Der Kanzler versteht sich ausgerechnet mit dem US-Präsidenten Donald Trump, der die amerikanische Demokratie bedroht. Schwer zu ertragen – und trotzdem richtig.

Na, ist doch gut gelaufen für Friedrich Merz. Donald Trump hat ihn nicht fertiggemacht, sondern gelobt; er hat ihn nicht der Tyrannei geziehen, sondern sein Englisch gewürdigt; er hat nicht verlangt, dass der Kanzler mit der AfD koaliert, Trump reicht schon, dass Merz mit Angela Merkel gebrochen hat. Der Präsident und der Kanzler, sie können gut miteinander – genau so, wie es Merz als Oppositionspolitiker einst vorausgesagt hat. Zum ersten Mal in der Regierungszeit von Friedrich Merz kann man über den Kanzler uneingeschränkt sagen: versprochen, gehalten.

Äh, Moment mal. Trump und Merz jetzt "best buddies? Ist das nicht dieser Trump, der die amerikanische Demokratie angreift, die Justiz ignoriert, Entwicklungshilfe streicht, Zölle anhebt, Kanada und den Panamakanal beansprucht, Studenten rauswirft, Harvard bekriegt, Steuern für Reiche senkt, Hilfen für Arme kürzt und sich und seine Familie hemmungslos bereichert, kurz: the American Alb-dream? Ist das nicht dieser Präsident, bei dem es eigentlich ehrenhafter erscheint, wenn man im Oval Office zusammengefaltet oder gedemütigt wird, weil es in Wahrheit die ganze Ahnungslosigkeit, Hässlichkeit und Verlogenheit dieses Narzissten und seiner Regierung von Speichelleckern dokumentiert?

Besuch im Oval Office Fritz im Glück: Der Kanzler zu Gast bei der Trump-Show

Ja, das ist dieser Donald Trump, den die Deutschen – und nicht nur sie – in ihrer großen Mehrzahl verachten, fürchten oder gleich für verrückt halten. Und mit dem versteht sich jetzt unser Kanzler? Und das finden wir plötzlich alle gut? Soso.

Merz muss mit denen arbeiten, die da sind

Das Problem in der Politik – und in der Außenpolitik zumal – besteht darin, dass man nur mit denen arbeiten kann, die da sind. So irrational dieser Präsident uns erscheint, so eindeutig sind die Mehrheitsverhältnisse in den USA. Wir können die Augen schließen und uns ganz, ganz fest wünschen, dass Trump verschwinden möge, aber es wird nicht gelingen. 

Leider ist Trump auch nicht nur eine Person, sondern der oberste Repräsentant eines Staates, auf den Deutschland noch für viele Jahre angewiesen sein wird, wenn es einigermaßen in Sicherheit leben will. Und seien wir ehrlich: Ähnlich wie bei manchen Ostdeutschen zu Russland, gibt es unter vielen Westdeutschen bis heute eine tief verwurzelte Sehnsucht nach Harmonie im Verhältnis zu den USA, unabhängig von der politischen Wetterlage. Gerhard Schröder hat im Streit um den Irak-Krieg einmal wirklich bis zur Sprachlosigkeit mit dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush durchgezogen. Das fand man wohl richtig, aber richtig wohl war uns auch nicht dabei. 

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

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Trump vs. Musk "Plötzlich hatte er ein Problem"

Friedrich Merz hat wenig Einfluss darauf, ob ihn Trump persönlich würdigt, charmiert oder sogar zu einem Freund erklärt. Seine Leistung liegt darin, wie er selbst darauf reagiert – und das hat der Kanzler bei seinem Antrittsbesuch verdammt geschickt gemacht. Er huldigte nicht diesem Präsidenten, sondern den Vereinigten Staaten von Amerika, ihrer Geschichte, ihren Verdiensten auch um Deutschland und ihren Möglichkeiten in der internationalen Politik bis hin zum Krieg Russlands gegen die Ukraine. Der Kanzler hat sich die Freundlichkeiten gefallen lassen, aber er ist Trump nicht auf den (Sch)Leim gegangen. 

Ja, und? Was nützt das jetzt? 

Ja, und? Was nützt das jetzt? Wenn Friedrich Merz einen Draht zu Donald Trump aufbaut und erhalten kann, dann kann er ihm auf diesem Wege erklären, warum der Präsident auch den USA schadet, wenn er die Zölle in die Höhe treibt, warum ein gutes Verhältnis zu Europa nützlich sein kann, warum Putin der Verbrecher ist und nicht Selenskyj. Trump selbst hat in der Pressekonferenz den Krieg zwischen Russland und den USA mit dem Streit zweier Kinder verglichen. 

Dass er von dieser Art der Konfliktaustragung etwas versteht, zeigt das gegenseitige Bewerfen mit Sandförmchen, mit dem jetzt Trumps Freundschaft zu Elon Musk zerbricht. Der Präsident sieht nicht nur andere als Kindsköpfe, er ist selbst einer. Und Friedrich Merz hat sich mit seinem Besuch die Möglichkeit erarbeitet, ihm so, wie es auch Emmanuel Macron und Keir Starmer schon praktizieren, gut zuzureden, manche Sachverhalte ausführlich zu erklären und ihn politisch ein wenig an die Hand zu nehmen. Das ist nicht viel. Aber schon mal was. 

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