Borussia Dortmund gibt in Leverkusen den eiskalten Party-Crasher. Trotz Rückstands und spielerischer Unterlegenheit schlägt die Elf von Niko Kovac mit brutaler Effizienz zurück. Damit verdient sich das Team am kommenden Samstag einen echten Champions-League-Showdown im Westfalenstadion.

Die Stimmung im Auswärtsblock war hervorragend. Mitte der zweiten Halbzeit stimmten die schwarzgelben Anhänger den Klassiker "Europapokal" an. Und das zu Recht. Borussia Dortmund ist voll auf Kurs Europapokal. Die spannende Frage ist nur: in welchem? Mit einer starken Serie hat sich Borussia Dortmund in den vergangenen Wochen wieder in eine sehr gute Ausgangslage gebracht, an die im Winter nur die wenigsten geglaubt hätten. Vor dem letzten Bundesliga-Spieltag ist die Champions League plötzlich wieder zum Greifen nahe.

Den wichtigen Schritt leitete der BVB am Sonntag selbst ein. Beim emotionalen Abschied von Xabi Alonso in Leverkusen war der Klub nicht in Laune, Geschenke zu verteilen. Trotz spielerischer Überlegenheit von Leverkusen schenkte Dortmund der Werkself zwei Tore in der ersten Halbzeit ein und legte dann nach dem Seitenwechsel durch die Treffer von Karim Adeyemi (73.) und Serhou Guirassy (77.) eiskalt nach. Mit 4:2 verpassten die Westfalen Bayer Leverkusen ausgerechnet an Alonsos besonderem Tag eine böse Klatsche.

Der BVB hat die Champions League auf dem Fuß

Weil dann am Abend Eintracht Frankfurt zu Hause gegen den FC St. Pauli nur zu einem 2:2-Unentschieden kam, sieht die Situation wie folgt aus: Dortmund ist zwar "nur" Fünfter (54 Punkte) hinter Freiburg (55) und Eintracht Frankfurt (57), kann die Königsklasse aber selbst klarmachen.

Mit einem Sieg am 34. Spieltag gegen Holstein Kiel hat der BVB sehr gute Chancen auf die Qualifikation auf die Champions League. Denn gleichzeitig spielen der Tabellendritte Frankfurt und Tabellennachbar Freiburg gegeneinander und nehmen sich die Punkte weg. Etwas komplizierter wird es, wenn Freiburg gewinnen sollte. Dann kommt es auf das Torverhältnis an. Aktuell trennen Frankfurt und Dortmund nur drei Tore. Heißt auch: Gewinnt der BVB am Samstag gegen Kiel mit zwei Toren Unterschied, können Freiburg und Eintracht nicht beide vor den Schwarzgelben stehen.

Ein Unentschieden würde dem BVB für Platz vier reichen, wenn Freiburg gegen Frankfurt verliert. In den Rückspiegel muss der BVB allerdings auch schauen. Mainz liegt drei Zähler hinter Dortmund, hat aber ein um fünf Treffer schlechteres Torverhältnis. Gefahr droht also bei einer eigenen hohen Niederlage und einem hohen Mainzer Sieg. Theoretisch auch bei einem sehr hohen Leipzig-Erfolg gegen Stuttgart. Soweit die Rechnerei.

Vier Tore gegen den Spielverlauf

Der Trend spricht allerdings klar für den BVB. Vier Siege in Serie hat die Elf von Niko Kovac nun eingefahren, dabei immer mindestens drei Tore erzielt. Der BVB gewann seit Ende März vor allem auch die direkten Europa-Duelle gegen Mainz, Freiburg und Gladbach. Der Sprung in die Top 4 wäre also auch hart erarbeitet.

Die Offensivmaschinerie brummt wieder. Der BVB ist drauf und dran, eine verloren geglaubte und über lange Zeit sehr unschöne Saison doch noch ins Ziel zu retten. Zwar mit qualmendem Motor und quietschende Reifen, aber sie wäre gerade noch gerettet. Die Champions League ist und bleibt nun mal das Minimalziel im Ruhrpott.

Wenn es noch klappt mit der CL-Quali, freut sich Trainer Kovac erstmal auf zwei Wochen Urlaub. "Wir haben ja noch eine Aufgabe in Amerika", sagte er in Anspielung an die Klub-WM, die Mitte Juni beginnt. "Die Mannschaft ist gut drauf. Wir müssen die letzten Schritte auch noch gehen, den Gegner unter Druck setzen. Wir wollen das Spiel zu Hause gewinnen." Die vier Tore gegen Leverkusen täuschen allerdings ein wenig über den Spielverlauf hinweg. Denn dieser wurde ziemlich auf den Kopf gestellt und war kurios. Der BVB gewinnt deutlich, obwohl er vielleicht einer der schwächeren Leistungen der vergangenen Aufschwung-Wochen abrief und kann dann doch zu Recht feiern.

