Verdacht der Minister-Vermietung: Für Wolfram Weimer läuft die Zeit ab
Stellen Sie sich vor, Sie amtieren als Staatsminister in der Regierungszentrale einer der größten Volkswirtschaften der Welt. Sie erhalten dafür etwa 18.500 Euro brutto pro Monat. Sie sitzen im Kabinett und sind mit dem Regierungschef so richtig eng.
Nicht schlecht, oder?
Aber es kommt noch besser. Stellen Sie sich vor, Sie besitzen gemeinsam mit Ihrer Frau eine Firma, die Veranstaltungen organisiert, auf denen Unternehmer und Geschäftsführer exklusiven Zugang bekommen zu den Kabinettsmitgliedern, mit denen Sie zusammen regieren.
Sie machen das nicht umsonst. Die Premium-Variante des Kontaktpakets, einschließlich "Besprechungslounge für vertrauliche Gespräche", kostet 80.000 Euro, plus Umsatzsteuer natürlich. Irgendwie muss schließlich Ihr Gehalt im öffentlichen Dienst bezahlt werden.
Sehen Sie das Problem?
So. Und nun stellen Sie sich vor, Sie heißen Wolfram Weimer, sind Kulturstaatsminister im Bundeskanzleramt – und Mitinhaber der Weimer Media Group. Sie haben zwar mit der Amtsübernahme im Mai die Geschäftsführung des Unternehmens abgegeben. Aber Ihnen gehört immer noch die Hälfte der Media Group; die restlichen 50 Prozent hält Ihre Frau.
Sehen Sie das Problem?
Genau: Sie und Ihre Frau profitieren davon, dass Ministerinnen und Minister, mit denen Sie sich mindestens wöchentlich im Kanzleramt beraten, auf Veranstaltungen Ihres Unternehmens erscheinen. So traten, unter anderem, die Bundeswirtschaftsministerin und der Kanzleramtschef beim sogenannten Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee auf – und haben dies offenbar auch nächstes Jahr vor.
Sie bringen sich damit in einen Verdacht, der mindestens unschön ist, wenn nicht gar strafrechtlich relevant. Der Ex-Politiker Marcus Pretzell hat jedenfalls schon mal vorsorglich Anzeige gestellt.
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Politikerkontakte als Teil des Deals
Der Verweis der Bundesregierung darauf, dass Sie nicht mehr als Geschäftsführer fungieren, kann diesen Verdacht nicht zerstreuen. Schließlich gehört Ihnen und Ihrer Frau ja noch das Unternehmen.
Auch die Aussage der Weimer Media Group, dass es "im Ermessen" der "Gäste und Speaker" liege, "ob und wie" sie miteinander umgingen, ändert nicht wirklich etwas an dem üblen Anschein, dass die Anwesenheit der Politprominenz expliziter Teil des Deals ist. Warum sonst sollte ein Manager derart viel Geld für die Teilnahme am "Ludwig-Erhard-Gipfel" bezahlen?
Für diesen Anschein sprechen auch die Verkaufsunterlagen, über die das Onlineportal "Apollo-News" berichtet. Darin soll von "Premiumvernetzung in entspannter Atmosphäre" und "Einfluss auf die politischen Entscheidungsträger" die Rede sein.
Nun könnten Sie sagen, was Politiker in solchen Situationen gemeinhin sagen, nämlich, dass es sich um eine politische Kampagne gegen Sie handele. Immerhin gehörte der Anzeigeerstatter Pretzell mal der AfD an und "Apollo-News" gilt als rechtes Medium.
Wolfram Weimer bleiben jetzt noch zwei Möglichkeiten
Aber damit machten Sie es sich zu einfach, und das dürften Sie als früherer Chefredakteur von politischen Magazinen wie dem "Focus" auch wissen. Denn für den Verdacht, der jetzt über Ihnen und damit über der gesamten Bundesregierung einschließlich des Kanzlers schwebt, sind Sie ganz allein verantwortlich.
Ihnen bleiben zwei Möglichkeiten, um den offenkundigen Interessenkonflikt aufzulösen. Sie können die Anteile Ihres Unternehmens verkaufen und Ihre Frau überreden, dasselbe zu tun. Oder Sie können von Ihrem Amt als Staatsminister zurücktreten.
Dumme Sache, klar. Doch das besonders Dumme daran ist: Je länger Sie mit Ihrer Entscheidung warten, umso weniger haben Sie später die Wahl. Die bayerische Landesregierung unter CSU-Chef Markus Söder prüft bereits, ob sie sich weiter am "Ludwig-Erhard-Gipfel" beteiligt.
Die Zeit läuft. Und sie läuft ab.
- Wolfram Weimer
- Marcus Pretzell
- Bundesregierung
- Bundeskanzleramt
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