nach dem ersten gescheiterten Anlauf der Kanzlerwahl von Friedrich Merz auf die Linke zu, um einen raschen zweiten Wahlgang zu ermöglichen. Auch für die geplante umfassende Reform der Schuldenbremse würde die Linke für eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag benötigt – oder die Stimmen der AfD-Abgeordneten.

Neben Prien hatte etwa auch Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) in Bezug auf die Linke Pragmatismus seiner Partei gefordert. Dieser Position widersprach dann aber CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. „Für mich kann es keine politische Zusammenarbeit mit der Linkspartei geben, solange dort extremistische Gruppen mitmachen“, sagte er dem „Stern“. Der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU sei gut so, wie er sei.

Mit Blick auf die Antisemitismus-Definition der Linkspartei sagte Linnemann: „Die unsägliche Verharmlosung von Antisemitismus auf dem Parteitag hat die Linken noch extremer von der CDU entfernt als ohnehin schon.“

Claudia Kade ist Politik-Chefin bei WELT.

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