Ukraine, Israel, Wohnungsbau: Die erste Regierungserklärung von Bundeskanzler Merz war ein wahrer Themenritt. Nur wirklich konkret wurde er selten.

Heute galt es: Friedrich Merz hielt die erste Regierungserklärung seiner noch jungen Kanzlerschaft. Für ihn eine selbstredend ungewohnte Situation. Merz, der sich in der Opposition als Chefkritiker der Ampel-Koalition immer bestens gefiel, saß plötzlich auf der Regierungsbank – und musste liefern. Hat er das geschafft? Was sagt dieser Tag über die neue Atmosphäre im Parlament aus? 

Drei Lehren:

Friedrich Merz hat den Redenschreiber von Scholz übernommen

In manchen Dingen ist Kontinuität auch bei einem Regierungswechsel eine gute Idee. Den Redenschreiber von Olaf Scholz zu behalten, gehört nicht dazu. Merz' Rede klang jedenfalls über weite Strecken so, als müsste FDP-Chef Christian Lindner wieder rufen: "Wer sind Sie, und was haben Sie mit Friedrich Merz gemacht?"

Erste Regierungserklärung Kann Merz auch Kanzler? Sechs Punkte, auf die Sie heute achten sollten

Mindestlohn, Tariftreue, bezahlbarer Wohnraum, stabile Renten, alles war dabei. Auf die frühere Schärfe, bisweilen auch rhetorische Brillanz des Oppositionspolitikers Friedrich Merz wartete man heute jedenfalls vergebens. Keine so schlechte Idee, wenn man die Abweichler bei der Kanzlerwahl vor allem in den Reihen der Sozialdemokraten vermutet.

Die Opposition könnte es schwer haben bei diesem Kanzler

Manch einer bei Grünen und Linken freute sich regelrecht auf Kanzler Merz: Der werde so polarisieren, dass man selbst leichtes Spiel habe. Nach diesem Tag stellt sich die Frage: Produziert Merz überhaupt irgendeine Reibung? Nicht einmal in der Klimapolitik bot er Angriffsfläche, betonte, man werde selbstverständlich an den Klimazielen festhalten. 

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Was diese Regierungserklärung auch offenlegte: Es macht für die Atmosphäre im Parlament einen echten Unterschied, ob die sogenannten Volksparteien auf einer Seite der Barrikade kämpfen oder auf beiden. Sitzt eine von ihnen in der Opposition, sind Polarisierung und Aggressionspotenzial deutlich größer. Schwarz-Rot mag weniger unterhaltsam sein, aber der Bundestag wirkt weniger verfeindet.

Merz ist jetzt Optimismusbeauftragter

Deutschland könne wieder "Wachstumslokomotive" werden. "Es liegt nur an uns selbst. Unser Land hat alle Stärken und Fähigkeiten, wieder nach vorne zu kommen", sagte Merz. Na bitte. Wobei der klare Vorteil einer solchen Argumentation erst im Nachsatz deutlich wird: "Es braucht eine gemeinsame Kraftanstrengung."

Kanzlerkrimi Wie es wirklich zum Chaos um die Merz-Wahl kam

Eben, so ganz allein kann sogar eine Merz-geführte Bundesregierung natürlich keine Trendwende vollbringen. Da klang Merz in den zurückliegenden Jahren doch ein klein wenig fordernder. Trotzdem wird er jetzt natürlich an seinen eigenen Aussagen gemessen. Geht es wirklich bergauf mit diesem Land, vor allem wirtschaftlich? "Bis zum Sommer" sollten die Bürgerinnen und Bürger einen Aufwind spüren. Mutige Ansage.

Phil GöbelDie erste Regierungserklärung von Bundeskanzler Friedrich Merz ist beendet. Was nehmen wir aus dieser – zugegeben – sehr langen Rede mit?

Nun, ein konfrontatives Pamphlet war es nicht, das Merz da abgeliefert hat. Vielleicht mit dem ersten verlorenen Wahlgang im Hinterkopf, klang er über weite Strecken so, als ob er es sich mit niemandem verscherzen will. 

Kollege Medick stellt fest: "Die Opposition könnte es bei diesem Kanzler schwer haben." Im Vergleich zu seiner Oppositionsposition wirkte er staatsmännisch, diplomatisch. Er kann also nicht nur "Hau-drauf".

Ob diese Rede noch lange in Erinnerung bleiben wird, wird sich zeigen. 

Bleibt noch, uns bei Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, für Ihr Interesse zu bedanken. 

Haben Sie noch einen sonnigen Tag und bis zum nächsten Mal!

