„We are the Champions“ – FC Bayern wird nach Leverkusens Patzer vorzeitig Meister
Der SC Freiburg hat auch die letzten Zweifel am Titelgewinn des FC Bayern beseitigt und Bayer Leverkusen als deutschen Meister entthront. Der Double-Sieger der Vorsaison kam bei den Badenern nach 0:2-Rückstand zwar noch zu einem 2:2 (0:1), kann die Münchner an den verbleibenden beiden Spieltagen der Fußball-Bundesliga aber nicht mehr vom ersten Tabellenplatz verdrängen. Die Bayern hatten am Samstag 3:3 bei RB Leipzig gespielt und sich danach schon als Meister gefühlt. Rechnerisch sind sie aber erst durch Leverkusens Patzer endgültig durch.
Maximilian Eggestein traf in der 44. Minute mit einem wuchtigen Distanzschuss für die Freiburger, die weiter auf den erstmaligen Einzug in die Champions League hoffen dürfen. In der 49. Minute unterlief Leverkusens Piero Hincapie vor 34.700 Zuschauern ein Eigentor. Florian Wirtz (82.) und Jonathan Tah (90.+3) bescherten Leverkusen immerhin noch den Ausgleich. Die Freiburger eroberten durch den Punktgewinn dennoch den vierten Rang von Borussia Dortmund zurück.
Bayer verlor zwar die Schale, blieb aber im 33. Bundesliga-Auswärtsspiel in Serie ungeschlagen. Die Werkself stellte damit einen mehr als zehn Jahre alten Rekord der Bayern ein.
Die Leverkusener begannen extrem dominant, hatten zunächst viel Ballbesitz und suchten immer wieder ihren Offensivstar Wirtz. Sie entwickelten in der gesamten ersten Halbzeit aber keinerlei Torgefahr - zum Ärger ihres Trainers Xabi Alonso, der an der Seitenlinie phasenweise wild gestikulierte.
Hincapie klärt ins eigene Tor
Der Sport-Club brauchte eine Viertelstunde, um richtig ins Spiel zu kommen. Dann aber übernahm er von Minute zu Minute mehr das Kommando. Ein Ballverlust von Bayer-Abwehrchef Tah (24.) blieb noch ohne Folgen. Zehn Minuten später verhinderte Keeper Matej Kovar gegen den heranstürmenden Patrick Osterhage den Leverkusener Rückstand.
Kurz vor der Pause war es dann aber so weit: Eggestein fasste sich ein Herz und hielt aus gut 25 Metern aus halblinker Position drauf. Leverkusens Emiliano Buendia fälschte die Kugel noch leicht ab – Kovar im Tor war chancenlos.
Nach dem Seitenwechsel wurde es richtig bitter für Bayer: Freiburgs quirliger Ritsu Doan flankte vor das Tor - und Hincapie drückte einen Kopfball von SC-Offensivmann Johan Manzambi unfreiwillig über die eigene Linie. Nur zwei Minuten später hätte Junior Adamu beinahe auf 3:0 für die Gastgeber erhöht.
Eine echte Reaktion der Leverkusener auf den neuerlichen Rückschlag blieb aus. Negative Körpersprache, einige leichte Fehler - es deutete nichts mehr auf eine Wende hin. Ein Konter, an dessen Ende eine Flanke von Wirtz im Toraus landete, war fast schon sinnbildlich für den Auftritt des entthronten Meisters.
Dann aber traf der Nationalspieler per Flachschuss zum Anschluss. Und die Leverkusener legten noch nach. Tah erzielte in der Nachspielzeit den kaum mehr für möglich gehaltenen Ausgleich. Trainer Alonso lachte vergnügt und klatschte – doch für einen Sieg reichte es nicht mehr.
Und so durften sie sich in München freuen: In Schlabber-Hoodie und Jeans feierten die Bayern-Profis ihre Mini-Meisterparty in einem Münchner Nobelrestaurant. „We are the Champions“, sang Harry Kane in die Kamera und genoss den ersten Vereinstitel seiner langen Karriere in vollen Zügen. Neben ihm gönnten sich Meistertrainer Vincent Kompany und Joshua Kimmich ein Glas Wein, Eric Dier bevorzugte ein Bierchen.
Der 34. Titel in der Bundesliga kam für den FC Bayern zwar nicht so, wie ihn sich Kimmich gewünscht hatte. Doch auch bei der gemeinsamen Watch-Party im Promi-Lokal Käfer dürfte die Freude über die Rückeroberung der nationalen Fußballkrone groß gewesen sein.
