CDU und CSU haben den nächsten Schritt zur Regierungsbildung mit der SPD absolviert: Der kleine Parteitag der CDU billigte am Montag mit großer Mehrheit den Koalitionsvertrag. CDU-Chef Friedrich Merz und der CSU-Vorsitzende Markus Söder präsentierten ihre designierten Kabinettsmitglieder für die angestrebte schwarz-rote Regierung.

Neben erwarteten Namen gab es auch Überraschungen. So soll die ehemalige brandenburgische Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche Wirtschaftsministerin, der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Johann Wadephul Außenminister und der Vorstandschef der börsennotierten Ceconomy AG, Karsten Wildberger, Chef des neuen Digitalministeriums werden. Wie erwartet wird der bisherige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt neuer Innenminister. Aus der Wirtschaft kamen überwiegend positive Reaktionen, in den Medien gab es auch Kritik.

„Heilbronner Stimme“

„Friedrich Merz hat bei der Auswahl der CDU-Minister in der Bundesregierung Mut zum Risiko bewiesen. Dass er mit Katherina Reiche und Karsten Wildberger gleich zwei Top-Positionen an Vertreter aus der Wirtschaft vergibt, ist bemerkenswert. Das Wirtschaftsministerium an die Energiemanagerin Reiche zu vergeben, macht Sinn – schließlich ist die Energiewende weiterhin eine der wichtigsten Aufgaben der Bundesregierung. Es wird spannend sein zu sehen, wie sich der Chef von Mediamarkt-Saturn als Digitalminister schlagen wird. Vorstandschefs sind es gewöhnt, dass ihre Entscheidungen rasch umgesetzt werden. Nun wird sich Wildberger mit dem Berliner Politikkosmos mit seinen mitunter sehr langsam mahlenden Mühlen anfreunden müssen.“

„Die Rheinpfalz“

„Merz vollführt bei seinen Ministern einen Balanceakt zwischen politischer Erfahrung und externer Expertise. Das birgt Chancen. Auf der einen Seite schart der künftige Kanzler loyale Mitstreiter um sich, etwa seinen langjährigen Vertrauen Thorsten Frei, der ihm als Kanzleramtsminister den Rücken frei halten soll. Spannender wird es bei den externen Zugängen. Ein unerwarteter Schachzug etwa ist die Berufung des Konzernchefs Karsten Wildberger. Der promovierte Physiker besitzt keinerlei politische Erfahrung, dafür aber Know-how aus diversen Führungsfunktionen in der Elektronik- und Telekommunikationsbranche. Das könnte die Hoffnung nähren, dass es bei der Digitalisierung merklich vorangeht.“

„Süddeutsche Zeitung“

„Festhalten lässt sich fürs Erste, dass das Personaltableau der Union zumindest in Teilen unkonventionell ist. Die künftige Wirtschaftsministerin Katherina Reiche hat zwar langjährige politische Erfahrung, in den vergangenen Jahren aber hat sie in der Wirtschaft gearbeitet. Der künftige Digitalminister Karsten Wildberger, der nebenher auch noch den Staat als Ganzes modernisieren soll, ist sogar ein reiner Wirtschaftsmann, ohne berufspolitisches Kapitel im Lebenslauf. Ebenfalls von außen kommt der künftige Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, wobei das auf diesem Posten schon öfter der Fall war. Das prestigeträchtige Auswärtige Amt wiederum geht nicht an einen bekannten Parteipromi, sondern an den Fachpolitiker und Merz-Vertrauten Johann Wadephul. Bildungsministerin wird Karin Prien, die dieses Amt in Schleswig-Holstein schon innehat und daher ebenfalls als Fachfrau gelten darf.

