Kanzleramt bestreitet Kurswechsel zu Israel
Auch nach der Ankündigung des Bundeskanzlers, bestimmte Rüstungsgüter nicht mehr an Israel zu liefern, bleiben die Grundlinien der deutschen Israel-Politik aus Sicht der Bundesregierung unverändert. Das geht aus einem internen Papier des Kanzleramts hervor, das RTL/ntv und dem stern vorliegt.
Kanzler Friedrich Merz hatte am Freitag mitgeteilt, die Bundesregierung werde "bis auf Weiteres" keine Ausfuhren von Rüstungsgütern genehmigen, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen könnten. Er begründete dies mit der vom israelischen Sicherheitskabinett beschlossenen Ausweitung des Einsatzes im Gazastreifen.
Schon bisher seien Waffen und Munition, die im Gazastreifen genutzt werden, nicht an Israel geliefert worden, heißt es in dem Papier, das Merz' Erklärung erläutern soll. Mit anderen Worten: Gravierende Auswirkungen auf die israelische Sicherheitslage hat die Entscheidung nicht. Weiter wird betont: "Die Entscheidung über weitere Rüstungsgüter ist ausdrücklich auf einen möglichen Einsatz in Gaza beschränkt; sie stellt auf die derzeitigen, dort herrschenden Umstände ab." Für Rüstungsgüter der Luft- und Seeverteidigung beispielsweise, "die zentral für die Selbstverteidigung Israels sind", gelte die Erklärung ausdrücklich nicht.

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"Wir stehen fest an der Seite Israels", betont das Papier zudem. "Das Existenzrecht Israels bleibt unverhandelbar. Deutschland unterstützt Israel weiter dabei, seine Existenz und seine Sicherheit zu verteidigen. Israel hat das Recht, sich gegen den Terror der Hamas zu verteidigen, der den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hat."
Merz' Erklärung soll "deutschen Bitten Nachdruck verleihen"
Verwiesen wird in dem Papier auf Gespräche von Merz sowie von Außenminister Johann Wadephul mit der israelischen Regierung, um eine bessere Versorgung der Menschen im Gazastreifen zu ermöglichen. Zugleich habe Deutschland sich an Israels Seite gestellt, als das Land militärisch gegen den Iran vorgegangen sei. In der Europäischen Union habe die Bundesregierung "eine ausbalancierte Lösung" angestrebt, soll heißen: härtere Maßnahmen der EU gegen Israel verhindert. "Diese unermüdlichen diplomatischen Bemühungen und Unterstützungen zeigten wenig Wirkung", bilanziert das Kanzleramt.
Dagegen habe öffentliche Kritik der Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und Großbritannien am 25. Juli 2025 dazu beigetragen, dass Israel seine humanitären Anstrengungen verstärkt habe. Offenbar zog das Kanzleramt daraus die Lehre: Öffentlicher Druck bewirkt mehr als Diplomatie hinter den Kulissen. Im Papier heißt es jedenfalls, auch die Erklärung des Kanzlers vom Freitag ziele darauf, "den wieder und wieder formulierten deutschen Bitten Nachdruck zu verleihen, eine diplomatische Lösung des Konfliktes zu suchen".

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Nebenbei wird die Erklärung des Kanzlers mit der öffentlichen Meinung in Deutschland und Europa begründet: Die von Israel geplante Eskalation trage "zur Verschärfung gesellschaftlicher Konflikte in Deutschland und Europa bei, die wir auch im Sinne unserer Verpflichtung gegenüber dem Staat Israel vermeiden müssen".
Mehrheit der Deutschen für Anerkennung eines Staates Palästina
Wie bereits Merz am Freitag betont auch das Papier die Besorgnis der Bundesregierung mit Blick auf das Westjordanland. Die Bundesregierung beobachte die dortige Entwicklung "sehr genau". "Annexionsdrohungen, auch aus dem israelischen Kabinett heraus, sowie illegale Siedlungen und Gewalt von Siedlern gegen Palästinenser untergraben die Aussichten auf eine auf dem Verhandlungsweg erzielte Zweistaatenlösung. Die Bundesregierung tritt daher weiter Bemühungen entgegen, israelische Souveränität über die besetzten palästinensischen Gebiete zu erlangen." Dies spreche die Bundesregierung auch gegenüber der israelischen Regierung an.
Dennoch will die Bundesregierung "einer Anerkennung eines selbstständigen palästinensischen Staates bis auf absehbare Zeit nicht nähertreten". Hier wiederholt das Papier die bekannte deutsche Position: "Dieser Schritt ist erst am Ende eines politischen Prozesses angezeigt." Allerdings lässt die Formulierung "auf absehbare Zeit" auch die Möglichkeit einer Positionsveränderung offen.
Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst bei ntv
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