Link kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenPhil GöbelWeidel nennt Merz "Kanzler der Linken". Wer das anders sieht? Die Linke! Partei-Vorsitzender Jan van Aken auf X:Jan van Aken on Twitter / XDer @_FriedrichMerz ist ein falscher Fuffziger. Der Kanzler will hart arbeitende Menschen in unserem Land zwingen, noch mehr zu arbeiten. Davon will Merz ablenken.Es braucht wirklich keine gewaltige Hirnanstrengung, um das zu durchschauen.https://t.co/w9YLF8P3Os— Jan van Aken (@jan_vanaken) May 14, 2025x.comLink kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenVeit MedickAuftritt Matthias Miersch, neuer SPD-Fraktionschef. In Richtung Merz sagt er, seine Fraktion werde die Regierungsarbeit selbstbewusst, aber auch konstruktiv begleiten. Dann dankt er mit einem Halbsatz Olaf Scholz. Da war Friedrich Merz in seinem Lob an den Vorgänger deutlich ausführlicher.Link kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenJan RosenkranzWeidel ist jetzt natürlich längst nicht mehr bei Merz und seiner Regierungserklärung. Es geht jetzt  schon länger um die Einstufung der AfD als "gesichert rechtsextremistisch" durch das Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

Dabei seien die wahren Extremisten natürlich immer nur die anderen
. Linke, die Reiche erschießen lassen wollen. Politiker, die Corona-Maßnahmen diktatorisch durchgesetzt hätten und so weiter. Link kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenVeit MedickAuch der frühere FDP-Justizminister Marco Buschmann hat die Rede des Kanzlers gesehen. Er schreibt bei X: "Man fragt sich, was der Oppositionsführer Friedrich #Merz wohl über die #Regierungserklärung des Bundeskanzlers Friedrich Merz gesagt hätte?"Marco Buschmann on Twitter / XMan fragt sich, was der Oppositionsführer Friedrich #Merz wohl über die #Regierungserklärung des Bundeskanzlers Friedrich Merz gesagt hätte?— Marco Buschmann (@MarcoBuschmann) May 14, 2025x.comLink kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenJan RosenkranzJetzt also die Oppositionsführerin, AfD-Chefin Alice Weidel. Wie immer leicht gelangweilt, wirft sie Merz das übliche Allerlei vor: Schuldenkanzler, Kanzler der Linken, Kanzler der gebrochenen Wahlversprechen. Bürgergeld ist "Migrantengeld" – und damit sind wir schon nach einer Minuten beim Lieblingsthema der AfD: Ausländer. Link kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenJan RosenkranzBin kurz davor, Christian Lindner zu zitieren: "Wer ist der Mann da in der ersten Reihe, und was haben Sie mit Friedrich Merz gemacht."Link kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenVeit MedickSelbst die Asylpolitik klingt einigermaßen weichgespült. Wobei das so negativ klingt: Es macht ja Sinn, als Kanzler nicht so zu klingen, als wolle man am liebsten persönlich zur Grenze rennen und Flüchtlinge davon abhalten, ins Land zu kommen.

Merz betont, die irreguläre Migration bekämpfen zu wollen. Aber er sagt auch "in aller Deutlichkeit: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Das war so, das ist so und das bleibt auch so." Man wolle ein freundliches Land bleiben.Link kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenJan Rosenkranz"Wir stehen unverbrüchlich an der Seite Israel", sagt Merz. Da klingt nach einem Aber. Und es kommt. Wir erwarten auch eine Verbesserung der humanitären Situation in Gaza. Es sei eine humanitäre Verpflichtung aller, dass eine drohende Hungersnot abgewendet werde. Link kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenJan Rosenkranz"Deutschland muss ein Schutzraum für Jüdinnen und Juden sein", ruft Merz. Da klatscht sogar AfD-Chefin Alice Weidel.Link kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenJan RosenkranzMerz scheint sehr sicher zu sein, dass die fehlende Stimmen im ersten Wahlgang der Kanzlerwahl aus den Reihen der Sozialdemokraten kamen. Das würde erklären, warum es so eine weiche Rede ist. Die eigenen Leute dürften sich darüber eher wundern. Link kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenJan RosenkranzSo, und jetzt klatschen auch die Sozialdemokraten. Jedenfalls viele. Nicht alle, das fällt auch auf. Link kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenVeit MedickBingo! "Wohnraum muss bezahlbar bleiben", ruft Merz. Fehlt jetzt noch irgendwas aus dem sozialdemokratischen Programm? Vielleicht der demokratische Sozialismus, gut.Link kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenJan RosenkranzAlso, dass ein Bundeskanzler Friedrich Merz in seiner ersten Regierungserklärung mal eine höhere Tarifbindung fordert, stand nicht auf meiner Bingokarte.

Aber solche Reden nennt man auch "Omnibus". An jedem Politikfeld wird einmal kurz gehalten, um einzusammeln - drei Sätze, zwei Versprechen, ein halber Gedanke - dann gehts weiter, nächster Halt: Frühstartrente. Link kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenVeit MedickEs ist keine schlechte Rede, sie ist halt ein Konglomerat praktisch aller wesentlicher schwarz-roter Vorschläge. Es wirkt fast so, als habe Merz ChatGPT gesagt: Bitte schreib mir eine zehnseitige Zusammenfassung meines eigenen Koalitionsvertrags.Link kopierenAuf Facebook teilenAuf X teilenPer E-Mail teilenMehr ladenTickarooLive Blog Software
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