Die Botschaft, die Merz senden will, ist eindeutig: Seine Regierung soll eine ‚Arbeitskoalition“‘ sein, in der Leute sitzen, die es können. Doch nicht immer sind diejenigen die erfolgreichsten Minister, die von ihrem Fachgebiet viel verstehen – sondern jene, die viel davon verstehen, wie man eine große Behörde führt und geschickt mit den Kabinetts- und Länderkollegen verhandelt.“

„Die Tageszeitung“ (taz)

„Das Unionsteam von Friedrich Merz ergibt ein ziemlich gemischtes Bild. Das Positive zuerst: Vier der zehn künftigen Minister*innen sind Frauen. Das ist noch keine Parität. Aber so hämisch, wie Merz sich über ebendiese geäußert hat, hätte es schlimmer kommen können. Der Druck, den die CDU-Frauen zuletzt entfaltet haben, hat zumindest ein bisschen Früchte getragen. Auch dass mit Karin Prien eine liberale Christdemokratin das Ministerium für Bildung, Familie und Frauen bekommt, das sich als Feld für gesellschaftliche Spaltung bestens eignet, ist gut. Prien hat Regierungserfahrung und ist die erste Jüdin in einem Bundeskabinett.

Doch eine Prien macht noch kein ausgewogenes CDU-Personal. Den Sozialflügel der CDU hat Merz überhaupt nicht berücksichtigt; es überwiegt das wirtschaftsliberale und konservative Personal. Aus dem Osten stammt mit Katherina Reiche nur eine künftige Ministerin, und nur eine Staatssekretärin, Serap Güler, hat nichtdeutsche Wurzeln. Der Kanzler in spe umgibt sich eben lieber mit Gleichgesinnten. Um wieder mehr Menschen für die CDU zu gewinnen, wäre eine größere Vielfalt hilfreich gewesen.“

„Neue Osnabrücker Zeitung“

„Gerade weil der Koalitionsvertrag von Union und SPD an vielen entscheidenden Stellen so vage ist, wird es ja auf die handelnden Personen ankommen, ihn mit Leben zu füllen. In dieser Hinsicht dürfte etwa dem CSU-Mann Alexander Dobrindt eine entscheidende Rolle zukommen. Was zur Eindämmung der illegalen Zuwanderung getan oder unterlassen wird, liegt schließlich zu großen Teilen in seinem Ermessensspielraum als Innenminister. Und auch wenn sich Dobrindts Bilanz als Verkehrsminister ungefähr so gut sehen lassen kann wie die Bilanz der Deutschen Bahn, für die er einst zuständig war: Mit ihm kann die CSU nun den Nachweis zu erbringen versuchen, dass sie das Mega-Thema Migration tatsächlich zielstrebiger managt als alle rot-grünen Alternativen.“

„Weser Kurier“

„Ins Auge fällt, dass Merz keine CDU-Politiker in sein Kabinett beruft, die bereits unter Merkel gedient haben. Für die „Altlasten“, Alexander Dobrindt und Dorothee Bär, bleibt allein die CSU zuständig. Der künftige Kanzler setzt bewusst auf den Reiz des Neuen. Daher wären die Bürger gut beraten, die neue Bundesregierung erst mal ins Amt kommen und arbeiten zu lassen, bevor sie von interessierter Seite schlecht geredet wird. Diese Chance hat sie verdient.“

„Märkische Oderzeitung"

„Es gibt sie noch, die Überraschungen. Oder hätten Sie den Manager Karsten Wildberger auf dem Zettel gehabt? Die Ex-Politikerin und Energiefachfrau Katherina Reiche? Außerdem im Angebot: Eine Landesministerin mit jüdischen und eine Außenpolitikerin mit türkischen Wurzeln, die von Merz einst öffentlich zusammengefaltet worden war. Von der Befürchtung, das Kabinett Merz werde aussehen wie zur Merkel-Zeit, ist nicht viel geblieben. Die Veteranen Julia Klöckner und Jens Spahn wurden ausgelagert, die Regierungsmannschaft umweht tatsächlich ein frühlingshafter Hauch von Frische und Aufbruch. All die Männer und gar nicht so wenigen Frauen haben jetzt die Chance verdient zu zeigen, was sie können.“

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