Für Stuttgart steht in 90+x Minuten die ganze Saison auf dem Spiel
Für den VfB Stuttgart geht es am Abend im Finale des DFB-Pokals nicht nur um den Titel an sich, sondern auch um die ganze Saison. Erneute Europa-Reise oder Blamage - beides ist möglich. Auch auf die Zukunftsplanungen hat die Partie im Olympiastadion unmittelbaren Einfluss.
Stuttgart ist nicht zwingend dafür bekannt, eine Stadt der Träume zu sein. In diesen Wochen lädt sie aber dazu ein. Ein magisches Nächtle ist zum Greifen nahe, die Euphorie ist riesig. Die VfB-Fans besingen schon den Pott. Denn ihr Klub geht als klarer Favorit in das Pokalfinale und muss im Berliner Olympiastadion gegen einen ambitionierten und euphorisierten Drittligisten bestehen.
Eine Ausgangslage wie damals vor 28 Jahren beim letzten Pokalgewinn der Stuttgarter. Während es die Elf von Joachim Löw um das magische Dreieck Balakow-Bobic-Elber damals mit Energie Cottbus zu tun bekam, muss Sebastian Hoeneß seine Mannschaft am Agabend (20 Uhr/ZDF, Sky und im Liveticker bei ntv.de) auf Drittliga-Überflieger Arminia Bielefeld einstellen. Das 1997er-Finale ist eine Vorlage für den VfB, wie es im besten Fall laufen kann.
Aber Bielefeld hat schon vier Bundesligisten rausgeworfen, im Halbfinale Titelverteidiger Bayer Leverkusen teilweise hergespielt und dann eiskalt ausgeschaltet. Bielefeld winkt der Coup des Jahrhunderts, der erste Drittligist mit dem goldenen Pott.
Gleichzeitig wäre eine Niederlage für den VfB eine Blamage. Und für den VfB ist das Finale ein echtes Millionenspiel, es ist die letzte Chance, nach dem Sommer doch noch international spielen zu dürfen. Dem Klub bietet sich die Möglichkeit, binnen 90 plus X Minuten die gesamte Saison nicht nur zu retten, sondern in eine gute zu verwandeln.
Nur ein Sieg bringt europäische Millionen
Denn die Schwaben haben ein merkwürdiges Jahr hinter sich. Der Vizemeister startete nach einigen Veränderungen im Kader (Top-Torjäger Serhou Guirassy weg, Kapitän und Abwehrboss Waldemar Anton weg) etwas holprig in die Saison. Zum Winter fing sich das Team aber und stand im Januar 2025 sogar auf einem Champions-League-Rang. Auch in der Champions League spielte die Mannschaft von Sebastian Hoeneß eine gute Rolle, scheiterte aber im Gruppen-"Endspiel" am übermächtigen PSG-Ensemble.
Eine der wenigen Konstanten war die Inkonstanz. Vor allem die wackelige Defensive, eigene Fehler und Abschlussschwäche brachten das Team immer wieder in Schwierigkeiten. Im Frühjahr fiel die Formkurve nach dem winterlichen Hoch wieder ab. Sechs Heimniederlagen in Folge hagelte es für den VfB. Stars wie Chris Führich, Jamie Leweling oder Deniz Undav rutschten tief in die Krise. Es schien fast so, als sei all das Spielglück, das Fußball-Karma aus der Vorsaison, wo nahezu alles gelang, verbraucht.
Gerade rechtzeitig aber hat der VfB zurück in die Spur gefunden. So scheint es. Zum Saisonende feierte das Team drei Siege in Folge. Auch die Stürmer um Ermedin Demirovic haben ihre Ladehemmung abgelegt und wieder getroffen. Trotzdem hat der VfB die Saison nur auf Rang neun beendet und die Europa-Quali verpasst. Gemessen an den Investitionen, dem Kader und Potenzial ist das eigentlich zu wenig. Zwar spielte der Klub vor drei Jahren noch in der Relegation, nahm aber im vergangenen Sommer so viel Geld für Zugänge in die Hand wie noch nie.
Nur mit einem Sieg gegen die Bielefeld können die Schwaben automatisch in die Gruppenphase der Europa League springen und wie im Vorjahr europäisch spielen. Das bringt zum einen wichtige Millionen-Mehreinnahmen und ist ein gewichtiges Argument, um Spieler wie Enzo Millot, Jamie Leweling oder Angelo Stiller möglichst lange zu halten.
Wenn das Finale schiefgeht ...
"Deswegen ist dieses Spiel unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Situation eminent wichtig. Solltest du nicht gewinnen, wird es einen negativen Einfluss auf den Fortlauf haben", sagte Ex-VfB-Stürmer Fredi Bobic im Interview mit ntv.de. Auch um Zugänge an den Neckar zu locken, spielt die Europa League eine wichtige Rolle. DFB-Stürmer Undav dazu: "Dann hast du trotz vieler negativer Dinge eine gute Saison gespielt, weil du dich wieder für Europa qualifiziert hast. Wenn es nicht klappt, wäre es keine gute Saison. Dann brennt die Stadt."
Doch auch unabhängig vom Ergebnis muss der VfB wohl Konsequenzen aus der Saison ziehen und den Kader in der Breite verstärken. Den ein oder anderen Routinier verpflichten, der in der Defensive und im zentralen Mittelfeld Druck auf die Stammspieler ausüben kann. Geht das Finale schief, könnte es im schlimmsten Fall dazu kommen, dass der Klub wieder etwas den Anschluss ans obere Bundesliga-Drittel verliert.
Zwar hatte VfB-Boss Alexander Wehrle im Frühjahr betont, dass der VfB nicht aufs Geld aus europäischen Wettbewerben angewiesen sei. Trotzdem macht es einen gewaltigen Unterschied. "Wenn wir on top Einnahmen aus der Champions League oder Europa League haben sollten, werden wir diese sicherlich wieder in die Mannschaft investieren", führte Wehrle im Februar aus.
Nach dem Finale 1997 siegte sich der VfB bis ins Europapokal-Endspiel
Dafür ist der Verein aktuell gut aufgestellt. Sportvorstand Fabian Wohlgemuth hat einen Vertrag bis 2027, im Frühling unterschrieben auch Wehrle (2030) und Erfolgstrainer Sebastian Hoeneß (2028) neue Arbeitspapiere. Das sogenannte Weltmarkenbündnis um Porsche und Mercedes gibt dem Klub ein solides finanzielles Fundament.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt allerdings, dass es nicht das erste Mal wäre, wenn der VfB nach Erfolgen abrauscht. Auf den Höhenflug der Meisterschaft 2007 folgten erst noch Saisons mit Europapokal, dann aber implodierte der von Champions-League-Millionen aufgeblähte Kader, als der Erfolg ausblieb. Stuttgart tappte in die Falle. Anschließend kämpfte der Klub zehn Jahre lang wieder und wieder gegen den Abstieg, musste zweimal sogar den Gang in die 2. Liga antreten.
Das letzte Mal, als es arg knapp war, übernahm Hoeneß. Aus der Relegation formte er aus dem Abstiegskandidaten eine spielfreudige Offensiv-Ballbesitzmannschaft und machte sie zum Vizemeister. Diese Reise soll in der kommenden Saison europäisch weitergehen. So war es dann auch nach dem Pokalsieg 1997. Der VfB zog im damaligen Pokal der Pokalsieger durch Europa, erreichte sogar das Finale, das mit 0:1 gegen den FC Chelsea verloren ging. Jetzt ist Zeit für neue Geschichten.
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