„Operation Midnight Hammer war der Höhepunkt von 15 Jahren unglaublicher Arbeit“
Fast im Minutentakt postet Donald Trump derzeit Kommentare zur Bombardierung von Irans Nuklearanlagen vergangenen Sonntag. „Die kleinen Lastkraftwagen vor der Anlage (in Fordo, d. Red.) gehörten Arbeitern, die die Schäfte mit Beton abdeckten. Nichts wurde aus der Anlage entfernt. Würde viel zu lang dauern, wäre zu gefährlich und sehr, sehr hart zu transportieren!“, erklärte der US-Präsident am Donnerstagmorgen Ostküstenzeit.
Vehement geht seine Regierung in die Offensive, seitdem mehrere US-Medien am Mittwoch über eine erste Einschätzung des Militärgeheimdienstes DIA berichteten. Dieser zufolge haben die auf Fordo abgeworfenen GBU-57 Massive Ordnance Penetrator (MOP) Teherans Nukleararbeiten nur um mehrere Monate zurückgeworfen.
Am frühen Donnerstagmorgen luden Verteidigungsminister Pete Hegseth und US-Generalstabschef Dan Caine zu einer Pressekonferenz ins Pentagon, um mehr Details über den Angriff zu geben. Nach der einstündigen, teilweise angespannten Veranstaltung war eines klar: Viele Fragen bleiben ohne Antwort.
Die zwei wichtigsten: Ob Teheran hoch angereichertes Uran abtransportieren und in Sicherheit bringen ließ? „Mir sind keine Geheimdienstinformationen bekannt, die ich überprüft habe und die besagen, dass die Dinge nicht dort waren, wo sie sein sollten“, so Hegseths vage Antwort. Unbeantwortet bleibt auch, ob das Atomprogramm durch die Bombardierung tatsächlich komplett vernichtet und damit auf lange Sicht zurückgeworfen wurde.
Trump benutzt seit der Bombardierung stets den Begriff „obliterated“, zu Deutsch ausgelöscht. Sein Verteidigungsminister und Generalstabschef vermieden den Begriff. „Man kann das Wort ,zerstört‘ wählen oder ,besiegt‘, man kann es als ,ausgelöscht‘ bezeichnen – wählen Sie Ihr Wort“, sagte Hegseth. Und fügte hinzu: „Dies war ein historisch erfolgreicher Angriff, und wir sollten ihn als Amerikaner feiern. Er gibt uns die Chance auf Frieden.“
Generalstabschef Caine gab derweil Details über die „Operation Midnight Hammer“ preis, die Einblick geben in die Dimension der Vorbereitung auf den Angriff am 22. Juni. Im Jahr 2009 sei ein Beamter der Behörde DTRA (Defense Threat Reduction Agency), die auf die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen spezialisiert ist, in eine unterirdische Kammer an einem unbekannten Ort gebracht worden.
„Ihm wurden einige Fotos und streng geheime Geheimdienstinformationen gezeigt, die auf ein offenbar großes Bauprojekt in den iranischen Bergen hindeuteten. Er wurde beauftragt, diese Anlage zu untersuchen und mit den Geheimdiensten zusammenzuarbeiten, um sie zu verstehen“, so Caine. Mehr als 15 Jahre lange habe dieser Beamte mit weiteren Kollegen die Urananreicherungsanlage Fordo studiert, „ein entscheidendes Element des geheimen iranischen Atomwaffenprogramms“.
„Er studierte die Geologie und beobachtete die Iraner beim Ausheben. Er beobachtete die Bauarbeiten, das Wetter, das Abfallmaterial, die Geologie, die Baumaterialien und deren Herkunft. Er untersuchte den Entlüftungsschacht, den Abluftschacht, die elektrischen Anlagen, die Klimakontrollsysteme, jeden Winkel, jeden Krater, jedes Gerät, das hineinging. Und jedes Gerät, das hinausging. Sie träumten buchstäblich nachts im Schlaf von diesem Ziel“, so Caine.
Hunderte von Testschüssen
Schnell sei klar gewesen, dass Iran „einen mehrschichtigen unterirdischen Bunkerkomplex mit Zentrifugen und anderen Geräten nicht für friedliche Zwecke in einem Berg baut“. DTRA begann, gemeinsam mit der Industrie die GBU-57 zu entwickeln. „Sie führten Hunderte von Testschüssen durch und warfen unzählige Waffen in Originalgröße auf äußerst realistische Ziele – mit einem einzigen Ziel: Dieses Ziel zu dem von unserer Nation gewählten Zeitpunkt und Ort zu zerstören.“
Und dann, „eines Tages im Juni 2025, mehr als 15 Jahre nach Beginn ihres Lebenswerks“, habe das Telefon geklingelt. Hegseth fügte hinzu, dass er über die Beteiligten und die lange Vorbereitung bisher nur in Teilen informiert gewesen war. Diese Geschichte „macht mich stolz, Amerikaner zu sein“. Einen Stolz, den der Irak- und Afghanistan-Veteran und ehemalige „Fox“-Moderator Vertretern der US-Medien abspricht.
Die US-Administration greift die Presse, darunter auch „Fox“, mit Wucht an. Sie hätten „durchgestochenes Material von kleinen Losern“ übernommen. „Jeder mit zwei Ohren, zwei Augen und einem Gehirn kann erkennen, dass diese Feuerkraft mit dieser Genauigkeit an diesem und anderen Orten verheerende Auswirkungen haben wird“, so Hegseth. Es werde noch „Tage und Wochen“ dauern, um mehr Klarheit zu bekommen. „Wenn Sie wissen wollen, was in Fordo vor sich geht, sollten Sie dorthin fahren und eine große Schaufel mitnehmen.“
Israel, die Internationale Atomenergiebehörde IAEA, die Vereinten Nationen, selbst der Iran hätten die Leistungsfähigkeit des Waffensystems und dessen Zerstörungskraft anerkannt, erklärte Hegseth. Sein Chef schrieb kurz nach Ende der Pressekonferenz: „Die ,Fake News‘ sollten alle feuern, die sich an dieser Hexenjagd beteiligen“. Trump forderte zudem eine Entschuldigung „bei unseren großartigen Kriegern und allen anderen“.
Stefanie Bolzen berichtet für WELT seit 2023 als US-Korrespondentin aus Washington, D.C. Zuvor war sie Korrespondentin in London und Brüssel.
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