Ukraine schätzt Kosten für Wiederaufbau auf mehr als 850 Milliarden Euro
Der Wiederaufbau der Ukraine wird nach Schätzungen aus Kiew umgerechnet mehr als 850 Milliarden Euro über einen Zeitraum von 14 Jahren kosten. „Unsere Konzeption sieht die Schaffung von zwei Fonds in Höhe von einer Billion US-Dollar vor“, sagte Ministerpräsident Denys Schmyhal, der per Video zu einer Wiederaufbaukonferenz in Rom zugeschaltet war.
Der erste von Kiew verwaltete „Ukraine-Fonds“ solle über beschlagnahmte russische Vermögenswerte im Ausland in Höhe von umgerechnet mehr als 460 Milliarden Euro finanziert werden. Ein zweiter Fonds mit einem Volumen von umgerechnet fast 400 Milliarden Euro soll demnach über private Investitionen zustande kommen.
Schmyhal forderte die Verbündeten zudem auf, weitere Finanzmittel aufzuwenden, um das ukrainische Haushaltsdefizit auch in den Jahren 2026 und 2027 zu decken. „Unter Friedensbedingungen und ohne Waffenherstellung kostet der Unterhalt der ukrainischen Armee 50 Milliarden Euro im Jahr. Wir zählen darauf, dass die Hälfte von der EU kommt“, unterstrich der Regierungschef.
Deutsche Unternehmen haben nach den Worten von Merz ein großes Interesse daran, am Wiederaufbau der Ukraine mitzuwirken. Die Beteiligung privater Unternehmen sei wichtig, da die öffentliche Hand die „enormen Kosten“ des Wiederaufbaus nicht allein tragen könne, sagte Merz in Rom. Bei den deutschen Unternehmen bestehe daran „enormes Interesse“.
Deutschland beteilige sich mit anderen europäischen Ländern am sogenannten Europäischen Flagship Fund für den Wiederaufbau des Landes. Die Bundesregierung unterstütze „voll und ganz“ das Ziel, umfangreiche private Investitionen für den Wiederaufbau der Ukraine zu mobilisieren.
Merz verwies auf die Erfahrungen beim Wiederaufbau Europas und speziell Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, von denen manche auch der Ukraine helfen könnten. Wichtig seien etwa „starke internationale Partner und internationale Unterstützung“, welche die Ukraine habe. Der Bundeskanzler verwies zudem auf die Bedeutung einer „erfolgreichen europäischen Integration der Ukraine“. Berlin unterstütze Kiew auf seinem Weg in die EU „voll und ganz“ – dies beinhalte auch Reformen im Kampf gegen die Korruption oder zur Stärkung des Rechtsstaats.
Die Konferenz in Rom begann mit einer emotionalen Rede von Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni. Meloni betonte, es dürften vom Wiederaufbau keinesfalls jene profitieren, die der russischen Kriegsmaschinerie geholfen hätten. Sie würdigte die Hartnäckigkeit und Tapferkeit des ukrainischen Volkes bei der Verteidigung ihres angegriffenen Landes und versprach der Ukraine für die Zeit nach dem Krieg Wiederaufbau, Freiheit und Wohlstand.
Mit besonderem Nachdruck kritisierte die Gastgeberin der Konferenz die Zerstörung von Kirchen und Museen durch die russischen Angreifer. Diese Kulturgüter gehörten zum gemeinsamen europäischen Erbe, auch sie werde man wieder aufbauen. Meloni erinnerte an die Geschichte Italiens nach dem Zweiten Weltkrieg und daran, dass der Wiederaufbau die Grundlage für das darauffolgende Wirtschaftswunder gewesen sei. Eine ähnlich leuchtende Zukunft stehe der Ukraine nach dem Krieg und dem Wiederaufbau bevor.
Noch nie so viele tote Zivilisten wie im Juni
Die Zahl der getöteten und verletzten Zivilisten in der Ukraine erreichte unterdessen nach Angaben der UN im vergangenen Juni einen Höchststand seit Beginn des russischen Angriffskrieges vor drei Jahren. Mindestens 232 Zivilisten seien in jenem Monat getötet und 1343 weitere verletzt worden, erklärte die UN-Menschenrechtsbeobachtermission in der Ukraine am Donnerstag. „Zivilisten in der Ukraine erleben ein Ausmaß an Leid, das wir in mehr drei Jahren noch nicht gesehen haben“, sagte die Leiterin der UN-Mission, Danielle Bell.
Russland hat in den vergangenen Wochen seine Angriffe auf die Ukraine nach Angaben aus Kiew deutlich verstärkt. In der Nacht auf Mittwoch griff die russische Armee demnach mit 728 Drohnen und 13 Raketen insbesondere den Westen des Landes an. Es waren die massivsten Luftangriffe seit Beginn des Krieges im Februar 2022.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte, nur die Freunde der Ukraine seien aufgerufen, ihr beim Wiederaufbau zu helfen. Er dankte in seiner Rede auch dem Vatikan für dessen Rolle bei der Rückführung von ukrainischen Kindern, die nach Russland entführt worden seien, in ihr Heimatland. Diese Bemühungen gingen weiter, auch mit Unterstützung von italienischen Stellen.
Am Mittwoch hatte Papst Leo XIV. den Präsidenten am päpstlichen Sommersitz in Castel Gandolfo nahe Rom empfangen. Dabei betonten beide die Notwendigkeit eines Friedensdialogs zur Beendigung des Krieges. Erneut bot Leo XIV. den Vatikan als Ort dieser Gespräche an.
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