„Trumps Allmachtstreben hat einen erneuten Dämpfer erhalten“
Die Entscheidung eines US-Bundesgerichts zur Aufhebung eines Großteils der von Präsident Donald Trump verhängten Zölle wird in der schwarz-roten Koalition noch nicht als Entwarnung im Handelsstreit mit den Vereinigten Staaten gewertet. Dies liege nicht nur daran, dass die US-Regierung umgehend Berufung eingelegt habe, sagte der CDU-Wirtschaftspolitiker Andreas Lenz WELT.
„Es wird auch zur Nagelprobe kommen, inwieweit die US-Administration die Urteile von Gerichten akzeptiert, aber auch inwieweit der Kongress seine eigentlich ihm zustehenden Rechte wahrnimmt.“ Unabhängig davon müsse die EU weiter mit der US-Regierung verhandeln und auch Gegenmaßnahmen vorbereiten, forderte Lenz. „Ziel muss ein Abkommen mit den USA sein, dem größten Handelspartner Deutschlands. Klar ist nämlich, dass ein Handelskonflikt beiden Seiten schadet und Zölle die Inflation erhöhen und damit das Leben verteuern.“
Das Bundesgericht für internationalen Handel in New York hatte Trumps Regierung untersagt, weitreichende Zölle unter Berufung auf ein Notstandsgesetz zu verhängen. Die Entscheidung betrifft fast alle von Trumps Regierung erlassenen Zölle – darunter jene Strafabgaben, die der Republikaner am von ihm so bezeichneten „Tag der Befreiung“ Anfang April verhängt hatte, aber auch bestimmte Zölle auf Waren aus Kanada, Mexiko und China. Nicht aufgehoben wurden allerdings die Zölle auf Stahl, Aluminium und Autos – diese wurden nicht unter Hinweis auf eine Notlage erlassen. Damit sind auch die deutschen Autobauer weiterhin betroffen.
Der SPD-Wirtschaftspolitiker Sebastian Roloff äußerte die Hoffnung, dass durch die Gerichtsentscheidung Vernunft bei der US-Administration einkehre, auch wenn diese bisher nicht für ihren Respekt vor der Rechtsstaatlichkeit bekannt sei. Trumps Zollpolitik schade allen Beteiligten seit Monaten, besonders den USA. „Der Präsident sollte von dieser Kraftmeierei Abstand nehmen und sich auf Gespräche zur Stärkung des Welthandels gerade zwischen Demokratien mit der EU einlassen.“
AfD-Fraktionsvize Markus Frohnmaier sagte, andere Rechtsfälle unter der Trump-Administration in den USA hätten gezeigt, dass der konservativ besetzte Oberste Gerichtshof Entscheidungen niedrigerer Instanzen rückgängig mache. „Möglicherweise ändert sich also nichts.“ Die EU müsse die Interessen der deutschen Exportwirtschaft im Auge behalten, Kanzler Friedrich Merz (CDU) könne sich im Weißen Haus kaum Gehör verschaffen.
„Trump muss das Gefühl bekommen, dass wir Europäer bereit sind, einen fairen Deal mit ihm zu machen“, forderte der AfD-Außenpolitiker. „Legitime Forderungen nach einer Lichtung des EU-Vorschriftendschungels, insbesondere die Aufhebung der EU-Lieferkettenrichtlinie und des deutschen Lieferkettengesetzes, sind auch unabhängig von den USA sinnvoll und sollten energisch verfolgt werden. Gleichzeitig würde dies signalisieren, dass wir uns in den laufenden Handelsgesprächen auf Trump nicht nur mit Worten, sondern mit Taten zubewegen.“ Oberstes Ziel müsse es sein, dass die Zölle auf beiden Seiten minimiert würden, damit die deutsche Wirtschaft weiter in die USA exportieren könne.
Grüne: Europa muss jetzt Stärke zeigen
Die Grünen-Wirtschaftspolitikerin Sandra Detzer begrüßte das Gerichtsurteil: „Die Entscheidung des Bundesgerichts verdeutlicht einmal mehr: Die US-Demokratie wird derzeit zuvorderst von Gerichten verteidigt“, sagte Detzer WELT. „Die Judikative stellt sich dem willkürlichen und zerstörerischen Handeln des Präsidenten in den Weg – das ist eine gute Nachricht.“ Zweifel seien jedoch angebracht, ob die Entscheidung den US-Präsidenten von seiner Zollpolitik abbringen könne. Darum bleibe es wichtig, dass Europa in der Sache geeint bleibe und Stärke zeige.
„Die Gerichtsentscheidung wird dem Handel eine Atempause geben, aber nicht die Politik der US-Regierung ändern“, sagte Linke-Chefin Ines Schwerdtner. „Ich gehe davon aus, dass es, selbst wenn die Gerichtsentscheidung in der nächsten Instanz Bestand hat, allenfalls Monate dauert, bis Trump einen Weg gefunden hat, die Gerichtsentscheidung zu umgehen oder zu ignorieren“, so Schwerdtner. „Europa muss seine ökonomische Abhängigkeit von den USA und anderen Autokratien überwinden. Das bleibt eine der zentralen ökonomischen Herausforderungen der Gegenwart.“
Der FDP-Vorsitzende Christian Dürr äußerte sich zurückhaltend: Es bleibe abzuwarten, wie der institutionelle Streit nach der Gerichtsentscheidung und der Berufung Washingtons ausgehe. „Auf jeden Fall: Trumps Allmachtstreben hat einen erneuten Dämpfer erhalten. Und die Märkte bleiben in Unruhe. Es ist zu früh für Entwarnungen.“
Sahra Wagenknecht sagte, entscheidend für Deutschland seien nicht Gerichtsentscheidungen in den USA, sondern die deutschen Reaktionen auf die Wirtschaftspolitik der US-Regierung. „Nichts hat Merz bisher unternommen, um Industrie und Wirtschaft zu schützen“, kritisierte die BSW-Vorsitzende. Erforderlich seien mindestens drei Maßnahmen.
„Erstens die Rückkehr zu preiswerten Energieimporten, auch aus Russland, statt uns komplett abhängig vom sehr teuren und besonders umweltschädlichen Frackinggas aus den USA zu machen“, so Wagenknecht. „Es wäre die beste Antwort auf Trump und ein Segen für unsere Konjunktur, wenn wir Flüssiggas wieder durch Pipelinegas ersetzen.“
Zweitens sollte Deutschland die wirtschaftlichen Beziehungen zu den sogenannten BRICS-Staaten ausbauen, einer Vereinigung um Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, die die wirtschaftliche Dominanz des Westens aufbrechen will. „Und drittens müssen wir uns aus der digitalen Abhängigkeit von den USA befreien.“
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