Dieses 18. Sanktionspaket der EU gegen Russland als Folge des Überfalls auf die Ukraine hat es in sich – wenn es tatsächlich in vollem Umfang umgesetzt werden sollte. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sprach bereits vor Wochen im Zusammenhang mit den neuen Strafmaßnahmen von „harten“ und „einschneidenden Sanktionen“.

Man wolle so den Druck auf Moskau erhöhen, einem bedingungslosen Waffenstillstand mit der Ukraine zuzustimmen. „Stärke ist die einzige Sprache, die Russland verstehen wird“, sagte die Christdemokratin aus Deutschland. Tatsächlich gehen die Maßnahmen in Teilen weit über die bisherigen Sanktionspakete hinaus. Sie sind auch ein klares Signal an Amerika, die dort im Kongress geplanten Sanktionen gegen Russland – sie sehen bisher Strafzölle von bis zu 500 Prozent für Staaten vor, die mit Russland Geschäfte machen – zumindest teilweise umzusetzen.

Noch aber muss der Kongress zustimmen und niemand weiß, wie weit US-Präsident Donald Trump bei Strafmaßnahmen gegen Moskau am Ende wirklich bereit ist zu gehen. Aus Sicht der Europäer soll dieses neue Sanktionspaket der EU jedenfalls ein Anreiz sein für Washington, harte Maßnahmen zu ergreifen. Zudem soll es der US-Administration zeigen: Europa tut etwas.

Dabei hatte sich zuvor die Slowakei wochenlang geweigert, dem neuen Sanktionspaket zuzustimmen. Hintergrund war ein Streit um das geplante Verbot von Gasimporten aus Russland. Nun gab die Slowakei ihre Blockade auf. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico erklärte, er habe „Garantien“ aus Brüssel in Bezug auf die Gaspreise in seinem Land erhalten. Wie diese „Garantien“ aussehen, ist allerdings unklar.

Das 18. Sanktionspaket, das die EU-Europaminister am Freitag nach Angaben aus Diplomatenkreisen verabschiedeten, sieht verschiedene Maßnahmen vor.

1. Senkung des Preisdeckels für russische Ölexporte

Das neue Paket sieht einen „dynamischen“ Preisdeckel für russische Ölexporte vor, der den Preis zunächst auf 15 Prozent unter dem Weltmarktpreis festlegt. Die EU, die G-7-Staaten und Australien hatten im Dezember 2022 eine Preisobergrenze von 60 Dollar (rund 52 Euro) pro Barrel für russisches Öl beschlossen. Ziel: Moskaus Einnahmen aus dem Energiesektor etwa durch Ölexporte an Länder wie China oder Indien sollen verringert werden.

Diese Maßnahme soll international tätige Reedereien und Versicherungsunternehmen daran hindern mit Russland zusammenzuarbeiten, wenn das Land versucht, Öl oberhalb dieses Preises zu exportieren. Im neuen Sanktionspaket wird dieser Preisdeckel von den EU-Staaten nun auf 47,60 Dollar weiter abgesenkt, wobei dieser in Zukunft an den schwankenden Weltmarktpreis angepasst werden kann.

Ohne das Mitziehen der G 7, insbesondere der USA, dürfte diese Absenkung allerdings eine nur geringe Wirkung entfalten. G-7-Staaten wie Japan und Kanada haben sich nach Angaben von Diplomaten bereit erklärt, sich der Regelung anschließen. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass einige Staaten den Ölpreisdeckel durch Lieferungen durch eine sogenannte russische Schattenflotte zu unterlaufen versuchen.

2. Mehr Druck auf die russische Schattenflotte

Rund 550 Schiffe setzt Russland weltweit ein, um die Sanktionen zu unterlaufen. 342 sind bereits mit einem Hafenverbot in der EU belegt. Im neuen Sanktionspaket kommen jetzt 105 weitere Schiffe dieser sogenannten russischen Schattenflotte hinzu, mit der Moskau die Öl-Exportbeschränkungen umgeht.

3. Keine Wiederinbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines

Die neuen Maßnahmen verbieten Betreibern aus der EU, sich an einer Reaktivierung der derzeit außer Betrieb befindlichen Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee zu beteiligen. In der Praxis haben die Sanktionen gegen die Pipelines aus verschiedenen Gründen praktisch keine Folgen für die Versorgung mit Gas in Deutschland und auch nicht für die russischen Gasexporte – weil die Pipelines ohnehin außer Funktion sind.

Trotzdem haben die Maßnahmen eine Bedeutung. Denn es wird weiterhin spekuliert, dass eine Inbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines im Rahmen eines Abkommens zwischen Russland und Amerika oder im Rahmen eines möglichen Waffenstillstands möglich sein könnte.

4. Schlag gegen Indien und die Türkei

Importe von raffinierten Produkten wie Diesel sollen verboten werden, wenn sie aus russischem Rohöl hergestellt wurden. Das betrifft Drittstaaten wie Indien und die Türkei. Das dürfte Russland empfindlich treffen, denn seine Einnahmen aus solchen Geschäften sind erheblich.

5. Weitere Verbote

Es gibt ein erweitertes Transaktionsverbot für Geschäfte mit russischen Banken und weitere Beschränkungen für die Ausfuhr von sogenannten Dual-Use-Gütern. Dabei handelt es sich um Rohstoffe oder Erzeugnisse, die sowohl für militärische als auch zivile Zwecke verwendet werden können.

Bundeskanzler Friedrich Merz zeigte sich erleichtert und dankte dem slowenischen Ministerpräsidenten Fico für dessen Zustimmung zum Sanktionspaket. „Es trifft Banken, Energie und Militärindustrie. Das schwächt Russlands Möglichkeiten, den Krieg gegen die Ukraine weiter zu finanzieren“, sagte Merz und ergänzte: „Wir halten den Druck auf Russland hoch.“

Merz kritisierte jedoch, dass die Einigung erst jetzt zustande kam. „Es hat eben auch wieder sehr lange gedauert“, sagte er. Die Prozesse seien zu schwerfällig „und deswegen müssen wir auch ganz selbstkritisch sagen: Wir müssen besser werden in der Europäischen Union“. Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot nannte die neuen Sanktionen „beispiellos“. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas bezeichnete das neue Paket der EU als „eines ihrer bislang schärfsten“.

Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte die Einigung. Diese Entscheidung sei „essenziell“ und komme angesichts der zunehmenden „Brutalität der Angriffe“ durch Russland auf die Ukraine zur richtigen Zeit.

Der Kreml in Moskau sprach von „illegale“ EU-Sanktionen. „Wir werden das neue Paket sicherlich analysieren, um seine Auswirkungen zu minimieren“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. „Aber jedes neue Paket verstärkt die negativen Auswirkungen auf genau die Länder, die sich daran beteiligen.“

Christoph B. Schiltz ist Korrespondent in Brüssel. Er berichtet unter anderem über Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU, die europäische Migrationspolitik, die Nato und Österreich.

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