Warum die große Medienschelte des Uli Hoeneß verlogen ist
Am Wochenende hat Uli Hoeneß zu einer großen Medienschelte ausgeholt. Anlass dafür war die Berichterstattung über die Ibiza-Reise einiger Bayern-Stars und die Spekulationen über einen möglichen Abgang von Leroy Sané. Wie so oft, schoss der frühere Bayern-Manager dabei mit seiner Kritik übers Ziel hinaus.
"Fußball made in USA - das ist für uns Hollywood, Micky Maus, Glitzer und Glamour, das ist eine gut inszenierte Komödie. Darüber schmunzeln wir. Aber viele von uns haben es noch nicht kapiert, dass Fußball bei uns schon sehr bald genauso aussehen wird. Ja, unser Fußball muss so werden wie in Amerika. Die ›Operettenliga‹ - das ist unsere Zukunft!" Das hat der Fußball-Weltmeister von 1974 und die Legende des FC Bayern München, Paul Breitner, bereits im Jahr 1980 gesagt - mit sehr viel Weitsicht. Denn der steile Aufstieg des kommerziellen Fußballs in Deutschland hat viel mit seinem Eintritt in die Unterhaltungsbranche zu tun.
Maßgeblich daran beteiligt war auch ein Mann, der heute immer wieder verbrämt einen wichtigen Teil und Multiplikator dieser Entwicklung anprangert: Uli Hoeneß. Im Zuge der Meisterfeierlichkeiten hat der frühere Bayern-Manager am Wochenende zur großen Medienschelte ausgeholt. Anlass dafür war unter anderem die Berichterstattung über die Fahrt einiger Bayern-Profis nach Ibiza vor dem letzten Saisonspiel in Hoffenheim: "Das sind so Dinge, die typisch sind für den Zustand unserer Medien - dass sie so einen Schwachsinn wie so eine kleine Reise so wichtig nehmen. Es geht nicht mehr um Fußball, es geht um jeden Furz links und rechts daneben."
"Warum macht ihr immer so Spekulationen?"
Und tatsächlich: Mit seinem letzten Satz trifft Hoeneß den Nagel auf den Kopf. Um den Fußball auf den Grat dieses Kommerzialisierungsniveaus zu heben, bedurfte es eines kompletten Wandels der Darstellung und Inszenierung dieser Sportart. Und genau daran war Uli Hoeneß schon als intelligenter und geschäftstüchtiger Spieler beteiligt und perfektionierte dieses Geschick äußerst talentiert seit 1979 als Manager des FC Bayern München. Denn zusammen mit Protagonisten wie dem Medienmanager und späteren Rechteverwerters Hans Rudolf Beierlein ("Fußball ist längst ein Teil der Unterhaltungsindustrie. Und Unterhaltungsindustrie hat Zukunft") hatte Hoeneß schon früh erkannt, welches riesige Potential im Kampf um das runde Leder liegt.
Natürlich war die Berichterstattung rund um die Ibiza-Reise wie so häufig überinszeniert und im Kern häufig fragwürdig, doch genau das ist ein Hauptelement der Unterhaltungsbranche. Wie übrigens auch das Element der "Spekulation". Die komplette Klatsch- und Tratschpresse lebt davon - und mit ihr die Akteure und Protagonisten dieser Berichte. Deshalb ist die Frage von Uli Hoeneß nicht nur scheinheilig, sondern ein stückweit auch verlogen: "Warum macht ihr immer so Spekulationen?" Ganz einfach: Um das Rad der Unterhaltung immer weiter zu drehen - und um ganz nebenbei auch dem FC Bayern München die so wichtige Präsenz in den Medien zu verschaffen.
Das hat ein Thomas Müller - der selbst intensiv "jeden Furz links und rechts", wie Uli Hoeneß sagen würde, in seinen eigenen sozialen Medien präsentiert - (natürlich) begriffen, wenn er vollkommen richtig fragt: "Den Geschäftsgedanken verstehe ich, aber um jeden Preis?" Eine Frage, die man sicherlich stellen kann und an anderer Stelle auch viel häufiger stellen sollte, aber konkret in diesem Fall auch nicht unbedingt muss. Denn schließlich muss man mit den Kritikern dieser Reise nicht übereinstimmen, aber man kann durchaus mit diesen inhaltlich über deren Gedanken diskutieren.
Zu durchschaubar
Dass das Ereignis an sich in der heutigen omnipräsenten Medienwelt allerdings eine Berichterstattung nach sich ziehen würde, sollte jedem Bayern-Verantwortlichen klar sein. Und das ist es wohl auch. Dass die aufgeworfenen Fragen dann natürlich nicht jedem gefielen, ist andererseits dann auch wieder verständlich.
Und genau darum geht es wohl auch stets, wenn Uli Hoeneß wieder einmal die Medien kritisiert. Sind sie dem FC Bayern (und ihm) gegenüber wohlgesonnen und berichten die Dinge, die ein Uli Hoeneß gerne sieht, liest und hört, dann sind sie ein toller und wertvoller Multiplikator der eigenen Marke und des eigenen steten Aufstiegs. Ist es andersherum, dann sind sie bloß ein nerviger Störfaktor.
Das ist selbstverständlich alles ein wenig zu billig und zu durchschaubar. Und genau deshalb würde vielleicht auch einem Uli Hoeneß von Zeit zu Zeit einmal ein bisschen Demut nicht schaden. Denn wie sagte einst sein früherer Dauerrivale vom SV Werder Bremen, Willi Lemke, so klug und dankbar über das Interesse der Medien: "Jeder Zirkusdirektor träumt davon, dass über seine Vorstellung so intensiv berichtet wird wie über unsere." Denn Lemke wusste ganz genau: Echte Probleme bekommst du erst dann, wenn sich niemand mehr für dich interessiert.
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