Sie wollte als "starke Frau" wahrgenommen werden. Die scheidende Chefin der Grünen Jugend gibt Einblick in ihr Gefühlsleben - und erklärt, warum sie sich auch als "Kunstfigur" erlebt hat.

Sie hat provoziert, Ärger auch bei den Grünen ausgelöst und gab sich öffentlich meist ungerührt - doch zum Abschied fließen auch bei der scheidenden Grüne-Jugend-Chefin Jette Nietzard die Tränen. Als sie beim Bundeskongress der Grünen-Nachwuchsorganisation von Mitstreitern verabschiedet wird, überkommt die 26-Jährige in Leipzig die Rührung. Zuvor wurden Henriette Held und Luis Bobga zum neuen Vorsitzenden-Duo gewählt. 

"Niemandem in den Arsch" gekrochen

Nietzard selbst blickt selbstbewusst auf ihre Zeit an der Spitze zurück und hält eine trotzige Abschiedsrede. "Mir ist egal, was Menschen da draußen sagen, was Grüne schreiben oder was Journalistinnen mitzuteilen haben. Meine Priorität war der Verband." Sie habe sich für Feminismus und linke Asylpolitik eingesetzt, sagt Nietzard. "Beliebt gemacht hat mich das jetzt nicht, aber mein Versprechen habe ich gehalten, niemandem in den Arsch zu kriechen."

Sie berichtet: "Ich wurde das ganze Jahr als starke Frau wahrgenommen. Und ich wollte das auch, weil Gegnerinnen wollen, dass du schwach bist. Sie wollen sehen, dass mir das nahe ging, was passiert ist, und dass ich verzweifelt bin. Und das wollte ich ihnen nicht zeigen." 

"Nicht immer alles so, wie es von außen scheint"

Nietzard hatte mit Wortmeldungen immer wieder provoziert und damit Ärger und öffentliche Distanzierungen auch bei den Grünen ausgelöst. In einem RBB-Podcast dachte Nietzard laut über bewaffneten Kampf nach, falls eine Partei wie die AfD an die Macht kommen sollte. Zuletzt beschimpfte sie den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Markus Söder als "Hundesohn". 

An einem Wochenende im Juni habe sie die öffentliche Kritik schwer verarbeiten können, berichtet Nietzard beim Abschied. "Es ging mir wirklich selten so scheiße." Es sei ihr aber gelungen, nach außen die Fassung zu wahren. "Es ist ehrlich gesagt nicht immer alles so, wie es von außen scheint. Sprecherin zu sein bedeutet auch, Kunstfigur zu sein." Die Vorsitzenden heißen bei der Grünen Jugend Bundessprecher. 

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Großkonzerne und Superreiche als Krisenverursacher

Nietzards ebenfalls scheidender Co-Chef Jakob Blasel berichtet auch von einem anstrengenden Jahr. Anders als Nietzard, die ihre Erfahrungen in den Mittelpunkt stellt, kommt er aber stärker auf politische Inhalte zu sprechen. "Grünen Kapitalismus" bezeichnet er als "Feigheit", sich mit den wahren Verursachern der Krise anzulegen. "Die Großkonzerne, die Superreichen haben die Krisen dieser Welt verursacht." Zum Ende seiner Rede ringt er um Fassung. 

Gemeinsam auf die Bühne treten Nietzard und Blasel nicht, beide verlassen zunächst den Saal, als der Abschied des jeweils anderen beginnnt. Blasel erhält dann deutlich stärkeren Applaus als Nietzard.

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dpa
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