Eiskalte Effizienz

Die Dortmunder zeigten alles andere als ein offensives Feuerwerk. In der Anfangsphase schnürte Bayer 04 die Dortmunder geradezu ein, die Defensive wackelte gehörig. Der verdiente Gegentreffer durch Jeremie Frimpong (31.) entfaltete dann aber seine Wirkung. Mit zwei gezielten Angriffen und den ersten beiden Abschlüssen überhaupt drehte Dortmund durch Julian Brandt (33.) und Julian Ryerson (43.) der Statistik zum Trotz das Spiel noch vor der Halbzeit.

Hervorzuheben als MVP des Spiels ist Torhüter Gregor Kobel, der mit mehreren sensationellen Paraden gegen Nathan Tella (mehrfach), Florian Wirtz oder Robert Andrich die Gäste im Spiel hielt. Das war wohl sein bestes Saisonspiel, stimmte der Schweizer dann in der Mixed Zone zu. "Wir sind dank der Top Saves von Kobel im Spiel geblieben", erklärte auch Kovac nach der Partie das Erfolgsrezept. Man habe das Spiel dann in der zweiten Halbzeit "ordentlich kontrolliert", die Chancen dann "eiskalt" ausgenutzt und effizient die Tore erzielt. "Ich bin riesig glücklich und stolz auf die Jungs", so Kovac.

Auffällig: Drei der BVB-Tore resultierten nach aggressiven Ballgewinnen im Mittelfeld und schnellem Umschalten. Vor dem 2:1 gewann Ramy Bensebaini den Ball von Granit Xhaka, beim folgenden Treffer eroberte Marcel Sabitzer den Ball und bediente sofort Adeyemi, vor Guirassys Tor hatte Emre Can erfolgreich nachgehakelt.

Das Selbstvertrauen,- verständnis und Automatismen sind zurück. Ein kleines Beispiel aus der 58. Minute. Waldemar Anton vertändelte den Ball in der eigenen Hälfte in gefährlicher Lage gegen Tella, Bensebaini sprang ein, setzte sofort nach und stahl den Ball zurück. Vor einigen Wochen wäre die Situation womöglich anders ausgegangen, wie wohl das ganze Spiel. Kaum vorstellbar, dass der BVB dieses Match im Winter gedreht und gewonnen hätte.

Ein Arschtritt und seine Folgen

Dass dem BVB noch eine solche Wende im letzten Saisondrittel gelingt, war nicht unbedingt abzusehen. Nach einem mehr als verstolperten Start in die Saison, in dem das Team immer wieder zwei Gesichter zeigte, folgte der Wechsel auf der Trainerposition. Anfang Februar übernahm Kovac den Posten des glücklosen und häufig überforderten Nuri Sahin.

Und zunächst sah es so aus, als ginge die ruckelige Achterbahnfahrt einfach so weiter. Doch nach und nach griff das System Kovac in Dortmund. Der Deutsch-Kroate stabilisierte die Abwehr mit einer Dreierreihe, redete die Stars wieder stark. Defensivkräfte wie Waldemar Anton, Niklas Süle oder Emre Can steigerten ihre Form und selbst der in Dauerkritik stehende Julian Brandt zeigte zuletzt wieder ansprechende Leistungen.

"Niko Kovac hat uns, seitdem er da ist, in den Arsch getreten", sprach Torschütze Karim Adeyemi Klartext. "Er hat vor allem gesagt, dass wir laufen müssen, viel laufen müssen. Gegen jeden Gegner."

Auch Kobel bestätigt diese Entwicklung. Er selbst fühle sich fitter. "Er war hart, von Anfang an. Er lässt nicht viel durchgehen, was gut so ist. Das brauchen wir auch", so der Keeper. "Er lässt viel laufen. Ich zum Glück nicht, weil ich Torwart bin", sagte Kobel und lachte. "Ich sehe die anderen viel laufen. Es ist sicher eine andere Kultur." Eine, die den BVB augenscheinlich auf die Siegerstraße bringt.

Jetzt wartet Absteiger Kiel

"Wir sind auf einem guten Weg. Den Fußball, den er spielen lassen will, nehmen wir gut an. Von Woche zu Woche werden die Abläufe normaler und man sieht, dass wir eingespielter werden", erklärt der Keeper den Aufschwung unter dem Trainer.

Nun hat es die Kovac-Elf gegen Kiel selbst in der Hand: Kobel erwartet ein sehr schwieriges Spiel, "auf das wir uns gut vorbereiten müssen." Kiel steht als Absteiger fest, hat nichts mehr zu verlieren. "Solche Spiele sind fast die schwierigsten", sagt Kobel.

Gewinnen aber kann der Klub auch sehr viel: Der BVB könnte seine fast unmögliche Aufholjagd mit der Königsklasse krönen. Und die Fans nicht nur den Europapokal, sondern noch konkreter die Champions League besingen. Und Kovac kündigte an: "Dann gebe ich einen aus."

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