Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) sieht bei den von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) angekündigten Zurückweisungen an den Grenzen – auch von Asylsuchenden – Rechtsklarheit hergestellt.

„Durch die Rücknahme der mündlichen Weisung aus dem Jahr 2015 kann und wird die Bundespolizei konsequenter an den Grenzen zurückweisen können“, sagte Heiko Teggatz, Vorsitzender der DPolG Bundespolizeigewerkschaft, WELT. „Durch die Anmeldung der Grenzkontrollen bei der EU durch Frau Ministerin a. D. Faeser greift nationales Recht. Der Paragraf 18 Asylgesetz ist demzufolge einschlägig und schreibt Zurückweisungen zwingend vor.“ Teggatz stellte klar: „Selbstverständlich wird es auch Ausnahmen geben. Beispielsweise bei unbegleiteten minderjährigen Personen.“

Teggatz erklärte zum Prozedere im Grenzgebiet: „Die Bundesrepublik Deutschland hat mit sämtlichen Anrainerstaaten sogenannte Rückübernahme-Vereinbarungen vertraglich geregelt.“ Inhalt dieser Verträge sei auch, ab welchem Zeitpunkt eine Person als eingereist gilt. „Dieses ist erst dann der Fall, wenn die Einreisekontrolle abgeschlossen ist. Auf welchem Hoheitsgebiet die Kontrollstelle liegt spielt dabei keine Rolle. Bei einer Zurückweisung wird eine Person folglich an der Einreise gehindert. Sie befindet sich deshalb fiktiv noch im jeweiligen Anrainerstaat.“

Einer Absprache bedarf es laut Teggatz erst dann, wenn eine Person nach erfolgter Einreise über die ,grüne Grenze‘ zurückgeschoben werden soll. Allerdings sind auch diese Absprachen längst erfolgt und ebenfalls Gegenstand der abgeschlossenen Rückübernahme-Vereinbarungen.“

Der Polizeigewerkschafter sagte: „Aus meiner Sicht ist die Rechtslage nunmehr endlich klar, und die Bundespolizei kann so verfahren, bis möglicherweise ein Gericht etwas anderes entscheidet.“

Dobrindt will „Signal in die Welt“ senden

Wenige Stunden nach seinem Amtsantritt hatte Dobrindt am Dienstag angekündigt, es sollten auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. Eine mündliche Weisung aus dem Jahr 2015, dies nicht zu tun, werde er nun schriftlich zurücknehmen.

Es gehe nicht darum, alle zurückzuweisen, sondern darum, „dass wir die Zahlen reduzieren“, erklärte Dobrindt. Schwangere, Kinder und andere Angehörige vulnerabler Gruppen würden nicht zurückgewiesen, sagte Dobrindt. Ihm gehe es um ein „Signal in die Welt und nach Europa“, dass sich „die Politik in Deutschland geändert hat“.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verteidigte den verschärften migrationspolitischen Kurs Deutschlands. Die Kontrollen an den Binnengrenzen könnten nur ein Übergang sein, sagte Merz WELT TV. „Aber sie sind halt notwendig, solange wir eine so hohe irreguläre Migration in der Europäischen Union haben.“

Deutschland sei ein Land in der Mitte Europas, das davon mit am meisten betroffen sei. Das habe er auch den Gesprächspartnern in Polen und Frankreich gesagt, betonte Merz, der am Dienstag bei Antrittsbesuchen in Paris und Warschau Frankreichs Präsident Emmanuel und den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk traf.

Die Schweiz kritisierte die angekündigten Zurückweisungen an den deutschen Außengrenzen. „Systematische Zurückweisungen an der Grenze verstoßen aus Sicht der Schweiz gegen geltendes Recht", erklärte Justiz- und Polizeiminister Beat Jans am Mittwoch im Onlinedienst X. „Die Schweiz bedauert, dass Deutschland diese Maßnahmen ohne Absprache getroffen hat.“

„Die Schweizer Behörden beobachten die Auswirkungen und prüfen gegebenenfalls Maßnahmen“, kündigte Jans hinzu. Die Schweiz erwarte, dass der grenzüberschreitende Personen- und Warenverkehr unbeeinträchtigt bleibe. Bürger beider Länder sollten „weiterhin ungehindert über die Grenze zur Arbeit pendeln können.“ Auch weitere Nachbarländer, darunter Österreich, hatten die schwarz-roten Grenzschutzpläne zuvor kritisiert.

Ricarda Breyton berichtet für WELT über Migrationspolitik.

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