Unionsfraktionschef Jens Spahn muss bei Caren Miosga eine Rentenreform verteidigen, die 120 Milliarden Euro mehr kostet. Warum ihm der Koalitionsfrieden teurer als Vernunft.

Es ist eine gewisse Ironie der Geschichte, die Miosga am Sonntag aufzeigt: 2008 war Jens Spahn noch jung – und Rentenrebell. In Talkshows forderte er ein größeres Stück vom Kuchen für die Jungen. Gegen den Fraktionschef Spahn begehrt nun wegen der Rente die "Junge Gruppe" in der Fraktion auf. Sie wollen gegen ein Gesetz stimmen, das, so sagen sie, 120 Milliarden Euro Mehrausgaben bringen würde. Nun muss er bei Caren Miosga erklären, warum er das umstrittene Gesetz dennoch durchdrücken will.

Neben Spahn waren der Ökonom Clemens Fuest vom ifo Institut und die Chefredakteurin des RND Eva Quadbeck in der Sendung zu Gast. Alle drei waren sich einig: Mit der Rente kann es, so wie es jetzt ist, nicht weitergehen. Und trotzdem muss der Unions-Mann verteidigen, wieso das umstrittene Gesetz vom Bundestag beschlossen werden soll.

Jens Spahn versucht es in den ersten Minuten im Einzelgespräch mit der großen Keule. Man müsse das Paket in der "Gesamtschau" sehen. Wer jetzt ablehne, der riskiere Stillstand bei anderen Gesetzesvorhaben, die der Union wichtig sind. Er ist beinahe fatalistisch: "Wir haben eine Situation im Deutschen Bundestag, wo es keine Alternative – jedenfalls keine bessere – zu dieser Koalition gibt."

Caren Miosga hakt bei Jens Spahn nach

Miosga versucht immer wieder, aus ihm herauszukitzeln, wie viele der Abweicher er schon umgestimmt hat. Beim dritten Mal rutscht ihm ein "Nice Try" gegenüber der Moderatorin heraus. Spahn gibt sich aber vorsichtig optimistisch: "Die Mehrheit ist im Werden."

Ob Spahn in den Gesprächen mit den Abgeordneten gedroht habe, um ihre Zustimmung zu sichern, fragt Miosga. Spahn weicht aus. Über persönliche Gespräche rede er nicht im Fernsehen. Die Moderatorin hakt nach. Spahn: "Ich führe freundliche Gespräche."

Jens Spahn verstrickt sich in Widersprüche

Das ist nicht das einzige Mal, dass Spahn ausweicht, statt zu antworten. Warum hat er die Bedenken der Jungen Gruppe nicht vorher ernst genommen? Spahn akzeptiere, dass man Manöverkritik machen müsste. Aber die "macht man nach dem Manöver."

Er führt aus: "Nicht jede Debatte und Diskussion ist ein Problem oder gleich eine Krise." Aber warum malt Spahn dann Stillstand im dritten Jahr der Rezession an die Wand? Entweder ist die Debatte keine Krise, oder ein Stillstand in den Herzensprojekten der Union droht, wenn keine Lösung gefunden wird. Beides gleichzeitig zu behaupten, wirkt widersprüchlich – vor allem mit dem, was Spahn im Rest der Sendung noch schwarzsieht.

Ökonom Fuest hat klare Meinung zu Rentenplänen

Dann kommen der Ökonom Fuest und die Journalistin Quadbeck dazu. Fuest hat zu den Rentenplänen eine ziemlich klare Meinung, und nimmt kein Blatt vor den Mund. "Man hat sich da – meines Erachtens – von der SPD über den Tisch ziehen lassen." Er warnt: "Wir fahren hier den Bundeshaushalt vor die Wand." Und weiter: "Es ist eine Art Finanzpolitik: Nach mir die Sintflut. Ich habe kein Verständnis dafür, wie die CDU dem zustimmen kann."

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Dagegen wehrt sich der Unions-Fraktionschef, indem er mal wieder grundsätzlich argumentiert: "Der Punkt ist doch in der Abwägung." Die Frage sei aber, ob man für ein Problem 2032 eine Regierung im Dezember 2025 in "zumindest Handlungsunfähigkeit bringt, möglicherweise in Schlimmeres: Zum Anfang vom Ende."

Rentenversicherung braucht Wirtschaftswachstum

Die Rentenversicherung würde so oder so nur funktionieren, wenn Deutschland Wirtschaftswachstum hätte – darüber ist sich die Runde insgesamt einig. Und Spahn bringt das Pathos: "Wir brauchen dringender denn je Wachstum. Das ist die Schicksalsfrage unserer Nation."

Die Journalistin Quadbeck konfrontiert ihn: "Sie sagen, dass wir Wachstum brauchen und erhöhen die Sozialstaatsquote, indem Sie die Renten so teuer machen." Nach dem Rentengesetz im Dezember soll sich eine Kommission um Vorschläge kümmern, wie die Rente bezahlbar bleibt. Die Journalistin glaubt nicht, dass sich daraus eine Reform ergibt. "Im Übrigen wünsche ich nächstes Jahr eine gute Reise. Da gibt es fünf Landtagswahlen." Sie könne sich nicht vorstellen, dass die Fähigkeit von Union und SPD, sich zu einigen größer sei, als sie jetzt sei. Aber Spahn bleibt unbeirrt.

Spahn, Fuest, Miosga und Quadbeck sprechen noch weiter über die Vorschläge der Rentenkommission, Kapitaldeckung und dass die Regierung aufhören muss, Probleme mit Geld zuzuschütten. Und am Ende hat es Caren Miosga in einer spannenden Sendung geschafft: Sie hat herausgearbeitet, warum die Union, trotz aller Argumente dagegen, diesem Gesetz zustimmen will.

Jens Spahn hat es immer wieder gesagt. Weil sonst die Regierung in eine Krise schlittert. Am Ende zählt für die Union offenbar die Stabilität der Koalition mehr als jedes Sachargument.

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