„Hätte sie nur genügend Kompetenz“ – SPD verliert in Vierteljahrhundert rund 60 Prozent ihrer Wähler
Trotz wachsender Unzufriedenheit mit Bundeskanzler Friedrich Merz kann die SPD aus der Schwäche des Regierungschefs keinen Nutzen ziehen. Laut der aktuellen Forsa-Umfrage liegen die Sozialdemokraten mit 14 Prozent weiterhin unter der 15-Prozent-Marke – das entspricht bei einem derzeitigen Nichtwähleranteil von 25 Prozent nur etwa 10,5 Prozent aller Wahlberechtigten. Wäre am Sonntag Bundestagswahl, wäre das mit Abstand der geringste Anteil, den die SPD bei einer Bundestagswahl seit 1945 und auch bei den Reichstagswahlen in der Weimarer Republik erreichen würde.
Seit mehr als zwei Monaten ist die AfD im RTL/Ntv-Trendbarometer stärkste politische Partei mit 26 Prozent vor der Union und weit vor der zurzeit mitregierenden SPD. Im aktuellen Trendbarometer verbessert sich die Union um einen Punkt auf 25 Prozent, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) rutscht nach der Rückzugsankündigung seiner Gründerin unter die Drei-Prozent-Marke. Die Grünen liegen bei 12 Prozent, die Linken bei 11. Schwarz-Rot hätte mit 39 Prozent keine Mehrheit.
Trotz der leichten Verbesserung für die Union: Die Unzufriedenheit mit Kanzler Friedrich Merz (CDU) erreicht einen neuen Höchstwert: 73 Prozent der Wahlberechtigten sind mit seiner Arbeit unzufrieden, fast dreimal so viele wie zufrieden.
Trotzdem gelingt es der SPD nicht, aus dieser Stimmung Kapital zu schlagen. „Von dieser hohen Unzufriedenheit mit dem Kanzler könnte die mitregierende SPD an sich profitieren – hätte sie nur genügend politische Kompetenz oder ein überzeugendes Personalangebot“, so Forsa-Chef Manfred Güllner in seinem wöchentlichen Newsletter.
SPD verliert 60 Prozent ihrer früheren Wählerschaft
Seit dem Wahlsieg von Gerhard Schröder 1998 hat die SPD rund 60 Prozent ihrer damaligen Wähler verloren, heißt es in der Forsa-Analyse. Besonders dramatisch ist der Einbruch demnach in Thüringen, wo sie drei Viertel ihrer Wähler verlor. Selbst im Stadtstaat Hamburg, lange Zeit eine SPD-Hochburg, schrumpfte der Anteil seitdem um die Hälfte.
Auch regional zeigt sich der Niedergang deutlich: Bei den letzten Landtagswahlen kam die SPD in vier Ländern – Schleswig-Holstein, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern – auf weniger als zehn Prozent, in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sogar lag sie sogar unter fünf Prozent.
In den Städten setzt sich der Trend fort: In Frankfurt am Main fiel der Anteil der SPD an allen Wahlberechtigten von 35,4 Prozent (1964) auf 7,4 Prozent (2021). In Dortmund, der einstigen „Herzkammer“ der Sozialdemokratie, sank der Wert bei der Kommunalwahl 2025 auf nur noch 13,1 Prozent.
Wie lange bleibt die SPD noch eine Volkspartei?
Von den Arbeitern und Arbeitslosen, einst verlässlichen Stützen der Partei, würden heute jeweils nur neun Prozent SPD wählen. Etwas besser steht sie bei Gewerkschaftsmitgliedern und linken Wählergruppen da, doch auch hier liegt die Zustimmung nur bei etwa 20 Prozent.
Und sogar innerhalb der eigenen Reihen ist sie nicht beliebt: 18 Prozent der SPD-Mitglieder würden derzeit eine andere Partei bevorzugen. Nur sechs Prozent aller Wahlberechtigten trauen der SPD zu, die aktuellen Probleme des Landes zu lösen – ein historischer Tiefpunkt. Auch die Union schneidet mit 16 Prozent kaum besser ab. Beide Parteien leiden unter deutlichen Kompetenz- und Personalproblemen. Seit Gerhard Schröder konnte kein SPD-Kanzlerkandidat mehr eine Mehrheit überzeugen.
Sollte sich der Schrumpfungsprozess der SPD fortsetzen, warnt Forsa-Chef Güllner, könnte auf absehbare Zeit sogar die Existenz der Partei als Volkspartei – oder sogar als Partei – infrage stehen.
YouGov sieht in seiner aktuellsten Umfrage die Parteien auf einem ähnlichen Niveau wie Forsa: CDU/CSU derzeit bei 27 Prozent, die AfD bei 25 Prozent und die SPD bei nur 14 Prozent. Grüne und Linke kommen hier auf 11 Prozent, das BSW noch auf 4 Prozent und die FDP ebenfalls auf 4 Prozent.
Bei der Forschungsgruppe Wahlen kommt die SPD ebenfalls nur auf 14 Prozent, bei Insa erreicht sie zumindest 15 Prozent.
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