„Befremdlich“, „ungeschickt“ – Kritik an Merz-Aussagen zur „Drecksarbeit“ Israels
Die Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zum israelischen Angriff auf Israel stoßen in der deutschen Politik auf Unverständnis und Kritik. „Wenn der Bundeskanzler sagt, Israel mache im Iran die Drecksarbeit für uns, ist das mehr als befremdlich“, sagte etwa der SPD-Politiker Ralf Stegner dem „Spiegel“. Widerspruch kam auch von Grünen, Linken und vom Bündnis Sahra Wagenknecht.
Merz hatte in einem ZDF-Interview mit Blick auf Israels Krieg gegen den Iran das Wort „Drecksarbeit“ benutzt und gesagt: „Ich kann nur sagen, größten Respekt davor, dass die israelische Armee den Mut dazu gehabt hat, die israelische Staatsführung den Mut dazu gehabt hat, das zu machen.“
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sprach von einer Entgleisung sondergleichen. Merz „legitimiert in unverfrorener Weise einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, dem bereits Hunderte Zivilisten im Iran zum Opfer gefallen sind“, sagte Wagenknecht. Das sei ein Bruch mit der Tradition der außenpolitischen Mäßigung.
Merz habe offenbar kein Problem mit einem Kriegseintritt der USA. „Dass jetzt ein Flächenbrand im Nahen Osten droht, ist dem Kanzler keine Silbe wert“, sagte Wagenknecht. „Mehr Doppelmoral geht nicht.“
Linken-Politiker Pellmann sieht einen „Skandal“
Linken-Bundestagsfraktionschef Sören Pellmann kritisierte: „Dass Kanzler Merz jetzt das Völkerrecht über Bord wirft und in die verheerende Logik eines ‚Rechts des Stärkeren‘ einstimmt, ist ein Skandal und beschädigt Deutschlands Ansehen bei den Vereinten Nationen und darüber hinaus massiv.“ Merz' Äußerungen seien eine Absage an rechtsstaatliche und internationale Normen. „Den meisten von uns dürfte noch nicht klar sein, wo das enden kann“, sagte Pellmann der dpa.
SPD-Politiker Stegner sagte: „Mit einer solchen Diktion suggeriert Herr Merz selbst, dass die militärische Attacke Netanjahus gegen den Iran mutmaßlich völkerrechtswidrig war.“ Für einen Vertreter Deutschlands sei jedwede öffentlich geäußerte Erleichterung völlig unangebracht. „Das gilt erst recht, wenn man die fraglos erheblichen Eskalationsgefahren mit einbezieht“, sagte der Sozialdemokrat.
Auch die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Siemtje Möller, warnte gegenüber „T-Online“ vor scharfer Rhetorik aus Deutschland: Die Lage im Nahen Osten sei „hochsensibel und brandgefährlich“. „Gerade in einer solchen Situation braucht es von allen politisch Verantwortlichen diplomatisches Fingerspitzengefühl in der öffentlichen Kommunikation.“
Die Verteidigungsexpertin appellierte in dem Interview an den Kanzler: „Alle politisch Verantwortlichen sollten jetzt zur Deeskalation beitragen – mit dem Ziel, Iran an den Verhandlungstisch zurückzubringen und einer diplomatischen Lösung den Weg zu ebnen.“ Vom iranischen Mullah-Regime gehe eine „erhebliche Gefahr“ für Israel aus. Es sei ihrer Meinung nach das erklärte Ziel des Regimes, Israel zu vernichten. Israel habe, wie jedes Land, ein legitimes Recht auf Selbstverteidigung, allerdings sei dieses Recht „völkerrechtlich klar begrenzt“, so Möller. Ob tatsächlich eine „unmittelbare Bedrohung durch den Iran“ vorgelegen habe, werde derzeit sorgfältig geprüft und völkerrechtlich bewertet.
Hofreiter stößt sich an der Wortwahl
Auch die Parlamentarische Geschäftsführerin und stellvertretende außenpolitische Sprecherin der SPD, Derya Türk-Nachbaur, rügte Merz. „‚Drecksarbeit‘ ist kein Begriff, den ich in diesem Zusammenhang nennen möchte. Sowohl im Iran als auch in Israel sterben Zivilisten. Frauen, Kinder, junge und alte Menschen, die diesen Krieg nicht verantworten“, sagte sie „T-Online“.
Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter wiederum sagte WELT TV: „Ich halte die Wortwahl für ungeschickt.“ Im Iran seien 80 bis 90 Prozent der Menschen gegen das islamistische Regime – „und bei den Angriffen Israels auf den Iran sterben auch Zivilisten“.
Deshalb solle man Worte vorsichtig wählen, meinte Hofreiter. „Aber natürlich wäre es wünschenswert für ganz viele Menschen auf dieser Welt und insbesondere auch für die Menschen im Iran und in Israel, wenn das Mullah-Regime fallen würde.“
Van Aken rät Merz, „mal ein Klo zu putzen“
Der Ko-Vorsitzende der Linken, Jan van Aken, sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Merz sollte mal ein Klo putzen. Dann wüsste er, was Drecksarbeit bedeutet. Wenn Menschen getötet werden, nennt Merz das Drecksarbeit. Damit verhöhnt er die Opfer von Krieg und Gewalt.“
„Die iranische Atombombe muss verhindert werden. Das ist durch kluge Verhandlungen möglich. Oder durch einen dreckigen Krieg. Wir können uns noch immer entscheiden, für welchen Weg wir uns starkmachen wollen“, betonte van Aken, der im Bundestag Mitglied des Auswärtigen Ausschusses ist. Er sei „immer dafür, den Weg der Diplomatie zu gehen, solange es einen Weg der Verhandlungen gibt“. In den vergangenen zwanzig Jahren sei es gelungen, durch „kluge Diplomatie mit dem Atomdeal eine militärische Eskalation und gleichzeitig eine iranische Atombombe zu verhindern“.
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