„Luftverkehr wieder attraktiver machen“ – Der Regierungsplan für den Tourismus
Die Reiselust Einheimischer und ausländischer Besucher, die in Deutschland Urlaub machen wollen, ist ungebrochen. 496,1 Millionen Übernachtungen verbuchten die Hotels und Herbergen hierzulande laut Bundeswirtschaftsministerium im vergangenen Jahr – ein Rekord. Und der Höhenflug hat im ersten Halbjahr 2025 angehalten. Reisebüros, Anbieter von Pauschalreisen sowie Messe- und Kongressveranstalter hierzulande melden ebenfalls eine hohe Nachfrage. Nach Angaben des Deutschen Reiseverbands werden allein die Ausgaben der Deutschen für Urlaubsreisen 2025 voraussichtlich um rund sechs Prozent auf rund 85 Milliarden Euro steigen.
Nur: Trotz der Erholung bei den Gästezahlen nach der Corona-Pandemie bleibt die wirtschaftliche Lage der Tourismus-Branche insgesamt angespannt. Viele Betriebe können die gestiegenen Kosten für Energie, Lebensmittel oder Personal nicht oder nur zum Teil weitergeben und höhere Preise von den Gästen verlangen. Gewinne und Margen sinken.
Nun will die Bundesregierung gegensteuern und die Unternehmen unterstützen: Der Koordinator der Bundesregierung für Tourismus und maritime Wirtschaft, Christoph Ploß (CDU), hat einen Fünf-Punkte-Plan zur Stärkung der Branche erarbeitet. In dem Papier, das WELT vorliegt, setzt er auf eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten, eine Reduzierung von Steuern und Gebühren, geringere Zahlungen von Anbietern in den Reisesicherungsfonds, bessere Verkehrsanbindungen, vor allem an den Flughäfen, und weniger Bürokratie.
„Urlauber fällen ihre Reiseentscheidung nicht nur aufgrund des Kulturangebots, der Natur, der Strände oder Landschaften, sondern auch aufgrund von zuverlässigen Verkehrsanbindungen, guten Serviceleistungen und Preisangeboten. Die deutschen Tourismus-Betriebe stehen dabei im internationalen Wettbewerb“, sagt Ploß WELT. „Die Kostenbelastung für die Unternehmen in Deutschland ist derzeit hoch. Deshalb ist es wichtig, Gebühren, Abgaben und Steuern für die Tourismus-Branche zu senken. Dafür haben wir nun als Bundesregierung bereits in den ersten Monaten konkrete Vorschläge vorgelegt, die noch in diesem Jahr umgesetzt und ihre Wirkung entfalten werden.“
„Luftverkehrsspezifische Steuern sollten gesenkt werden“
Bereits beschlossen ist eine stufenweise Senkung der Entgelte von Anbietern für Pauschalreisen in den Deutschen Reisesicherungsfonds, aus dem Urlauber im Fall einer Insolvenz ihres Reiseanbieters unterstützt werden. Geleistete Zahlungen für nicht erbrachte Leistungen werden aus dem Fonds erstattet oder Rückreisen gestrandeter Urlauber organisiert. Derzeit müssen die Unternehmen ein Prozent des absicherungspflichtigen Umsatzes in den Fonds einzahlen. Ab September dieses Jahres werden es 0,75 Prozent sein, ab November dann 0,5 Prozent. „Pauschalreisen sind im Insolvenzfall weiterhin abgesichert“, heißt es in dem Fünf-Punkte-Plan. Möglich ist das, weil der entsprechende Topf mit derzeit rund einer Milliarde Euro gut gefüllt ist.
Eine weitere Maßnahme zielt auf die Stärkung der Luftfahrtbranche. Airlines hatten in der Vergangenheit Verbindungen in Deutschland aufgrund hoher Steuern und Gebühren an den Flughäfen gestrichen. „Um Deutschland auch für den Luftverkehr wieder attraktiver zu machen, sollten luftverkehrsspezifische Steuern, Gebühren und Abgaben gesenkt werden“, heißt es in dem Papier. Vor allem die Luftverkehrssteuer müsse gesenkt werden, so Ploß. Im am Mittwoch vorgestellten Haushaltsentwurf von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) ist allerdings keine solche Senkung vorgesehen. Laut Kabinettsvorlage wird im kommenden Jahr mit Einnahmen aus der Luftverkehrsteuer von 2,07 Milliarden Euro gerechnet.
Einen Schritt weiter ist die Koalition bei dem Plan, die Visavergabe für Touristen und Geschäftsreisende, die nach Deutschland wollen, zu erleichtern. „Für das Jahr 2026 haben wir Mittel für die Digitalisierung der Schengen-Visa im Haushalt eingestellt und kommen damit einem lange geäußerten Wunsch der deutschen Unternehmen nach“, so Ploß. „Insbesondere die Tourismus- und Messewirtschaft wird davon profitieren.“
Der Tourismus-Koordinator fordert außerdem die Umstellung von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit, eine dauerhafte Senkung der Umsatzsteuer für die Gastronomie auf sieben Prozent sowie den Abbau vieler Dokumentations- und Berichtspflichten. „Unser Ziel ist es, statt auf regelmäßige Nachweispflichten im Gastgewerbe vermehrt auf die Sanktionierung von Verstößen und einen risikoorientierten Ansatz im Vollzug zu setzen, zum Beispiel bei der Lebensmittelhygienedokumentation in der Gastronomie“, heißt es in seinem Plan.
Dieser ist Teil der Initiative der Bundesregierung zur Stärkung der schwächelnden Wirtschaft. Der Tourismus gehört zu den wichtigen Wirtschaftssektoren in Deutschland. Laut Branchenangaben sind etwa 2,9 Millionen Menschen direkt in der Branche beschäftigt – das entspricht rund sieben Prozent aller Arbeitsplätze. Hierzu zählen das Gastgewerbe (Hotellerie und Gastronomie) ebenso wie Reisebüros, Reiseveranstalter, Transportwesen und Freizeiteinrichtungen. Der World Travel & Tourism Council rechnet damit, dass der Beitrag der Branche zum Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr bei knapp 500 Milliarden Euro liegen werde; das wäre ein Anteil von elf bis zwölf Prozent.
Nach einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer sind die Einschätzungen vieler Unternehmen in der Tourismus-Branche jedoch pessimistisch, inklusive ihrer Erwartung an die Geschäftsentwicklung. Im Gastgewerbe erwarten demnach nur zehn Prozent der Betriebe eine Verbesserung, fast jeder vierte Betrieb hat hingegen negative Erwartungen (39 Prozent). Nur 21 Prozent der Betriebe schätzen ihre Lage als gut ein. Bei den Reisevermittlern sind es 38 Prozent, bei den Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstaltern 35 Prozent.
In der Erhebung heißt es: „Fast vier von fünf gastgewerblichen Betrieben nennen steigende Kosten für Energie- und Rohstoffe (79 Prozent) als Geschäftsrisiko. Fast genauso häufig werden Arbeitskosten genannt (73 Prozent).“
Nikolaus Doll berichtet für WELT über die Unionsparteien sowie über die Bundesländer im Osten.
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