Europas rätselhaftester Fußball-Mannschaft winkt der CL-Coup
In der Premier League ist Manchester United nur Tabellen-15., in der Europa League aber eine Macht. Erneut stehen die Red Devils im Endspiel. Dort kann die Mannschaft des unter Druck stehenden Trainers Ruben Amorim die ganze Saison retten.
Manchester United hat das Fußballspielen nicht verlernt. Um Nachweise dafür zu finden, muss man allerdings bisweilen etwas länger suchen. Auch an diesem Donnerstagabend war das nicht anders. In der Europa League kämpften die Red Devils um den Einzug ins Finale. Das Hinspiel bei Athletic Bilbao hatten sie mit 3:0 gewonnen. Eigentlich schien damit bereits alles klar. Doch plötzlich verfiel das Old Trafford, die spektakuläre Heimatstätte von United, an diesem Donnerstagabend in Schockstarre. Mikel Jaureguizar zirkelte den Ball aus großer Distanz nach 31 Minuten wundervoll in den Winkel. Harry Maguire hatte das Tor mit einem Fehlpass möglich gemacht.
Maguire war in den vergangenen Wochen zu einem unmöglichen Helden in Manchester geworden. Der einst teuerste Abwehrspieler der Welt, wegen zahlreicher Fehler verspottet, hatte United emotional befreit. In der Europa League hatte er Olympique Lyon am Ende eines spektakulären Viertelfinal-Duells aufgefressen. Aber an diesem Abend war da plötzlich wieder der alte Maguire, der, den sie hier nicht so gerne sehen.
Mason Mount zerstört alle Wunder-Hoffnungen
Was war nur los? Drohten die Red Devils die nächste Peinlichkeit an diese Saison zu kleben, die so demütigend ist für diesen Fußball-Riesen? Als Tabellen-15. der Premier League hängt der Klub in Sphären fest, in denen er sich in den schlimmsten Albträumen nicht sieht. Und wären die drei Aufsteiger Ipswich, Leicester und Southampton nicht so wahnsinnig überfordert gewesen, wäre United womöglich in die Nähe des Super-GAUs gerutscht. So aber verabschieden sich die Neulinge direkt wieder und Manchester dümpelt trostlos vor sich hin. Kaum eine Mannschaft gibt Europa so große Rätsel auf wie die Devils.
Es war alles wirklich schrecklich, wäre da nicht die Europa League. Die ganze fußballerische Kraft, so scheint es, legt das Team auf diesen Wettbewerb. So auch am Donnerstagabend. Aber wie so oft in dieser Saison blieb vieles ein Rätsel. Bis zur 71. Minute träumte Bilbao vom Wunder, lag 1:0 vorne, brauchte zwar noch zwei weitere Tore für die Verlängerung, aber gegen einen Gegner, der bis dato kaum Interesse an Gegenwehr gezeigt hatte, schien das nicht unmöglich. Doch dann kam Mason Mount, auch so ein Inbegriff für dieses Manchester. Ein großer Name, aber untergetaucht. Auch wegen vieler Verletzungen, keine Frage. Noch vor drei Jahren, beim FC Chelsea, war er 75 Millionen Euro wert, ein Versprechen für den englischen Fußball. Mittlerweile sind es keine 30 Millionen Euro mehr. Mount hat sich aus dem Rampenlicht verabschiedet. Und kehrt nur sporadisch zurück.
"Ich bin jetzt schon gestresst wegen des Endspiels"
Wie an diesem Abend. In der 72. Minute drehte er sich auf engstem Raum im Strafraum und schlenzte den Ball in die lange Ecke. Das lange zitternde Old Trafford drehte nun völlig frei. Nahezu jeder im Stadion wusste, was dieses Tor wert war. Es schmetterte die Tür zum Finale aus den Angeln. Dort kann das Team die verkorkste Saison krönen. Mit einem Sieg gegen den ebenfalls mächtig kriselnden Ligarivalen Tottenham Hotspur (16.), die Londoner warfen Sensationsteam Bodö/Glimt raus, könnte United sich tatsächlich für die nächste Champions League qualifizieren. Eigentlich ein Witz nach den vielen blamablen Auftritten in dieser Saison.
Mount baute sich vor den Fans auf, die nahmen dieses Geschenk an. Und bejubelten noch weitere. Plötzlich ging bei Manchester alles. Casemiro traf per Kopf (80.), Stürmer Rasmus Höjlund (85.) aus kürzester Distanz. Und dann hatte Mount noch einen zweiten großen Auftritt. Nach einem verunglückten Befreiungsschlag von Bilbao schoss er den Ball fast von der Mittellinie ins leere Tor. Old Trafford kochte endgültig über. Trainer Ruben Amorim freute sich unglaublich für seinen Spielmacher. "Er tut alles dafür, verfügbar zu sein. Er gibt dir als Trainer das beste Gefühl. Auch wenn du siehst, wie sich die andere Spieler auf der Bank für ihn freuen."
Den Moment konnten sie genießen. Es gab davon nicht viele zuletzt. Amorim hatte sich und seine Mannschaft als mindestens die schlechteste der vergangenen 15 Jahre bezeichnet. Vielleicht sei sie sogar die schlechteste der ruhmreichen Klubgeschichte. Der Sieg gibt auch dem angezählten Coach neue Kraft. Aber er weiß, wie schnell der große Moment seine Wertigkeit verlieren kann. "Ich bin jetzt schon gestresst wegen des Endspiels", sagte er bei TNT Sports: "Denn wenn man es nicht gewinnt, ist es am Ende nichts wert. Schauen wir mal. Es ist schwer zu beschreiben, wie es ist, Manager von einem solchen Verein zu sein. Man will ihnen (Fans, d. Red.) etwas geben, weil wir in der Premier League so enttäuschend waren." Showdown ist am 21. Mai in Bilbao (ab 21 Uhr bei RTL).
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