Kanzleramtschef Frei hält Kürzungen von Leistungen für notwendig
- Einige Gesundheitsleistungen sollen entfallen – einer der Reformvorschläge von Kanzleramtschef Thorsten Frei.
- Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hatte sich bereits für die Einführung einer Praxisgebühr ausgesprochen.
- Die "Finanzkommission Gesundheit" soll Vorschläge erarbeiten, wie das Gesundheitssystem langfristig finanziell stabil bleiben kann.
Kanzleramtschef Thorsten Frei sieht die Notwendigkeit, Leistungen im Gesundheitssystem abzubauen. Der CDU-Politiker sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Klar ist auch, dass manche Leistungen entfallen müssen, um das Gesundheitssystem günstiger zu machen, was in anderen Ländern auch funktioniert."
Ein Abbau von Leistungen werde zwar Widerstände hervorrufen, sagte Frei. Im Interesse des Ganzen müsse das aber durchgesetzt werden. "Wir haben das teuerste Gesundheitssystem der Welt, aber unsere Bevölkerung ist nicht überdurchschnittlich gesund", sagte der Kanzleramtschef weiter und verwies zum Vergleich auf das Nachbarland Frankreich: Dort gingen die Menschen statistisch gesehen seltener zum Arzt, was "rein medizinisch betrachtet kaum zu begründen sein" dürfte.
Mit Überweisung zum Facharzt
Der CDU-Politiker bemängelte, "dass bei uns jeder in einer – naturgemäß – eher laienhaften Betrachtung selbst entscheidet, zu welchem Facharzt er geht". Diese Entscheidung müsse ein Primärarzt, in der Regel der Hausarzt, übernehmen.
Auch die Pflegeversicherung werde eine "Riesenherausforderung". Heute würden 86 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause gepflegt. "Das wird künftig nicht mehr der Fall sein." Der Anteil derer, die in stationären Einrichtungen versorgt werden müssen, werde aller Voraussicht nach steigen, sagte der Kanzleramtschef.
Schnitzer wegen hoher Kosten für Praxisgebühr
Bereits am Mittwoch hatte sich die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer angesichts steigender Kosten im Gesundheitssystem für mehr Selbstbeteiligung von Kassenpatienten ausgesprochen. Der "Rheinischen Post" hatte sie gesagt: "Wir müssen die Prävention stärken. Aber wir werden auch die Selbstbeteiligung erhöhen müssen." Als Beispiel nannte sie die Praxisgebühr.
In Deutschland gab es eine Praxisgebühr schon einmal zwischen 2004 und 2012. Für Arzt, Zahnarzt sowie Psychotherapeutenbesuche war damals eine Gebühr von zehn Euro pro Quartal fällig. Doch unter anderem die FDP war für die Abschaffung der Gebühr, da sich trotz der Gebühr die hohe Zahl an Arztbesuchen nicht reduzierte, so die Partei.
Zudem wurde die Überweisungspflicht für den Besuch von Fachärzten in Deutschland zum 1. Januar 2009 im Rahmen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes weitgehend abgeschafft. Damit sollte den Patienten der Zugang zu Fachärzten erleichtert werden.
"Finanzkommission Gesundheit" arbeitet Vorschläge aus
Unterdessen haben die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) in den ersten neuen Monaten dieses Jahres einen Überschuss verbucht – aber auch stark steigende Ausgaben. Wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilte, erzielten die 94 Kassen ein Plus von 3,6 Milliarden Euro bis Ende September 2025. Hintergrund waren kräftig angehobene Beiträge zu Jahresbeginn.
Die Ausgaben für medizinische Leistungen stiegen in den ersten drei Quartalen aber mit 8 Prozent deutlich stärker als die Beitragseinnahmen mit 5,3 Prozent. Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sagte, die Überschüsse sollten keine falschen Schlüsse zulassen. "Die gesetzliche Krankenversicherung steht unter größtem finanziellen Druck." Dem Ministerium zufolge dienen die Überschüsse vor allem als Finanzreserven.
Warken hatte im September eine "Finanzkommission Gesundheit" vorgestellt. Das Gremium besteht aus zehn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Bereichen Ökonomie, Medizin, Sozialrecht, Ethik und Prävention. Diese sollen Reformvorschläge ausarbeiten. Bis Ende März 2026 ist geplant, dass diese einen ersten Bericht vorlegen. Denkbar wäre etwa, die Zahl der Krankenkassen deutlich zu reduzieren. Für Ende 2026 ist ein zweiter Bericht mit strukturellen Anpassungen geplant, um das Ausgabenwachstum nachhaltig zu reduzieren.
dpa/AFP/MDR (kar)
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