Premiere für Kane, Abschieds-Titel für Müller
Da die Münchner auf die oft erwähnte Sofa-Meisterschaft gerne verzichtet hätten, drückte man - vergeblich - dem Verfolger aus Leverkusen die Daumen. Dabei konnten sich die Bayern entspannt zurücklehnen. Denn dass die Meisterschale zurück an die Isar wandert, war aufgrund des klar besseren Torverhältnisses schon vorher praktisch sicher.
Nach dem Aus im DFB-Pokal und in der Champions League rettet der Gewinn der Meisterschaft dem FC Bayern die Saisonbilanz. Für Torjäger Kane ist es der erste Vereinstitel überhaupt. Für den vor der Saison neu verpflichteten Coach Kompany ist es der erste große Erfolg in der Trainer-Laufbahn. Und für Klublegende Thomas Müller ist der Titelgewinn die Abschieds-Meisterschaft. Der 35-Jährige wird seinen Herzensverein im Sommer verlassen.
Noch am Vorabend hatten die Bayern mit gemischten Gefühlen den Rasen verlassen. Durch das späte 3:3 - nachdem sie ein 0:2 gedreht hatten - sei es laut Kimmich „emotional nicht ganz einfach“ gewesen, schon in Leipzig zu feiern. Von großen Gefühlen hatte auch Müller gesprochen. „Die ganze Mannschaft und auch die Jungs auf der Bank hatten dieses Champions-Gefühl beim Ausgleich, beim Führungstreffer. Da haben wir das Adrenalin enorm gespürt“, sagte der 35-Jährige.
Wenn man so will, war der Auftritt in Leipzig ein Spiegelbild der Bayern-Saison. In Minjae Kim erweiterte der nächste Profi die ohnehin gut gefüllte Krankenakte, in der ersten Halbzeit mangelte es trotz spielerischer Überlegenheit an klaren Chancen. Und Leipzig nutzte die Patzer der Abwehr gnadenlos aus, hätte sogar mindestens ein Tor mehr erzielen müssen.
„Trotzdem ist es auch unsere DNA, dass wir spielen wollen, dass wir versuchen wollen, das immer spielerisch zu lösen“, sagte Kimmich. Und im zweiten Abschnitt zeigten die Bayern, wie meisterhaft sie spielen können. Der Anschluss (Eric Dier) durch eine Standardsituation, der Ausgleich (Michael Olise) durch konsequentes hohes Pressing, die Führung (Leroy Sané) nach einem sehenswerten Spielzug und einem Zauberpass von Kimmich.
Glücksgriff Kompany
Letzterer zeigte auch direkt das Verbesserungspotenzial auf. „Wir hatten einfach zu viele Spiele, in denen wir die deutlich bessere Mannschaft waren und es nicht geschafft haben, das Spiel schneller zu beenden“, sagte der DFB-Kapitän. Natürlich galt das auch für den Auftritt in Leipzig mit den versiebten Großchancen von Konrad Laimer und Kingsley Coman.
Dennoch überwog das Gefühl, mit Kompany auf dem richtigen Weg zu sein. Sportchef Max Eberl bezeichnete den Belgier, der eigentlich nicht die Top-Lösung war, erneut als „Glücksgriff“. Kimmich hat das Gefühl, man sei auf einem guten Weg. Außerdem sei das Teamgefühl in der Kabine „schon sehr gut“.
Für Präsident Herbert Hainer sei die Meisterschaft ohnehin „der wichtigste Titel“. Das Scheitern in Pokal und Champions League relativierte der 70-Jährige. Man sei nie die schlechtere Mannschaft gewesen. Im Pokal habe man gegen Leverkusen in Unterzahl gespielt, gegen Inter Mailand habe man es im Hinspiel selbst aus der Hand gegeben.
Es darf also gefeiert werden in München – es muss sich nach einer titellosen Saison wie eine Ewigkeit angefühlt haben. Dennoch blieb man gerade beim Thema Gefühl wachsam. Sportchef Eberl untersagte den Spielern vor dem Spiel in Leipzig einen für den Siegesfall geplanten Titel-Trip nach Ibiza.
„Man möchte ja auch nicht, dass das in zwei, drei Jahren andere Vereine machen. Oder es wird irgendwann en vogue, und am drittletzten Spieltag machen es sechs Vereine“, sagte Eberl. Kimmich verpasste seinem Boss kurz vor dem Einstieg in den Bus noch einen humoristischen Konter: „Wir reisen jetzt alle einzeln an, damit es keiner merkt.“
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